Artikel - Europäische Wirtschaftspolitik

EU-Erweiterung

Einleitung

Zusammenhalten symbolisiert EU-Erweiterung; Quelle: fotolia.com/ARochau

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Der Erweiterungsprozess der EU

Die EU der 28

Die Entwicklung der Europäischen Union (EU) und die Erweiterung auf aktuell 28 Mitgliedstaaten ist eine Erfolgsgeschichte. Auch und gerade nach dem Brexit-Referendum bleibt festzustellen, dass sie über die Jahrzehnte zu einem friedlichen und prosperierenden Europa geführt hat. Zum 01.05.2004 sind im Rahmen der fünften Erweiterungsrunde die acht mittel- und osteuropäischen Länder Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakische Republik, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn sowie Malta und Zypern der Europäischen Union beigetreten. Am 01.01.2007 folgten Bulgarien und Rumänien. Als jüngstes Mitglied trat Kroatien als 28. Staat am 01.07.2013 in die Europäische Union ein. Die Integration der geografisch, historisch und kulturell zu Europa gehörenden Beitrittsländer ist ein wesentlicher Beitrag zur Überwindung der politischen und wirtschaftlichen Teilung Europas sowie zur Befriedung des Balkans.

Gegenüber den vorherigen Erweiterungen bestand die besondere Herausforderung bei der Ost-Erweiterung in der Transformation der sozialistischen Gesellschaften und zentral geplanten Volkswirtschaften zu einer funktionierenden Demokratie und Marktwirtschaft.

Wegen fortbestehender Defizite bei der Umsetzung des EU-Besitzstandes im Bereich Justiz und Inneres wurde für Bulgarien und Rumänien ein strenger Kooperations- und Überprüfungsmechanismus implementiert. Die Europäische Kommission veröffentlicht in regelmäßigen Abständen Zwischenberichte über die Fortschritte Rumäniens und Bulgariens bei der Justizreform und der Korruptionsbekämpfung und im Falle Bulgariens zusätzlich der Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Für Bulgarien wurden sechs, für Rumänien vier Kriterien benannt, über deren Einhaltung die Europäische Kommission regelmäßig berichtet. Im Falle der Nichterfüllung kann die Europäische Kommission Schutzmaßnahmen vorschlagen.

Alle ökonomischen Indikatoren zeigen, dass die Ost-Erweiterung positive Effekte hat - sowohl für beigetretene Länder als auch für die EU und Deutschland.

Beitrittskandidaten

Der Europäische Rat stellte in Thessaloniki im Jahr 2003 ausdrücklich fest, dass für alle Staaten des westlichen Balkans eine klare EU-Integrationsperspektive gelte.

Den Beitrittskandidatenstatus haben derzeit die folgenden Staaten: 

  • Albanien
  • die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien
  • Montenegro
  • Serbien
  • Türkei

Albanien beantragte im April 2009 die Mitgliedschaft in der EU und ist seit Juni 2014 offizieller Beitrittskandidat. Im Rahmen des im April 2009 in Kraft getretenen Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) finden regelmäßige politische und wirtschaftliche Dialoge zwischen der EU und Albanien statt. Voraussetzung für eine weitere EU-Annäherung sowie die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen ist die Umsetzung der noch ausstehenden Schlüsselkriterien, die die EU-Kommission in ihrer Stellungnahme zum Beitrittsantrag festlegte.

Nachdem die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien im März 2004 einen Antrag auf Beitritt zur EU stellte, wurde ihr im Dezember 2005 der Status eines Beitrittskandidaten verliehen. Das im April 2004 in Kraft getretenen SAA bildet den Rahmen für die EU-Annäherung des Westbalkanstaates. 2009 sprach die EU-Kommission erstmals eine Empfehlung zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen aus. Ein Ratsbeschluss über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen erfolgte bisher noch nicht. Grund dafür sind unter anderem ein Namensstreits mit Griechenland sowie derzeitige innenpolitische Probleme.

Montenegro stellte im Dezember 2008 einen Antrag auf Beitritt zur EU und hat seit Dezember 2010 den Beitrittskandidatenstatus. Im Rahmen des EU-Annäherungsprozesses trat im Mai 2010 das SAA in Kraft. Im Juni 2012 wurde die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Montenegro beschlossen. Die erste Beitrittskonferenz fand am 29.6.2012 in Brüssel statt. Bei den Verhandlungen wird den Kapiteln zur Rechtsstaatlichkeit besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Es wurden bisher zahlreiche Kapitel geöffnet und das Kapitel 25 "Wissenschaft und Forschung" wurde vorläufig geschlossen.

