In Kürze Die Weltkonjunktur folgt ihrem Aufwärtstrend. Zum Jahresauftakt ging die Wirtschaftsleistung in Ländern, die sich im Lockdown befanden, allerdings noch zurück. Im Zuge von Lockerungen zeichnet sich für das zweite Quartal ein noch kräftigeres Wachstum des Welt-BIP ab. Am aktuellen Rand verlief der Aufschwung aber gedämpft. Verantwortlich dafür ist auch die Knappheit bei wichtigen Vorleistungsgütern. Das größte Risiko für die weltwirtschaftliche Erholung bleibt jedoch das Pandemiegeschehen.


WELTWIRTSCHAFT: AUFSCHWUNG SETZT SICH FORT, VERLANGSAMT SICH ZUR JAHRESMITTE ABER

Die globale Konjunktur blieb im ersten Quartal 2021 auf ihrem Erholungskurs. Das Welt-BIP nahm gegenüber dem Vorquartal preisbereinigt und in US-Dollar gemessen um 0,8 % zu. Getragen wurde dieses Wachstum von Ländern, in denen das Pandemiegeschehen es erlaubte, die Maßnahmen zur Eindämmung von Neuinfektionen zu lockern. So stieg die Wirtschaftsleistung in den Vereinigten Staaten um 1,5 % und in China um 0,4 %. Demgegenüber sorgten Lockdowns in vielen Regionen des Euroraums sowie in Japan für Rückgange von 0,3 % bzw. 1,0 % (EU: -0,1 %). Insgesamt hat das Welt-BIP sein Vorkrisenniveau im ersten Quartal 2021 noch knapp unterschritten (99,5 % des Werts im vierten Quartal 2019).

Am aktuellen Rand verlief der Aufschwung der Weltkonjunktur jedoch gedämpft. Die globale Industrieproduktion wurde im Mai um 1,1 % gegenüber dem Vormonat gedrosselt. Damit fiel der weltweite Ausstoß zwar auf den Stand zu Jahresbeginn zurück, lag aber noch deutlich oberhalb des Niveaus vor dem pandemiebedingten Einbruch im Frühjahr 2020. Bei ähnlich hohem Ausgangsniveau gab das Welthandelsvolumen im Mai mit einem Minus von 0,3 % zum zweiten Mal in Folge leicht nach.

Die Stimmungsindikatoren haben sich ebenfalls etwas verschlechtert. Der zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex von IHS Markit/J. P. Morgan sank im Juli um 0,9 Punkte auf 55,7 Punkte. Damit bewegt er sich jedoch nach wie vor merklich oberhalb der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Die Stimmung in der Industrie gab zuletzt trotz teils anhaltender Knappheit bei wichtigen Vorleistungsgütern nur leicht nach (55,4 Punkte), während sich die Dienstleister vermutlich vor dem Hintergrund der zunehmenden Verbreitung der ansteckenderen Delta-Variante des Corona-Virus deutlich verhaltener geäußert haben als zuvor (56,3 Punkte).

Weltwirtschaft

Die Knappheit von Vorleistungsgütern ergibt sich aus einem Zusammenspiel von rasch steigender Nachfrage, zwischenzeitlich deutlich gestiegener Rohstoffpreise (z. B. bei Bauholz) und Produktionsunterbrechungen (z. B. aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit von Halbleiterprodukten). Wie groß der Teil der deutschen Unternehmen ist, der von diesen Engpässen betroffen ist, zeigen Umfragedaten des ifo Instituts. Demzufolge ist der Anteil der Industriefirmen, die über Probleme bei Vorlieferungen als Hindernis für ihre Produktion klagen, im zweiten Quartal auf den Rekordwert von 64 % gestiegen (zuvor: 45 %). Bezüglich der Dauer der Knappheit sprechen aktuelle Umfragedaten von IHS Markit/J. P. Morgan dafür, dass sich der Engpass zuletzt zumindest langsamer verschärft als bislang. Demnach sind die Vormateriallager der Unternehmen im Juli zwar weiter geschrumpft, allerdings mit der geringsten Rate seit Anfang des Jahres. Zudem verlängerten sich die Lieferzeiten so geringfügig wie seit fünf Monaten nicht mehr. Insgesamt lassen diese Zahlen auf einen baldigen Wendepunkt hoffen. Ob die Engpässe aber in signifikantem Umfang bereits im Laufe des zweiten Halbjahrs behoben werden können, bleibt offen.

