bild zu verstärkte Zusammenarbeit

Afrika ist ein facettenreicher Kontinent mit großen Potenzialen als Wirtschafts- und Investitionsstandort. Er bietet einzigartige Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Die Intensivierung der wirtschaftlichen Partnerschaft mit Afrika ist für Deutschland ebenso wie für die EU ein wichtiges Thema. Eine besondere Rolle spielen dabei die reformorientierten Staaten des sogenannten G20-Compact with Africa (CwA): Ägypten, Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Côte d’Ivoire, Ghana, Guinea, Marokko, Ruanda, Senegal, Togo und Tunesien. Auch in diesem und dem nächsten Jahr gibt es zentrale Meilensteine auf dem Weg zu einer vertieften Partnerschaft der EU und der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) mit Afrika. Dazu gehört die nunmehr vierte Konferenz im Rahmen des G20-Compact with Africa. Weitere Meilensteine sind der Verhandlungsabschluss zum Folgeabkommen der EU mit den AKP-Staaten (Afrika, Karibik und Pazifik) sowie der Gipfel der EU mit der Afrikanischen Union (AU) 2022.

Der G20-Compact with Africa

Die Initiative G20-Compact with Africa wurde 2017 unter deutscher G20-Präsidentschaft ins Leben gerufen. Ihr Ziel ist es, gemeinsam die Rahmenbedingungen für Privatinvestitionen und Infrastruktur sowie Beschäftigungsmöglichkeiten in den teilnehmenden afrikanischen Ländern (Compact-Länder) zu verbessern (Artikel: „Aufbruch nach Afrika“, Schlaglichterausgabe Dezember 2019).
www.bmwi.de/sdw-2019-12-afrika.html

Voraussichtlich dieses Jahr lädt Bundeskanzlerin Merkel zur bereits vierten Konferenz des G20-Compact with Africa ein. Bei der Konferenz treffen sich die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs der zwölf afrikanischen Compact-Länder mit Teilnehmenden aus den G20-Staaten und internationalen Organisationen zum gemeinsamen Austausch.
Der G20-Compact with Africa ist in Afrika auf großes Interesse gestoßen. So beteiligen sich gegenwärtig bereits zwölf Staaten. Viele weitere sind interessiert. Die Initiative ist zentrales Element einer neuen Kooperation mit Afrika, die sich eine Partnerschaft auf Augenhöhe zum Ziel gesetzt hat.

12 Länder gehören zu den afrikanischen Compact-Staaten.

Dabei arbeiten die teilnehmenden afrikanischen Länder im Rahmen von Investitionspartnerschaften („Compacts“) jeweils mit einem Partnerland aus dem Kreis der G20 sowie internationalen Organisationen zusammen – beispielsweise der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds und der Afrikanischen Entwicklungsbank – , um gemeinsam länderspezifische Reformprogramme und Fördermaßnahmen für mehr Privatinvestitionen zu entwickeln. Die Reformen werden von den Compact-Ländern umgesetzt, beispielsweise in der Finanz- und Wirtschaftspolitik. Die G20-Länder koordinieren die Fördermaßnahmen und vernetzen zugleich die Partnerländer mit internationalen Investoren. Alle Akteure treffen sich regelmäßig in sogenannten Compact-Teams, die in sämtlichen Partnerländern eingerichtet wurden.

BMWi unterstützt Unternehmen bei ihren Projekten in Afrika.

Das BMWi unterstützt gezielt deutsche Unternehmen bei Projekten in den afrikanischen Staaten mit dem Instrumentarium der Außenwirtschaftsförderung, um Investitionen deutscher Unternehmen und den Handel zu stärken. Dabei stehen insbesondere die Compact-Länder im Fokus. Zuletzt wurden sämtliche Instrumente der Außenwirtschaftsförderung des BMWi auf den Prüfstand gestellt und mit Blick auf die spezifischen Erfordernisse insbesondere der Compact-Länder neu justiert.

In Kürze: Reformen und Fördermaßnahmen für mehr Privatinvestitionen

Die globale Ausbreitung der Corona-Pandemie hat auch die Compact-Länder nicht unberührt gelassen. Laut diesjährigem „G20-Compact with Africa Monitoring-Bericht“ der Weltbank-Gruppe bewirkte die konsequente Umsetzung von Reformen allerdings eine vergleichsweise hohe wirtschaftliche Resilienz vieler Compact-Länder im Vergleich zu anderen Staaten des Kontinents. Für 2021 wird für die Compact-Länder ein Wirtschaftswachstum von 3,4 % prognostiziert.

