In Kürze Die europäische Zentralbank ändert ihre mittelfristige Strategie, lässt die Zinssätze aber unverändert.

Das Preisniveau zieht an.

NEUE STRATEGIE DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

Zu Beginn des Monats Juli 2021 hat sich die Europäische Zentralbank (EZB) eine neue mittelfristige geldpolitische Strategie gegeben. Das alte Inflationsziel von „unter aber nahe zwei Prozent“ wird ersetzt durch „zwei Prozent“. Damit soll zum einen mehr Klarheit in der Kommunikation geschaffen werden. Zum anderen räumt es der EZB mehr Flexibilität bei der Inflationsbekämpfung ein. Der Anker von zwei Prozent soll symmetrisch in beide Richtungen halten.

Unabhängig von dieser strategischen Ankündigung blieb der aktuelle geldpolitische Kurs der EZB auch im zweiten Quartal 2021 unverändert. Hauptrefinanzierungssatz, Spitzenrefinanzierungssatz und Einlagefazilität blieben auf ihren historischen Tiefständen von jeweils 0,00 %, 0,25 % und -0,50 %. Die amerikanische Zentralbank (Fed) hält ebenfalls an ihrer Niedrigzinspolitik fest. Die angestrebte Spanne liegt zwischen 0,00 und 0,25 %.

Die Anleihekäufe der EZB im Rahmen des Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) dauern an. Derzeit kauft die EZB Anleihen im Volumen von 80 Mrd. Euro monatlich zu und hat bis Ende Juni bereits über 60 % des vorgesehenen Programmvolumens in Höhe von 1,85 Bio. Euro ausgeschöpft. Auch die parallel weiterlaufenden Anleihekäufe im Rahmen des Asset Purchasing Programme (APP) wurden fortgesetzt.

Die Bilanz der EZB hält sich damit weiterhin auf Rekordniveau und durchbrach Anfang Juli die Marke von 7,9 Bio. Euro. Die Überschussliquidität stieg im Juni weiter an und stand bei 4,2 Bio. Euro. Dadurch blieben auch die Zinsen auf dem Interbankenmarkt auf dem Niveau des Einlagesatzes: Der besicherte Interbankenzins beläuft sich derzeit auf -0,54 % und ist damit fast identisch mit dem Einlagesatz. Der unbesicherte Interbankenzins liegt mit -0,54 % auf gleicher Höhe.

Konjunkturschlaglicht
Konjunkturschlaglicht

Die Preisniveausteigerung in der Eurozone lag im Juni bei 1,9 % gegenüber dem Vorjahr. Die Kerninflation lag mit 0,9 % etwas niedriger. Der seit einigen Monaten steigende Ölpreis trägt einen großen Teil zum Anstieg des Preisniveaus bei. In Deutschland ist die Inflationsentwicklung zusätzlich aufgrund von Sondereffekten wie der CO2-Bepreisung und der befristeten Senkung der Umsatzsteuersätze im Jahr 2020 noch ausgeprägter als im Durchschnitt der Eurozone.

In den letzten sechs Monaten hat sich der Wechselkurs des Euro gegenüber dem US-Dollar bei durchschnittlich 1,20 eingependelt. Diese Stabilisierung folgt auf einen starken Aufwärtstrend im vergangenen Jahr, bei dem der Euro gegenüber dem US-Dollar um insgesamt 10 Cent aufwertete. Gegenüber dem britischen Pfund notierte der Euro im Juni bei etwa 0,86 Pfund, gegenüber dem japanischen Yen bei rund 133 Yen.

Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gegenüber den 37 wichtigsten Handelspartnern blieb im Juni auf konstantem Niveau. Der effektive Wechselkurs wird von der Deutschen Bundesbank errechnet und erreichte die Marke von 91,1. Damit lag er etwas höher als im Dezember, als er 90,5 notierte.

ANLEIHERENDITEN: VERBLEIB AUF NIEDRIGEM NIVEAU

Die Umlaufrendite 10-jähriger deutscher Bundesanleihen hält sich weiterhin im negativen Bereich. Sie schwankte zuletzt zwischen -0,3 % und -0,1 %, hat damit jedoch gegenüber Januar (-0,5 %) angezogen. Die Rendite deutscher Bundesanleihen liegt damit etwas höher als der Zins für die Einlagefazilität bei der EZB (-0,5 %). Die Renditen auf Staatsanleihen der übrigen Euroländer sind ebenfalls gering. Die höchsten Renditen werden nach wie vor von griechischen und italienischen Staatsanleihen erzielt (beide bei rund +0,8 %).
Die Renditen auf Unternehmensanleihen in der Eurozone verbleiben ebenfalls auf sehr niedrigem Niveau. Anleihen mit einer BBB-Bewertung und mit einer Laufzeit von 5 Jahren erwirtschaften beispielsweise derzeit eine Rendite von unter 0,6 %.

Konjunkturschlaglicht

KREDITWACHSTUM VERLANGSAMT SICH

Die Finanzierungsbedingungen sind unverändert günstig und fördern damit weiter das Kreditwachstum. So lagen die Buchkredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften im April 1,3 % über dem Vorjahreswert. Allerdings nehmen die Zuwachsraten im Vorjahresvergleich hier seit Jahresbeginn kontinuierlich ab. Getrieben wurde der Anstieg nach wie vor durch längerfristige Kredite, vor allem jene mit Laufzeiten von über fünf Jahren. Kurzfristige Kredite mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr sind bereits seit vergangenem Sommer rückläufig. Zuletzt hat sich der Rückgang jedoch verstärkt. Im April betrug das Minus 15,5 %.

Konjunkturschlaglicht

Das Wachstumstempo der Kredite an private Haushalte ist dagegen ungebrochen. Im April stiegen die Buchkredite in diesem Segment um 4,9 % über ihren Vorjahreswert. Das Wachstum der Wohnungsbaukredite (+6,7 %) stellt hierbei nach wie vor den Haupttreiber für diese Entwicklung.

Das Kreditwachstum an Unternehmen und private Haushalte in Deutschland verlor zuletzt hingegen an Schwung. Im April belief es sich auf 3,7 % gegenüber dem Vorjahr. Das Kreditwachstum im Euroraum fiel geringer aus und verlangsamte sich ebenfalls (+2,9 %).

Der Zinsabstand für Unternehmenskredite im Euroraum hat sich zuletzt wieder erhöht. Im Euroraum ansässige, nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften mussten im Mai durchschnittlich 42 Basispunkte mehr an Kreditzinsen zahlen als deutsche Unternehmen. Dies ist etwas weniger als im Durchschnitt der letzten zwölf Monate, der einen Zinsabstand von 44 Basispunkten ergibt.

Als Folge der fortgesetzten expansiven Geldpolitik der EZB weitete sich die Geldmenge M3 im Euroraum noch einmal deutlich aus. Im Mai lag sie um 7,6 % höher als im Vorjahr. Die enger gefasste Geldmenge M1 war hierbei maßgeblicher Treiber der Zunahme mit einem Wachstum von rund 10,5 % im gleichen Zeitraum.

Konjunkturschlaglicht
Konjunkturschlaglicht