Trotz der Bremsspuren am aktuellen Rand zeichnet sich gemäß vorläufigen Zahlen für das zweite Quartal 2021 ein kräftiges Wachstum des Welt-BIP ab. So melden die Vereinigten Staaten und China mit einem Plus von 1,6 % bzw. 1,3 % deutlich höhere Veränderungsraten als im Vorquartal. Die Wirtschaftsleistung des Euroraums nahm nach der Rezession noch spürbarer zu (+2,0 %; EU: +1,9 %). Für die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft ist neben der Behebung der Lieferengpässe der Verlauf der Pandemie von entscheidender Bedeutung. Um einer weiteren Corona-Welle entgegenzutreten, muss schnellstmöglich die flächendeckende Immunisierung erreicht werden. Nur so kann auf eine erneute Verschärfung der Infektionsschutzmaßnahmen verzichtet werden. Derzeit gilt lediglich rund ein Achtel der Weltbevölkerung als durchgeimpft, während der Anstieg der weltweiten Fallzahlen ungebrochen ist.

Für das Gesamtjahr geht der Internationale Währungsfonds (IWF) auch in seiner aktualisierten Prognose vom Juli davon aus, dass die globale Wirtschaftsleistung preis- und kaufkraftbereinigt um 6,0 % zunehmen wird. Für das Folgejahr wurde die Schätzung auf 4,9 % erhöht (zuvor: +4,4 %).

VEREINIGTE STAATEN: KONJUNKTURPAKET KOMPLETTIERT DEN ERHOLUNGSPROZESS

Die Wirtschaftsleistung der Vereinigten Staaten erhöhte sich im zweiten Quartal 2021 preis- und saisonbereinigt um 1,6 % gegenüber dem Vorquartal. Dadurch wurde das US-BIP über sein Vorkrisenniveau gehoben. Der Erholungsprozess gewann auch dank des 1,9 Billionen Dollar schweren Konjunkturpakets an Schwung; im ersten Quartal war das US-BIP aufgrund fiskalischer Impulse bereits um 1,5 % gewachsen. Im zweiten Quartal 2021 stieg insbesondere der private Konsum merklich an (+2,8 %). Die Staatsausgaben gingen hingegen nach der deutlichen Ausweitung im Vorquartal leicht zurück (-0,4 %). Die Investitionen legten trotz deutlicher Steigerung im Vorquartal weiter zu (+0,7 %).

Für den weiteren Jahresverlauf senden die Indikatoren positive Signale. Sowohl die Industrieproduktion als auch die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe stiegen im Juni erneut (+0,4 % bzw. +1,5 % gegenüber dem Vormonat). Die Arbeitslosenquote sank im Juli mit 5,4 % auf den niedrigsten Stand seit März 2020. Weiterhin zeigen die Umfragedaten von IHS Markit/J. P. Morgan eine hohe Zuversicht bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung in den Vereinigten Staaten. Der zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex gab im Juli zwar deutlich nach, liegt mit 59,9 Punkten aber immer noch weit über dem langjährigen Durchschnitt. Bei positiver gestimmten Industrieunternehmen (63,4 Punkte) ist der Rückgang auf eine Eintrübung im Dienstleistungssektor zurückzuführen (59,9 Punkte). Hierbei könnte der jüngste Anstieg der Infektionszahlen eine Rolle spielen, während sich die Geschwindigkeit bei den Impfungen allmählich verlangsamt. Mittlerweile gilt knapp die Hälfte der US-amerikanischen Bevölkerung als durchgeimpft.

In seiner aktualisierten Projektion erhöhte der IWF seine Erwartung für das BIP-Wachstum in den Vereinigten Staaten im Jahr 2021 auf 7,0 % (zuvor: 6,4 %). Im Jahr 2022 verlangsamt sich der Anstieg dann auf 4,0 % (zuvor: +3,5 %).