Im Dezember 2009 beantragte Serbien die EU-Mitgliedschaft und erhielt im März 2012 den Status eines Beitrittskandidaten. Den Rahmen für die EU-Annäherung Serbiens bildet das im September 2013 in Kraft getretene SAA. Infolge der "Ersten Vereinbarung von Prinzipien zur Regelung der Normalisierung der Beziehungen", auf welche sich Serbien und Kosovo im April 2013 einigten, begannen im Januar 2014 die Beitrittsverhandlungen mit dem Westbalkanstaat. In diesem Zusammenhang wurden im Dezember 2015 die ersten beiden Kapitel eröffnet.

Am 03. Oktober 2005 begannen die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Von den insgesamt 35 Verhandlungskapiteln wurden bislang 15 eröffnet, zuletzt das Kapitel 17 "Wirtschafts- und Währungspolitik" im Dezember 2015. Das Kapitel 25 "Wissenschaft und Forschung" konnte bereits vorläufig geschlossen werden.

Der ungelöste Zypern-Konflikt belastet die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Die EU versucht, über den Ansatz einer "positiven Agenda" die Gespräche über bereits eröffnete Verhandlungskapitel neu zu beleben sowie über den "Joint Action Plan" (EU - Türkei Aktionsplan vom Oktober 2015) den Beitrittsprozess der Türkei zu redynamisieren und weitere Kapitelöffnungen zu ermöglichen.

Potentielle Beitrittskandidaten sind derzeit:

  • Bosnien und Herzegowina
  • Kosovo

Bosnien-Herzegowina stellte im Februar 2016 einen Antrag auf Beitritt zur EU. Im Juni 2015 trat das SAA zwischen der EU und Bosnien-Herzegowina in Kraft. Auf dieser Ebene werden regelmäßige politische und wirtschaftliche Dialoge geführt, die die Annäherung des Westbalkanstaates an die EU unterstützen sollen.

Für das Kosovo besteht, wie für alle anderen Staaten des westlichen Balkans, die Perspektive eines Beitritts zur EU. Mit der Unterzeichnung des SAA im Oktober 2015 wurde eine erste vertragliche Beziehung zwischen dem Kosovo und der EU geschaffen. Aufgrund innen- und wirtschaftspolitischer Schwierigkeiten sowie der Nichtanerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo durch fünf Mitgliedstaaten der EU ist eine intensive Annäherung des Kosovo an die EU derzeit problematisch.

Ausführliche Informationen zum Stand der EU-Beziehungen mit den potentiellen Beitrittskandidaten finden Sie auf den Seiten der Europäischen Kommission (in englischer Sprache).

Weiterführende Informationen

Die Bedingungen für die Erweiterung

Das Unionsrecht ist für die Verhandlungen in 35 Sachgebiete, die sog. Verhandlungskapitel, unterteilt worden. Die Beitrittsverhandlungen sind individuell und können mit jedem Beitrittskandidaten zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt abgeschlossen werden. Der Beitrittszeitpunkt hängt entscheidend von den jeweiligen Anpassungsfortschritten in den Beitrittsländern ab. Ziel der Verhandlungen und notwendige Bedingung für einen Beitritt ist die Übernahme des sog. gemeinschaftlichen Besitzstandes (Gesamtheit der EU-Rechtsvorschriften) durch die Beitrittsländer. Die Regeln für den Beitrittsprozess sehen eine strikte Konditionalität in allen Phasen der Verhandlungen vor. Zur Übernahme des EU-Besitzstandes sind in den Beitrittsländern zum Teil tiefgreifende Reformen erforderlich. Es sind eine große Anzahl von Rechtsvorschriften zu verabschieden bzw. bestehende Vorschriften an das EU-Recht anzugleichen und umzusetzen. Das Tempo des Beitrittsprozesses hängt von den Ergebnissen der Reformen in dem Land, mit dem verhandelt wird, ab, wobei jedes Land für sich beurteilt wird.

Ausnahmeregelungen und Übergangsfristen, die für einen bestimmten Zeitraum Abweichungen vom Unionsrecht ermöglichen, sollen nur in wenigen, zwingend erforderlichen Fällen zugelassen werden, damit insbesondere das Funktionieren des Binnenmarktes nicht beeinträchtigt wird.

Besonders wichtig ist auch die Schaffung von leistungsfähigen Verwaltungs- und Gerichtsstrukturen zur Umsetzung und Anwendung des gemeinschaftlichen Besitzstandes in den Beitrittsländern. Dazu leisten die EU-Instrumente Twinning und TAIEX einen wichtigen Beitrag, indem sie im Rahmen von Verwaltungspartnerschaften die Kapazitäten der öffentlichen Verwaltungen hinsichtlich der Umsetzung der EU-Gesetzgebung fördern.