Afrika: Ein facettenreicher Kontinent

In Afrika gibt es insgesamt 54 Länder, davon 49 in Subsahara-Afrika. Die folgenden Steckbriefe der Subsahara-Länder Ghana, Äthiopien und Ruanda – allesamt Mitglieder des G20-Compact with Africa – verdeutlichen beispielhaft, dass sich ein differenzierter Blick auf länderspezifische Charakteristika und Potenziale und eine jeweils spezifische Herangehensweise in der Außenwirtschaftsförderung lohnen:
Ghana liegt im Westen Afrikas und zählt rund 30 Millionen Einwohner. Die wirtschaftsfreundliche Regierung des Landes verfolgt das Ziel, die Wirtschaft stärker zu diversifizieren. Sie treibt mit der Transformationsagenda „Ghana Beyond Aid“ wichtige Reformen voran, die unter anderem auf die Entwicklung vom Rohstoffexporteur hin zu mehr Wertschöpfung im eigenen Land zielen. Das Land konnte in der letzten Dekade einen stetigen Wachstumstrend verzeichnen. Insbesondere der Öl-, Gas- und Nahrungsmittelsektor spielen dabei eine wesentliche Rolle. Aufgrund der politischen Stabilität bietet Ghana einen attraktiven Markt in der Region Westafrika. Im Jahr 2019 haben Ghana und Deutschland eine Gemischte Wirtschaftskommission initiiert, wodurch deutsche und ghanaische Unternehmen bei ihren Wirtschaftsbeziehungen noch bessere Unterstützung erhalten.

Hohe Wachstumserwartungen beim Handelspartner Äthiopien

Äthiopien bietet wirtschaftlich viele Chancen, die äthiopische Regierung geht notwendige wirtschaftspolitische Reformen gezielt an. Die Regierung verabschiedete jüngst einen Entwicklungsplan für die nächste Dekade (2021 – 2030). Durch schnelles, nachhaltiges und breitenwirksames Wachstum (10 % jährlich bis 2030) will Äthiopien bis 2025 ein middle-income Land werden. In der Region Ostafrika ist Äthiopien mit seinen rund 112 Millionen Einwohnern nach Kenia der zweitwichtigste Handelspartner der deutschen Wirtschaft und wies in den vergangenen Jahren ein stetiges Wirtschaftswachstum auf. Zur Unterstützung der vielfältigen Reformprozesse des Landes und um die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Äthiopien zu stärken, wurde 2019 eine alle zwei Jahre tagende Binationale Kommission mit Äthiopien eingerichtet. In diesem Rahmen leitet das BMWi eine Arbeitsgruppe Wirtschaft und Energie.

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Ruanda ist mit seinen 12 Millionen Einwohnern eines der kleinsten Compact-Länder. Es gilt als Vorzeige-Staat in Bezug auf die Modernisierung seiner Wirtschaft und trägt sogar den Spitznamen „die Schweiz Afrikas“. Das Land in Ostafrika verfügt über eine gute Organisation; Kriminalität und Korruption sind vergleichsweise gering. Insbesondere im Bereich Start-ups bietet Ruanda interessante Möglichkeiten für Unternehmen. Das BMWi unterstützt seit 2020 das Projekt „StArfrica – Startup Germany-Africa“, das Existenzgründungen aus der Wissenschaft und die Vernetzung deutscher und ruandischer Start-ups fördert. Der G20-Compact with Africa bietet dem kleinen Land zudem eine Chance, seine Infrastruktur gezielt zu stärken und besseren Anschluss an internationale Märkte zu gewinnen.

Große Potenziale im Emergie-, Digitalisierungs-, und - Automobilsektor

Einzigartige Möglichkeiten der Zusammenarbeit

Die Instrumente der bilateralen Wirtschaftszusammenarbeit mit den Compact-Ländern und der Außenwirtschaftsförderung stehen branchenübergreifend zur Verfügung. Große Potenziale bieten sich insbesondere in den Sektoren Energie, Digitalisierung und Automobilwirtschaft – nicht nur in den Compact-Ländern, sondern auch darüber hinaus.

