In Kürze: Der Nowcast für die saison- und kalenderbereinigte veränderungsrate des BIP beträgt -0,4 % für das vierte Quartal 2021 und +0,6 % für das erste Quartal 2022 (Stand 7. Dezember).1

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1Für nähere Erläuterungen zur Methode, den verwendeten Daten und der Interpretation des Modells siehe Senftleben und Strohsal (2019): „Nowcasting: Ein Echtzeit-Indikator für die Konjunkturanalyse“, Schlaglichter der Wirtschaftspolitik, Juli 2019, Seite 12 – 15, und Andreini, Hasenzagl, Reichlin, Senftleben und Strohsal (2020) „Nowcasting German GDP“, CEPR DP14323

Das Prognosemodell liefert als Nowcast für das vierte Quartal 2021 gegenüber dem Vorquartal eine saison- und kalenderbereinigte Steigerung des BIP von preisbereinigt 0,4 %. Für das erste Quartal 2022 ermittelt das Modell eine Steigerung der Wirtschaftsleistung um 0,6 %. Der Nowcast ist eine täglich aktualisierte, rein technische Prognose, bei der es sich weder um die Schätzung des BMWi noch um die offizielle Projektion der Bundesregierung handelt. Die ersten amtlichen Ergebnisse für das vierte Quartal 2021 bzw. das erste Quartal 2022 werden vom Statistischen Bundesamt Ende Januar bzw. Ende April 2022 veröffentlicht.

Die Entwicklung des Nowcast im Zeitverlauf wird durch die Abbildung veranschaulicht. Nach erstmaliger Ermittlung Anfang Juli lag der Prognosewert für das vierte Quartal 2021 bei 1,3 %. Seither folgt er einem abwärts gerichteten Trend. Zwar ging die Prognose kurz nach erstmaliger Schätzung von der Entwicklung der Auftragseingänge und der Umsätze in der Industrie im Berichtsmonat Mai überraschend nach oben, bis Ende August ist der Schätzwert jedoch auf 1,0 % gefallen. Gute Nachrichten zur Konjunktur im Euroraum sorgten Anfang September noch einmal für eine kurze Aufwärtskorrektur auf 1,2 %. Danach wurde die Prognose wiederholt nach unten korrigiert, vor allem von gedämpften Stimmungsindikatoren. Anfang Oktober rutschte der Nowcast aufgrund des Einbruchs der Indikatoren zur Industriekonjunktur für den Berichtsmonat August erstmals auf die Nulllinie, um danach aufgrund von schlechten Umfrageergebnissen in den und Anfang Dezember sorgten hier widersprüchliche Nachrichten wie das kräftige BIP-Wachstum im Vorquartal, die schwache Pkw-Produktion und Indikatoren aus dem Euroraum für ein leichtes Auf und Ab. Zuletzt machte der Nowcast vor dem Hintergrund des starken Produktionsanstiegs im Berichtsmonat Oktober einen kräftigen Sprung von -0,3 % auf +0,4 %.

Der Nowcast für das erste Quartal 2022 startete nach erster Ermittlung Anfang Oktober bei 0,4 %. Bis Mitte Oktober sorgten unter anderem positive Nachrichten zur europäischen Konjunktur für eine Anhebung auf 0,5 %, die jedoch aufgrund ernüchternder Stimmungsindikatoren kurz darauf wieder zurückgenommen wurde. Eine Verbesserung erfuhr der Nowcast wieder Anfang November, als die Meldungen zum BIP-Wachstum im dritten Quartal 2021 und zum moderateren Rückgang der Industrieproduktion im Berichtsmonat September für eine Anhebung auf 0,7 % sorgten. Im Zeitraum Anfang November bis Anfang Dezember fiel der Schätzwert bei einer verhaltenen Entwicklung des Außenhandels im September und der Stimmungsindikatoren für November auf 0,4 %. Anfang November machte der Nowcast aufgrund günstiger Konjunkturdaten aus dem Euroraum einen Sprung auf 0,7 %. Aktuell beläuft sich der Prognosewert auf 0,6 %.

BIP-Nowcast 1


Gegenüber der Herbstprojektion der Bundesregierung erscheint der aktuelle Prognosewert für das vierte Quartal 2021 recht hoch, während der Nowcast für das erste Quartal 2022 vergleichsweise niedrig ausfällt. Dabei muss man mit in den Blick nehmen, dass der Nowcast keine unmittelbaren Informationen zum Infektionsgeschehen in der Pandemie berücksichtigen kann. Aufgrund der Ausnahmesituation, in der sich die deutsche Konjunktur befindet, haben es empirische Modelle derzeit schwer, den Zusammenhang zwischen Indikatoren und der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung adäquat abzubilden. Deshalb ist es unabdingbar, rein modellgestützte Prognosen mit Experteneinschätzungen zu kombinieren.

Zu starken Aufholeffekten kam es bereits im zweiten und dritten Quartal in einigen besonders von den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung betroffenen Branchen. Auch im vierten Quartal wird gemäß der Herbstprojektion der Bundesregierung mit einem sehr moderaten BIP-Wachstum gerechnet. Wie die weitere Entwicklung unter den neuen 2G-Regeln und Lockdown-Maßnahmen in einzelnen Bundesländern tatsächlich ausfällt, wird sich in den kommenden Wochen bzw. Monaten zeigen, wenn weitere Indikatoren für das vierte Quartal veröffentlicht werden. Der zukünftige Konjunkturverlauf hängt stark vom künftigen Infektionsgeschehen ab. Daneben ist von entscheidender Bedeutung, in welchem Tempo die derzeitigen Engpässe bei Rohstoffen und wichtigen Vorleistungsgütern aufgelöst werden können. Diese Sachverhalte können weder vom ökonometrischen Modell des Nowcast noch von Konjunkturexperten exakt vorhergesehen werden.

Das Modell

Das Modell zur Prognose des deutschen Bruttoinlandsprodukts wird von Now-Casting Economics Ltd. betrieben. Der hier veröffentlichte Nowcast ist eine rein technische, modellbasierte Prognose. Die Schätzungen sind mit einer hohen statistischen Unsicherheit behaftet, die mit Modellprognosen immer einhergeht. Es handelt sich bei dem Nowcast weder um die Prognose des BMWi noch um die offizielle Projektion der Bundesregierung.