Die Erweiterung der EU stellt große Herausforderungen an die Beitrittskandidaten und die "alte" EU. Für die EU steht die Sicherstellung ihrer Handlungsfähigkeit durch effiziente Verfahren und Institutionen im Vordergrund.

Aufnahmefähigkeit der EU

Da es ein fortbestehendes Interesse einer Reihe von Staaten gibt, der EU beizutreten, stellt sich die Frage, ob die EU in der Lage ist, noch mehr Interessenten aufzunehmen, ohne ihre Handlungsfähigkeit zu verlieren. Hierzu hat die EU-Kommission am 8.11.2006 eine Analyse vorgelegt über die beim Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs am 14./15.12.2006 beraten worden ist. Hierbei wurde beschlossen, dass neben der Beitrittsfähigkeit des Kandidaten auch die Aufnahmefähigkeit der EU gegeben sein muss.

Beitrittsfähigkeit der Kandidaten

Der Europäische Rat hat 1993 in Kopenhagen die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen von der Erfüllung bestimmter politischer und wirtschaftlicher Kriterien abhängig gemacht. Dadurch soll trotz der Verschiedenheit der zukünftigen Mitgliedsländer ein für das Funktionieren der EU notwendiges Maß an Gemeinsamkeiten garantiert werden. Neben der Erfüllung politischer Kriterien (institutionelle Stabilität; demokratische und rechtsstaatliche Ordnung; Wahrung der Menschenrechte und Achtung von Minderheiten) verlangen die "Kopenhagener Kriterien" als wirtschaftliche Voraussetzung für einen Beitritt die Schaffung einer funktionsfähigen Marktwirtschaft durch die Beitrittsländer. Dazu gehört die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck im Binnenmarkt standzuhalten und die aus der EU-Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen (so genannter gemeinschaftlicher Besitzstand) zu erfüllen.

Der Stand der Anpassungsprozesse in den Beitrittsländern wird von der Kommission jährlich überprüft und in "Fortschrittsberichten" dokumentiert. Die Europäische Union unterstützt die Beitrittsländer bei deren Reformbemühungen von 2014 bis 2020 im Rahmen von IPA II (Instrument for Pre-Accession Assistance II, in englischer Sprache) durch Heranführungshilfen von 11,7 Mrd. Euro. Mit diesen Mitteln werden Investitionen (insbesondere Infrastrukturmaßnahmen im Verkehrs- und Umweltbereich sowie die Modernisierung der Landwirtschaft) und der Aufbau von effizienten Verwaltungsstrukturen finanziert.

Die Rolle des BMWK im Erweiterungsprozess

Das BMWK begleitet den Erweiterungsprozess intensiv unter dem Aspekt der Beitrittsfähigkeit der Kandidaten wie auch hinsichtlich der Aufnahmefähigkeit der EU. Darüber hinaus begleitet das BMWK die Beitrittsverhandlungen vor allem im Interesse der deutschen, im Besonderen auch der mittelständischen, Unternehmen mit großer Aufmerksamkeit und setzt sich dafür ein, Übergangs- bzw. Ausnahmeregelungen für die Kandidatenländer auf ein notwendiges Mindestmaß zu beschränken.

Das BMWK unterhält zudem zur Förderung der Wirtschaftsbeziehungen zahlreiche bilaterale Kontakte zu den Beitrittsländern. Es unterstützt diese Länder beratend beim Aufbau und der Entwicklung von Strukturen, die es den Beitrittskandidaten ermöglichen sollen, den gemeinschaftlichen Besitzstand mit seinen zahlreichen Rechtsvorschriften auch tatsächlich umzusetzen. Dies erfolgt zum Beispiel auch durch Partnerschaften des BMWK und seiner nachgeordneten Einrichtungen mit den Verwaltungen zahlreicher Beitrittsländer im Rahmen so genannter Twinning-Projekte.

Der Export von Waren und Dienstleistungen in die Beitrittsländer wird im Rahmen der bewährten BMWK-Außenwirtschaftsförderung unterstützt.

Weiterführende Informationen

  • Artikel - Europäische Wirtschaftspolitik

    Artikel: Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen in Europa

    Öffnet Einzelsicht
  • Artikel - Europäische Wirtschaftspolitik

    Artikel: Europäische Nachbarschaftspolitik und Östliche Partnerschaft

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  • Artikel - Deutsche Europapolitik

    Artikel: Unterstützung deutscher Unternehmen

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