In Kürze

DAS BRUTTOINLANDSPRODUKT (BIP) NAHM IM ZWEITEN QUARTAL UM +1,6 % ZU.

DIE BRUTTOWERTSCHÖPFUNG IM PRODUZIERENDEN GEWERBE war aufgrund von Knappheiten bei Vorleistungsgütern rückläufig (-0,8 %).

IM DIENSTLEISTUNGSSEKTOR STIEG DIE WERTSCHÖPFUNG infolge der Lockerungen aufgrund gesunkener Infektionszahlen um 1,7 %.

INSBESONDERE DER PRIVATE KONSUM ERWEIST SICH nach den Öffnungen Mitte Mai als Triebfeder des Aufschwungs.

DIE EINSCHÄTZUNG IN DER FRÜHJAHRSPROJEKTION der Bundesregierung (+3,5 % Wachstum in 2021) bleibt weiterhin realistisch.


Das Statistische Bundesamt hat am 24. August 2021 detaillierte Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal 2021 veröffentlicht. Demnach nahm das preis-, kalender- und saisonbereinigte BIP mit einer Veränderungsrate von +1,6 % gegenüber dem Vorquartal zu. Während das BIP im ersten Quartal aufgrund der andauernden Kontaktbeschränkungen noch um -2,0 % sank, kam es im zweiten Quartal wieder zu einer wirtschaftlichen Erholung. Grund dürften die begonnenen Öffnungen und der Impffortschritt sein, die seit Mitte Mai eine starke Expansion vieler Dienstleistungsbetriebe und insbesondere des Gastgewerbes ermöglicht haben. Mit der aktuellen Veröffentlichung wurde die erste Einschätzung des BIP-Wachstums im Rahmen der Schnellmeldung des Statistischen Bundesamts vom 30. Juli 2021 minimal aufwärtskorrigiert. Auch die Veränderungsrate des BIP für das Krisenjahr 2020 wurde leicht aufwärtskorrigiert, sie liegt nun bei -4,6 %.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen ist die Einschätzung der Bundesregierung für das laufende Jahr 2021 im Rahmen der Frühjahrsprojektion vom 27. April von 3,5 % weiterhin realistisch. Darin wurde von einer Zurücknahme der Beschränkungen im Laufe des zweiten Quartals ausgegangen. Im dritten Quartal erscheint eine weitere Expansion der wirtschaftlichen Leistung möglich, da das Quartal weniger von Einschränkungen betroffen war als das zweite Vierteljahr.

BRUTTOWERTSCHÖPFUNG STEIGT IN DEN DIENSTLEISTUNGSBEREICHEN, INDUSTRIE LEIDET UNTER ENGPÄSSEN BEI VORLEISTUNGSGÜTERN

Insgesamt ist die Bruttowertschöpfung im zweiten Quartal 2021 gegenüber dem ersten Quartal um 1,0 % gestiegen. Die Diskrepanz zum Wachstum des Bruttoinlandsprodukts wird auf der Entstehungsseite über den Saldo aus Gütersteuern und -subventionen verursacht. Diese Größe ist im Quartalsvergleich um 5,6 % gestiegen.

Gegen den allgemeinen Trend sank die Bruttowertschöpfung im Produzierenden Gewerbe um 0,8 %. Grund dürfte die weltweite Knappheit bei Vorleistungsgütern sein, die die Produktion trotz hoher Auftragseingänge ausgebremst hat. Insbesondere Halbleiter, die in der Autoindustrie benötigt werden, sind knapp. Die Dienstleistungsbereiche konnten hingegen um 1,7 % zulegen.

ECKWERTE DER GESAMTWIRTSCHAFTLICHEN ENTWICKLUNG IN DEUTSCHLAND
WACHSTUM DES BRUTTOINLANDSPRODUKTS

Das Gastgewerbe profitierte mit einer Wachstumsrate von +2,6 % überdurchschnittlich von den Lockerungen infolge gesunkener Infektionszahlen. In der Landwirtschaft kam es zu einem Wertschöpfungszuwachs von 2,4 %.

