Wortmeldung

Kurz vor Jahresende 2020 konnte unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft eine politische Einigung mit dem Europäischen Parlament über eine Verordnung für ein neues Binnenmarktprogramm erzielt werden. Das sind gute Nachrichten, weil mit dem Förderprogramm und seinen verschiedenen Programmlinien bewährte Projekte wie das Enterprise Europe Network weiterhin gefördert und Binnenmarktinstrumente wie SOLVIT mit einer neuen Förderlinie unterstützt werden können.

Das Binnenmarktprogramm dient der Weiterentwicklung des EU-Binnenmarktes, des größten gemeinsamen Wirtschaftsraums der Welt. Für die Jahre 2021–2027 stellt der EU-Haushalt insgesamt ca. 4,2 Milliarden Euro für das Binnenmarktprogramm bereit. Ein scheinbar „kleiner“ Betrag mit großer Wirkung!

Ein scheinbar „kleiner“ Betrag mit großer Wirkung!
Kurz gesagt: Besondere Unterstützung – gerade in der Corona-Krise – benötigen Start-ups und Mittelstand

Der Fokus der neuen Verordnung zum Binnenmarktprogramm liegt auf der Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und auf der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Rund 25 Millionen KMU, von innovativen Start-ups über Handwerksbetriebe bis zu traditionsreichen Familienunternehmen, prägen die europäische Wirtschaft. Viele von ihnen sind besonders stark von der Corona-Pandemie betroffen. Die Einigung über die neue Verordnung kommt zur rechten Zeit, um diese Unternehmen auch weiterhin zu unterstützen. Die Bandbreite möglicher Maßnahmen im Binnenmarktprogramm ist denkbar weit und reicht vom Abbau von Hindernissen für den Warenverkehr über die Förderung von Clusterstrukturen bis hin zur besseren Durchsetzung von Verbraucherrechten.

Rund 25 Millionen KMU, von innovativen Start-ups über Handwerksbetriebe bis zu traditionsreichen Familienunternehmen, prägen die europäische Wirtschaft.

Dem ambitionierten Programm liegt ein umfassendes Verständnis des Binnenmarktbegriffs zugrunde. Vorgängerprogramme zu KMU-Förderung, Verbraucherschutz, europäischen Statistiken – auch zur Entwicklung qualitativ hochwertiger Daten zur Wirtschaftsförderung –, Rechnungslegung und ­Abschlussprüfung, sowie zu den Bereichen Gesundheitsschutz in der Lebensmittelkette und zur ­Bekämpfung von Tierseuchen und Pflanzenschädlingen werden mit dem Binnenmarktprogramm unter einem Dach zusammengeführt und angepasst. Die Regelungen zu Implementierung und Evaluierung der bisherigen Einzelprogramme werden vereinheitlicht, um die Förderung effizienter zu gestalten. Das bekannteste bisherige Vorgängerprogramm ist wohl das KMU-Förderprogramm COSME (=Competitiveness of Enterprises and Small and Medium-sized Enterprises), das z. B. Wagniskapital und Garantie-Instrumente bereitgestellt hat. Ergänzend wird im neuen Binnenmarktprogramm beispielsweise die für die Industrie wichtige Entwicklung technischer Normen und Standards gefördert. Neu ist auch die Programmlinie für einen „effektiven Binnenmarkt“, womit insbesondere der Bedeutung eines vertieften Binnenmarktes durch eine bessere Verknüpfung bestehender Instrumente Rechnung getragen wird.

Programmlinie für einen „effektiven Binnenmarkt“

Ziel der neuen Förderlinie für einen effektiven Binnenmarkt mit einer Mittelausstattung von 550 Millionen Euro ist es, die Grundstrukturen des Binnenmarkts zu stärken. Verbesserungen sollen etwa durch die Vermeidung und Beseitigung unverhältnismäßiger Hindernisse, die bessere Durchsetzung geltenden Rechts und die Beschleunigung der – digitalen – Vernetzung von Behörden erzielt werden.

Die Verordnung nennt einige konkrete Projekte, die den Anwendungsbereich der Förderlinie illustrieren. Dazu zählt der Problemlösungsmechanismus SOLVIT. In dem informellen Netzwerk arbeiten die SOLVIT-Stellen aller Mitgliedstaaten zusammen, um Unternehmen und BürgerInnen bei grenzüberschreitenden Problemen zu unterstützen, die durch eine fehlerhafte Anwendung von Binnenmarktrecht, etwa bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen, durch nationale Behörden entstehen.

Die Bedeutung einer digitalen Verwaltung und digitaler Informationsangebote für den grenzüberschreitenden Handel werden in der Verordnung ausdrücklich erwähnt. Wichtige Elemente im Binnenmarktprogramm sind daher der weitere Ausbau von Informationsportalen wie „Your Europe“, das als Basis eines einheitlichen digitalen Zugangstors für BürgerInnen und Unternehmen dienen soll, sowie der Ausbau von Datenbanken zu Binnenmarktvorschriften. Um Unternehmen zu helfen, ihre Waren europaweit zu verkaufen, sollen aus dem Programm die nationalen Produktinfostellen unterstützt werden können. Deren Aufgabe besteht u. a. darin, Unternehmen über die mitunter sehr komplizierten jeweiligen nationalen Produktanforderungen der Mitgliedstaaten zu informieren.