Energie
Viele afrikanische Staaten weisen besondere Potenziale zur Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen auf. Darüber hinaus besteht ein großer Bedarf an Investitionen in die Energieinfrastruktur. Schätzungen zufolge sind in Subsahara-Afrika rund zwei Drittel der Bevölkerung nicht an die Stromversorgung angeschlossen. Aber auch das starke Bevölkerungswachstum und eine wachsende Mittelschicht tragen zum Bedarf an modernen Energielösungen bei.
Mit Äthiopien hat das BMWi eine projektbasierte Energiekooperation abgeschlossen. Sie umfasst u. a. die Modernisierung eines Wasserkraftwerkes. Ein laufendes Projekt zur Erneuerung eines bestehenden Wasserkraftwerks soll potenziellen Partnern vor Ort veranschaulichen, welche Effizienzgewinne deutsche Unternehmen für die bestehenden äthiopischen Wasserkraftwerke leisten können.
Im Einklang mit den internationalen Klimazielen fördert das BMWi außerdem Kooperationen insbesondere im Bereich klimafreundlicher Energietechnologien. Im Rahmen der Exportinitiative Energie (EIE) werden Unternehmen mit nachhaltigen Energielösungen bei ihrem Eintritt in afrikanische Märkte insbesondere durch das Projektentwicklungsprogramm (PEP) für Entwicklungs- und Schwellenländer unterstützt. Zudem unterhält das BMWi weitere Energiepartnerschaften mit Marokko, Tunesien, Algerien und Südafrika.
Durch die Ausbildungsleistung vieler deutscher Unternehmen im afrikanischen Energiesektor wird deutsches Erfahrungswissen weitergegeben und in qualifizierte Ausbildung und Beschäftigung vor Ort investiert.

Marokko, Tunesien, Ghana, Ruanda ziehen Autozulieferer an.

Digitalisierung
Der Bedarf an digitalen Technologien und Dienstleistungen in Afrika steigt enorm. Viele afrikanische Regierungen setzen hohe Erwartungen in die Digitalisierung der Wirtschaft. Insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Bildung, Landwirtschaft sowie im Industrie- und Dienstleistungssektor können mit digitalen Lösungen erhebliche Fortschritte und Verbesserungen erreicht werden.
Das BMWi unterhält mit dem Reformland Äthiopien zwei Verwaltungspartnerschaften im Bereich Digitalisierung. Mit dem äthiopischen Ministerium für Innovation und Technologie (MInT) werden zum einen Wege zur Digitalisierung des Logistiksektors in Äthiopien besprochen; zum anderen ist eine Verwaltungspartnerschaft zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Start-ups in der Digitalwirtschaft in Planung. Ziel ist es, zu effizienteren, digitalen Verwaltungsprozessen beizutragen.
Tunesien gilt als etablierter IT-Standort und Start-up-Hub für die Branche. Von den fast 12 Millionen Einwohnern arbeiten über 100.000 im IT-Bereich. Die Beschäftigten gelten hier als so gut qualifiziert, dass „brain drain“ eine Gefahr für den Sektor ist. Jährlich schließen in Tunesien rund 8000 Menschen ein Hochschulstudium im IT-Bereich ab. Dies machen sich bereits viele namhafte Unternehmen zu Nutze. Der IKT-Sektor trägt über 10 % zum nationalen BIP bei. Digitalisierungsstrategien der Regierung und von Unternehmen bieten auch künftig noch weitere Chancen für deutsche Unternehmen.

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Automobilindustrie
Einige deutsche Unternehmen aus der Automobilbranche, darunter bedeutende Hersteller ebenso wie Zulieferer, haben in Standorte in ganz Afrika investiert.
Die Compact-Länder Ghana und Ruanda werden von der Automobilindustrie – neben Südafrika – als Länder mit besonderen Chancen in Subsahara-Afrika benannt. Produktionsstandorte deutscher Hersteller umfassen außerdem Algerien, Kenia und Nigeria. Andere internationale Hersteller produzieren darüber hinaus in Ägypten, Kenia und Marokko. In Ruanda hat ein deutscher Automobilhersteller ein Pilotprojekt zur Elektromobilität lanciert.
Marokko und Tunesien haben sich als Standorte namhafter Automobilzulieferer etabliert: Mit seiner Industriestrategie 2014 – 2020 hat Marokko neben großen Herstellern auch Zulieferer anziehen können, die wesentlich zur Wertschöpfung im Land beitragen. Insgesamt erzielte die Automobilbranche des Landes im Jahr 2019 einen Umsatz von über 7 Milliarden US-Dollar. Dabei entwickelte sich das Land von einem Billiglohnland zu einem Qualitätsstandort. Mit der aktuellen Industriestrategie 2021-2023 möchte Marokko die lokale Wertschöpfung im Automobilbereich von 60 auf 80 % steigern und insbesondere mit guter Infrastruktur, darunter der Hafen von Tanger, überzeugen. Marokkos besondere Rolle für die Automobilindustrie soll durch das gegenwärtig entstehende erste Automobil-Testzentrum Afrikas unterstrichen werden. Tunesien ist ein bedeutender Beschaffungsmarkt für die internationalen Automobilhersteller insbesondere im Bereich Elektrik/Elektronik. Deutsche Automobilzulieferer gehören zu den größten Arbeitgebern im Land und engagieren sich in Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Panafrikanische Freihandelszone
Neben branchenbezogenen Kooperationsmöglichkeiten bietet perspektivisch auch die Afrikanische Freihandelszone (African Continental Free Trade Area, AfCFTA) neue Potenziale für verstärkte Vernetzungen mit Afrika (Artikel: „Die panafrikanische Freihandelszone AfCFTA--African Continental Free Trade Area – der Weg zu einem integrierten, aufstrebenden und friedlicheren Afrika?“).
www.bmwi.de/sdw-2019-09-onlinemagazin-themen-analysen.html
Die AfCFTA--African Continental Free Trade Area  trat am 1. Januar 2021 in Kraft. Ziel der AfCFTA--African Continental Free Trade Area  ist es, Zölle und nicht-tarifäre Handelshemmnisse zwischen den Staaten und auf dem ganzen Kontinent abzubauen. Damit soll der gegenwärtig sehr geringe Binnenhandel Afrikas maßgeblich gesteigert werden. Ein gemeinsamer afrikanischer Binnenmarkt wird nicht nur afrikanischen, sondern auch europäischen Unternehmen neue Chancen bieten.