Die Bruttowertschöpfung im Baugewerbe stagnierte im zweiten Quartal nahezu, die Wachstumsrate betrug 0,1 %. Nach einem witterungsbedingt bereits schlechten ersten Quartal machte dem Bau auch die Knappheit bei Vorleistungsgütern mit den einhergehenden hohen Beschaffungspreisen zu schaffen.

PRIVATER UND STAATLICHER KONSUM ALS STÜTZE DES AUFSCHWUNGS

Im zweiten Quartal 2021 wurde das Wachstum vor allem durch die inländische Verwendung getragen: Der private Konsum war mit +3,2 % die Triebfeder des Aufschwungs. Nach der Lockerung der Beschränkungen ab Mitte Mai wurden offensichtlich viele Anschaffungen und Gastronomiebesuche nachgeholt, die vorher nicht möglich waren. Auch der staatliche Konsum – mit Ausgaben insbesondere für Impfungen und Tests – wirkte mit +1,8 % stützend auf die Konjunktur. Der Wachstumsbeitrag des Außenhandels war hingegen negativ: Während die Exporte im zweiten Quartal konstant blieben, nahmen die Importe um 2,2 % zu. Die Bruttoanlageinvestitionen stiegen nur um insgesamt 0,5 %. Die sonstigen Anlagen entwickelten sich mit +1,3 % noch am dynamischsten, bei den Ausrüstungen (+0,3 %) und Bauinvestitionen (+0,3 %) gab es hingegen nur schwache Zuwächse. Eine mögliche Erklärung für die Investitionszurückhaltung sind Liquiditätsengpässe und eine gewisse Vorsicht bzw. Abwartehaltung nach der Krise.

ARBEITSMARKT KOMMT MIT SCHWUNG AUS DER KRISE

Im Durchschnitt waren im zweiten Quartal rund 44,7 Millionen Menschen beschäftigt. Die saisonbereinigte Erwerbstätigkeit stieg gegenüber dem Vorquartal um rund 75.000 Personen, gleichzeitig sank die Arbeitslosenquote von 6,3 % auf 5,9 %. Damit wirkten sich die weitreichenden Öffnungen nach dem Corona-Lockdown auch auf dem Arbeitsmarkt aus. Die Kurzarbeit wurde derweil zurückgefahren. Während im Januar noch knapp 3,3 Mio. Menschen das Instrument in Anspruch nahmen, waren im Mai nur noch 2,2 Mio. Menschen in Kurzarbeit. Für Juni ist nach vorläufigen Hochrechnungen mit einem weiteren deutlichen Sinken zu rechnen. Das Arbeitsvolumen, welches die Kurzarbeit berücksichtigt, stieg um rund 1,6 % gegenüber dem Vorquartal an. Die gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität – gemessen als preisbereinigtes BIP je Erwerbstätigenstunde – ist dagegen um rund 1,1 % gefallen, da die Arbeitsstunden stärker zunahmen als das BIP.

Die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte stiegen im Vergleich zum Vorquartal um 0,5 % an. Die Arbeitnehmerentgelte legten dabei um 0,3 % zu. Stützend auf die Einkommenssituation der privaten Haushalte wirkten die monetären Sozialleistungen; in diesem Bereich ist nach wie vor das Kurzarbeitergeld hervorzuheben. Angesichts der im Mai erfolgten Öffnungen sank die saisonal bereinigte Sparquote der privaten Haushalte auf 16,8 %. In Hochzeiten der Pandemie war sie auf Rekordwerte von über 20 % geklettert, weil die Möglichkeiten zum Konsum fehlten. Vom langfristigen Durchschnitt der Sparquote (ca. 10-11 %) sind die deutschen Haushalte noch weit entfernt. Diese zusätzlichen Mittel stehen im dritten und vierten Quartal des Jahres für eine weitere Erholung des privaten Konsums zur Verfügung.