Illustration von Oliver Rakau

Oliver Rakau
Chefvolkswirt für Deutschland und stellvertretender Leiter des Europateams bei Oxford Economics

In den USA stieg die Inflation auf über 5 %. Was sind die Gründe?
Dieser sprunghafte Anstieg geht auf das Zusammenspiel vieler Faktoren zurück. Zur Hälfte spiegelt er temporäre Basiseffekte, die sich aus starken Preisrückgängen im letzten Jahr ergeben. Zusätzlich trieb die rapide Konjunkturerholung nach dem Auslaufen vieler Eindämmungsmaßnahmen die Rohstoffpreise in die Höhe und führte zu ausgeprägten Lieferengpässen, z. B. bei Halbleitern. Gleichzeitig kehren Arbeitnehmer z. B. wegen krisenbedingt hoher Transferzahlungen nur zögerlich auf den Arbeitsmarkt zurück, was die Löhne treibt.

Wie wird sich die Inflationsrate dort weiter entwikeln?
Wir erwarten, dass die US-Inflation bis 2024 über dem 2 %-Ziel der US-Zentralbank liegt. In diesem Jahr spiegelt dies vor allem das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nach der Corona Krise. Aber ab 2022 wird die anhaltende Arbeitsmarktdynamik zunehmend preistreibend wirken. Unsere Prognose sieht die Kerninflation Ende 2021 bei 3,7 %, bevor sie sich bis Ende 2022 auf 2,2 % abkühlt. Wir sehen nur sehr geringe Risiken eines Abdriftens in ein Hochinflationsregime.


Welche Auswirkung hat das auf Deutschland?
Die hohe US-Inflation ist vor allem eine Folge der aggressiveren Fiskalpolitik jenseits des Atlantiks, die wir primär als Chance für deutsche Exporteure sehen. Die US-Zentralbank dürfte aufgrund der Preissteigerungen jedoch ihre Anleihekäufe Anfang 2022 reduzieren und Anfang 2023 die Leitzinsen anheben. Die Auswirkungen auf europäische Anleihezinsen dürften sich jedoch in engen Grenzen halten, da die EZB aufgrund konjunktureller und struktureller Gründe sehr viel vorsichtiger agieren dürfte.