JAPAN: LOCKDOWN SORGT FÜR RÜCKGANG IM ZWEITEN QUARTAL

Die japanische Wirtschaftsleistung ging im zweiten Quartal 2021 preis- und saisonbereinigt um 0,9 % gegenüber dem Vorquartal zurück. Zuvor konnte noch ein deutliches Plus von 2,8 % nach vorherigen Lockerungen von Infektionsschutzmaßnahmen verzeichnet werden. Derzeit leidet die Wirtschaft in Japan allerdings erneut unter einer Welle an Corona-Infektionen. Aufgrund der angespannten Lage des japanischen Gesundheitssystems wurden weitreichende Kontaktbeschränkungen verhängt. Die Maßnahmen schlagen sich im privaten Konsum nieder, der im zweiten Quartal um 1,5 % abnahm. Auch die rückläufigen Staatsausgaben (-1,1 %) haben zum Minus beigetragen. Damit fällt das japanische BIP etwa 2 % unterhalb seines Vorkrisenniveaus (viertes Quartal 2019).

Am aktuellen Rand sind wichtige Indikatoren für die japanische Wirtschaftsentwicklung aufwärtsgerichtet. Deutliche Zuversicht stellt sich deshalb aber noch nicht ein. Die Industrieproduktion wurde im Juni um 6,2 % gegenüber dem Vormonat hochgefahren. So konnte sich der Ausstoß allerdings noch nicht ganz von seinem Einbruch im Mai (-6,5 %) erholen. Die Auftragseingänge legten im Mai um 2,8 % zu, obwohl sie im April bereits um beachtliche 10,9 % gestiegen waren. Der Tankan- Index der japanischen Zentralbank zur Ermittlung des Geschäftsklimas befand sich im zweiten Quartal zwar noch im negativen Bereich, näherte sich aber weiter der Nulllinie. Der zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex von IHS Markit/J. P. Morgan vollzog im Juli quasi eine Seitwärtsbewegung. Dabei glich eine verbesserte Stimmung in der Industrie (53,0 Punkte) eine Eintrübung bei den ohnehin schon verhaltenen Dienstleistern (47,4 Punkte) in etwa aus. Das Niveau befindet sich mit einem Stand von 48,8 Punkten weiterhin unterhalb der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Auch hierin dürfte sich die Sorge darüber zeigen, dass das Impfgeschehen in Japan den Fortschritten anderer großer Volkswirtschaften hinterherhinkt. Derzeit gilt nur etwas mehr als ein Drittel der japanischen Bevölkerung als durchgeimpft. Vom Impferfolg hängt aber maßgeblich die Möglichkeit ab, die Infektionsschutzmaßnahmen zu lockern. Kurzfristig bleiben die Aussichten für den privaten Konsum auch deshalb verhalten, weil die Lohnentwicklung immer noch sehr gedämpft ausfällt (zweites Quartal: preisbereinigt -0,4 % gegenüber dem Vorquartal).

Der IWF senkte seine Prognose für die Steigerung des japanischen BIP im laufenden Jahr auf 2,8 % (zuvor: +3,3 %). Im Gegenzug geht er er nun für das kommende Jahr von einer Wachstumsbeschleunigung aus (+3,0 %; zuvor: +2,5 %).

EURORAUM: DEUTLICHER AUFSCHWUNG IM ZUGE DER LOCKERUNG VON CORONAMASSNAHMEN

Im zweiten Quartal 2021 ist die Wirtschaftsleistung des Euroraums um 2,0 % höher ausgefallen als im Vorquartal (EU: +1,9 %). Vor der Lockerung der pandemischen Einschränkungen hatte sich noch ein Minus ergeben (-0,3 %; EU: -0,1 %). Unter den größten Volkswirtschaften verlief der Aufschwung im zweiten Quartal in Italien (+2,7 %) und Spanien (+2,8 %) stärker als in Deutschland (+1,5 %). Das französische BIP verzeichnete hingegen ein schwächeres Plus (+0,9 %). Insgesamt lag die Wirtschaftsleistung im Euroraum noch etwa 3 % unterhalb des Vorkrisenniveaus (viertes Quartal 2019).