Säulen der EU-Afrika-Politik

Die Beziehungen der EU mit Afrika ruhen auf mehreren Säulen, insbesondere dem Cotonou-Abkommen mit Subsahara-Afrika aus dem Jahr 2000 sowie der Gemeinsamen Strategie Afrika-EU von 2007. Beide regeln die Beziehungen beider Partner unter politischen, wirtschaftlichen sowie entwicklungsrelevanten Gesichtspunkten.
Mit den nordafrikanischen Staaten Ägypten, Algerien, Marokko und Tunesien bestehen im Rahmen der europäischen Nachbarschaft Assoziierungsabkommen. Diese politischen Abkommen enthalten auch Handelsregeln. Verhandlungen über sogenannte vertiefte und umfassende Freihandelszonen mit diesen Staaten, die weitere Handels­aspekte betreffen, konnten bislang nicht finalisiert werden. Das Abkommen von Cotonou regelt insbesondere die Handelsbeziehungen der EU mit Subsahara-Afrika. Es wurde im Dezember 2020 als sogenanntes Post-Cotonou-Abkommen verlängert und soll 2022 in Kraft treten.
Seit dem Jahr 2000 finden regelmäßige Gipfeltreffen zwischen Afrika (seit ihrer Gründung im Jahr 2002: der Afrikanischen Union) und der EU statt, um eine strategische Zusammenarbeit zu untermauern. Im März 2020 veröffentlichte die EU einen Vorschlag für eine neue umfassende EU-Afrika-Strategie. Darin ist vorgesehen, die bestehende Strategie von 2007 unter anderem zu den Themen grüne Wende, digitaler Wandel, Frieden und Sicherheit, Migration sowie Investitionen und Handel zu ergänzen und zu vertiefen. Eine gemeinsame Strategie soll beim nächsten Gipfeltreffen der EU und AU im Frühjahr 2022 verabschiedet werden.

Post-Cotonou-Abkommen soll 2022 in Kraft treten.

Ausblick: Die EU-Afrika-Wirtschaftsbeziehungen stärken

Die Bundesregierung und die EU möchten mit den afrikanischen Partnern das Potenzial für mehr Investitionen und Handel erschließen und so einen weiteren positiven Beitrag zur Entwicklung des Kontinents leisten. Im Rahmen der gemeinsamen Zusammenarbeit soll die wirtschaftliche Partnerschaft kontinuierlich weiterentwickelt und gestärkt werden. Sowohl europäischen als auch afrikanischen Unternehmen und Investoren soll der Zugang zu beiden Märkten erleichtert werden. Die Maßnahmen und Reformen im Rahmen des G20-Compact with Africa zeugen bereits von positiven Auswirkungen für beide Seiten und verbesserten Bedingungen für bilaterale wirtschaftliche Kooperationen. Für die künftigen Beziehungen werden im kommenden Jahr mit Inkrafttreten des Post-Cotonou-Abkommens und dem Dialog im Rahmen des EU-AU-Gipfels wesentliche Grundsteine gelegt.

Kontakt
Valerie Pach
Referat: Subsahara-Afrika

Sabine Domke
Referat: Nordafrika, Naher und Mittlerer Osten

Webseite des G20-Compact with Africa:

www.compactwithafrica.org

schlaglichter@bmwi.bund.de