Ein wichtiges Element im Binnenmarktprogramm: Der Ausbau von Informationsportalen

Ein eigener Abschnitt des Binnenmarktprogramms ist der Vernetzung der Arbeit der Marktüberwachungsbehörden gewidmet. Die Bedeutung einer funktionierenden unionsweiten Marktüberwachung hat sich zuletzt beispielsweise bei der Sicherung von Qualitätsstandards von Schutzmasken als wichtig herausgestellt.

Vernetzung und Kooperationen für mehr Wettbewerbsfähigkeit

Während die bisherigen Finanzierungsinstrumente des Vorgängerprogramms COSME im KMU-Fenster des neuen Fonds „InvestEU“ fortgeführt werden, konzentriert sich das Binnenmarktprogramm auf Instrumente zur Vernetzung von Unternehmen. Im Fokus steht die Stärkung von Kooperationsstrukturen bei der Internationalisierung und Erschließung neuer Märkte und Geschäftsfelder. Auch die Stärkung von Innovationen und die Entwicklung unternehmerischer Kompetenzen sind für KMU essenziell um den grünen und digitalen Wandel erfolgreich zu meistern. Hierfür werden Mittel im Umfang von insgesamt einer Milliarde Euro bereitgestellt. Konkret gefördert werden die Kosten für Kooperationsstrukturen und die Teilnahme von Unternehmen an Projekten (indirekte Unternehmensförderung).

Zu den geförderten Projekten zählt zum Beispiel Erasmus for Entrepreneurs, das GründerInnen und JungunternehmerInnen mit erfahrenen UnternehmerInnen zusammenbringt. So konnte zum Beispiel eine junge Ingenieurin aus Slowenien durch eine mehrmonatige Kooperation mit einem erfolgreichen deutschen Unternehmer im Bereich der Robotik nicht nur ihr Fachwissen erweitern, sondern auch wichtige Kenntnisse für den erfolgreichen Aufbau ihres eigenen Unternehmens gewinnen.

Auch die Vernetzung durch die Bildung von Clustern wird im neuen Binnenmarktprogramm besonders herausgestellt. Cluster schaffen ein günstiges und widerstandsfähiges Umfeld und können den Unternehmen dadurch direkte Unterstützung bieten, um wettbewerbsfähig zu bleiben und sich zukunftsfähig aufzustellen. Sie fördern die Vernetzung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft und tragen so zur Stärkung der europäischen Regionen bei. In Clustern verbundene Unternehmen weisen eine deutlich höhere Produktivität auf. Derzeit gibt es in der EU insgesamt annähernd 3.000 regionale, hoch spezialisierte industrielle Cluster mit über 50 Millionen Arbeitsplätzen.

Über 3.000 lokale Experten aus wirtschaftsnahen Organisationen befinden sich im Enterprise Europe Network (EEN).

Akzentuiert wird im Binnenmarktprogramm auch die Rolle des Enterprise Europe Network (EEN). Das Netzwerk aus wirtschaftsnahen Organisationen mit über 3.000 lokalen Experten unterstützt KMU in allen Mitgliedstaaten bei der Akquise von Finanzmitteln etwa aus EU-Förderprogrammen wie „Horizont Europa“, beim Zugang zu Fachwissen und bei der Suche nach Kooperations- und Geschäftskontakten, indem es potenzielle Partner zusammenbringt. Das EEN hat beispielsweise Unternehmen erfolgreich bei der Entwicklung einer Software unterstützt, die es Rettungsdiensten in medizinischen Notfällen erlaubt, verunglückte Personen besser über deren Mobiltelefone zu lokalisieren und mit ihnen über Videochat und in verschiedenen Sprachen zu kommunizieren. Unterstützen konnte das EEN auch bei der Entwicklung eines innovativen Naherholungskonzepts (Radreisen). Damit wurde der von der Corona-Pandemie besonders betroffenen Tourismusbranche geholfen und gleichzeitig ein Beitrag zur Regionalförderung geleistet.

In den kommenden Monaten wird die Europäische Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten in Förderausschüssen die ersten Arbeitsprogramme zum Binnenmarktprogramm aufstellen und dabei Fördermaßnahmen und Antragsverfahren konkretisieren.

Mehr zum Thema:
Der 8. Monitoring-Bericht und die Stellungnahme der Experten-Kommission sind auf der Webseite des BMWi verfügbar: www.bmwi.de/achter-monitoring-bericht-energie-der-zukunft

Kontakt
DR. NIKLAS HERZIG
Referat: Monitoring und Energiestatistik
schlaglichter@bmwi.bund.de