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Die Frühindikatoren deuten allerdings eine Verlangsamung des bisherigen Erholungstempos an. Sowohl die Industrieproduktion als auch die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe unterbrachen im Mai ihren mehrmonatigen Aufwärtstrend (-1,0 % bzw. -1,5 % gegenüber dem Vormonat). Die Eintrübung der Stimmung machte sich auch in der leichten Verringerung des Einkaufsmanagerindex von IHS Markit/J. P. Morgan für die Industrie im Juli bemerkbar (62,8 Punkte). Eine deutlichere Aufhellung seitens der Dienstleister (59,8 Punkte) sorgte jedoch dafür, dass der zusammengesetzte Index um 0,7 Punkte auf sein Langzeithoch von 60,2 Punkte kletterte, weit oberhalb der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Verantwortlich dafür dürfte auch der Impffortschritt sein. Seit Mitte Juli gilt mehr als die Hälfte der EU-Bevölkerung als vollständig geimpft. Die Arbeitslosigkeit sank mit 7,7 % im Juni auf den niedrigsten Stand seit Mai 2020.

Der IWF hob im Juli seine Prognose für das BIP-Wachstum im Jahr 2021 im Eurogebiet leicht an auf 4,6 % (zuvor: +4,4 %). In 2022 wird ein Anstieg um 4,3 % erwartet (zuvor: +3,8 %).

CHINA: WACHSTUM IM ZWEITEN QUARTAL BESCHLEUNIGT

Als Ausgangspunkt der Corona-Pandemie verlief die wirtschaftliche Entwicklung in China im Vergleich zu den anderen großen Volkswirtschaften zeitversetzt. So hatte das chinesische BIP bereits im vierten Quartal 2020 sein Vorkrisenniveau übertroffen und war im ersten Quartal 2021 nur noch um 0,4 % gegenüber dem Vorquartal gewachsen, wenngleich eine sehr hohe Vorjahreswachstumsrate gemeldet wurde, weil im ersten Vierteljahr 2020 in China der Höhepunkt der Krise war. Im zweiten Quartal gewann die Konjunktur in China dann neuen Schwung (+1,3 %).

Auch der chinesische Außenhandel ist aufwärtsgerichtet. Die Exporte setzten im Juli mit einem leichten Plus von 0,4 % gegenüber dem Vormonat ihren Positivtrend fort. Die Importe gingen derweil zurück (-1,6 %), was zu einem Anstieg des Außenhandelssaldos um etwa 5 Mrd. auf knapp 57 Mrd. US-Dollar führte.

Am aktuellen Rand senden die Indikatoren ebenfalls positive Signale. Der zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex von IHS Markit/J. P. Morgan legte im Juli um beachtliche 2,5 Punkte auf 53,1 Punkte zu und liegt weiterhin deutlich oberhalb der Wachstumsschwelle. Aufgrund der sehr niedrigen Infektionszahlen ist der Index für den Dienstleistungsbereich (54,9 Punkte) auf einem höheren Niveau als der Index für das Verarbeitende Gewerbe (50,3 Punkte), der zuletzt etwas nachgegeben hat. Der Li-Keqiang-Index, der Kreditvergabe, Stromverbrauch und Schienenfrachtverkehr der Volksrepublik erfasst, ist im Juni erneut gestiegen und erreichte mit 3.348 Punkten seinen zweithöchsten Wert.

Weltwirtschaft

China gelang es bislang gut, die Infektionszahlen niedrig zu halten. Zwar gab es im August einen Anstieg der Infektionen, verglichen mit Europa sind die Zahlen allerdings sehr gering. Dennoch stellt die weitere Pandemieentwicklung ein Risiko für die chinesische Wirtschaft dar. Der IWF erwartet in seiner Prognose für das chinesische BIP-Wachstum im Jahr 2021 ein deutliches Plus von 8,1 % (zuvor: +8,4 %). Für das nächste Jahr wird eine schwächere Steigerung um 5,7 % vorausgesagt (zuvor: +5,6 %).