Forschen für die Energie der Zukunft

Mit Wasserstoff zu einer klimafreundlichen Wirtschaft: Es gibt zahlreiche Projekte und Initiativen

Wasserblasen

© SCHMOTT Studios

Das Wasser ist die Kohle der Zukunft. Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zerlegten Elemente des Wassers, Wasserstoff und Sauerstoff, werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde sichern.“ Dieses zukunftsweisende Zitat entspringt nicht etwa einem Strategiepapier zur Energiewende. Es wurde bereits im Jahr 1870 durch den französischen Schriftsteller Jules Verne in seinem Werk „Die geheimnisvolle Insel“ zu Papier gebracht. 151 Jahre später ist diese Prognose zum Greifen nah und Wasserstoff ein essenzieller Bestandteil der Energiepolitik der Bundesregierung auf dem Weg zur Energiewende und einer klimafreundlichen Wirtschaft.

Grüner Wasserstoff birgt enormes Potenzial als Energieträger der Zukunft. Hinter der Bezeichnung „Grün“ verbirgt sich dabei, dass Elektrolyseure den Wasserstoff mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien CO2-neutral herstellen.

Kurz erklärt
Elektrolyseure spalten chemische Verbindungen durch elektrischen Strom und wandeln auf diese Weise elektrische in chemische Energie. So kann Strom aus erneuerbaren Energieanlagen als Gas gespeichert werden und später zurück in Strom konvertiert werden. Elektrolyseure sind das Herzstück von Power-to-Gas-Anlagen.

Das Besondere an grünem Wasserstoff: Das Gas wird nicht nur klimafreundlich produziert, es kann auch sehr vielseitig eingesetzt werden. Im Stromsystem ermöglicht Wasserstoff, dass erneuerbare Energie auch langfristig (zwischen)gespeichert wird. Im Verkehrsbereich können mithilfe von Wasserstoff Brennstoffzellenfahrzeuge betrieben sowie synthetische Kraftstoffe produziert werden. Bei der Energiewende in der Industrie liegt der Fokus unter anderem darauf, Industrieprozesse CO2-neutral zu gestalten. Durch Wasserstoff kann ein Wandel hin zu erneuerbaren Energien als Quelle für die benötigten Prozessenergien gelingen. Im Wärmebereich können Haushalte und Unternehmen über das Gasnetz mit Wasserstoff zur Wärmeerzeugung versorgt werden. Auch die Abwärme von Elektrolyseuren kann hier genutzt werden.

Darüber hinaus – und darin liegt die wohl größte Stärke von Wasserstoff – wirkt der Energieträger an der Schnittstelle unterschiedlicher Sektoren und ermöglicht deren Kopplung.

Wasserstoff: Kleines Element, große Wirkung

Wasserstoff ist zwar das kleinste chemische Element, es birgt jedoch die Chance, der Wegbereiter für einen großen energie- und wirtschaftspolitischen Umbruch zu sein. Damit dies gelingt, sind umfassende Forschung und Innovation eine wichtige Grundlage.

Mittel- bis langfristig bieten Wasserstofftechnologien große Potenziale für neue Unternehmen und qualifizierte Arbeitsplätze entlang der gesamten Wertschöpfungskette – der Herstellung und der Speicherung von Wasserstoff, dem Transport und den Verteilrouten sowie nicht zuletzt der Nutzung dieses Rohstoffs als Energieträger.

Forschung entlang der Wertschöpfungskette

Die wissenschaftlichen Arbeiten zu Wasserstoff fördert das BMWi im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms der Bundesregierung. Der Fokus ist dabei immer klar auf der zukünftigen Anschlussfähigkeit der Forschungsergebnisse an die energiewirtschaftliche Praxis gerichtet. Dabei hat das BMWi nicht erst mit der Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung begonnen, diesen Energieträger der Zukunft zu fördern. Schon seit vielen Jahrzehnten ist der Themenkomplex Teil der angewandten Energieforschung, die das Ministerium durch die Projektförderung unterstützt. Damit hat das BMWi durch das frühzeitige Engagement für Forschung und Entwicklung den Aufbau einer weitverzweigten, hoch spezialisierten Wissenschaftslandschaft in Deutschland ange­trieben. So ist die Grundlage gelegt, um das Land zu einer der führenden Nationen auf dem Weg zur internationalen Wasserstoffwirtschaft zu machen. Im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie wird dieses Ziel mit vielfältigen Maßnahmen unterstützt.

Aber auch die Forschungsförderung wird fortgesetzt und in der Wasserstoffstrategie prominent adressiert. Schließlich sind noch viele technische Herausforderungen zu meistern und auch Technologien, die sich heute erst in einem frühen Entwicklungsstadium befinden, können zur Energieversorgung der Zukunft beitragen. Bei der Projektförderung für die Entwicklung von Wasserstofftechnologien unterstützt das BMWi Forschungsideen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Außerdem fördert das Ministerium Forschungsprojekte rund um den Aufbau einer sicheren und stabilen Infrastruktur und zur Integration in das bestehende Energiesystem.

In Kürze
Das Ministerium unterstützt Forschungsprojekte rund um den Aufbau einer sicheren und stabilen Infrastruktur
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Wasserstoffspeicher im Untergrund

Eines der vielen Forschungsvorhaben, die das BMWi im Laufe der Jahrzehnte zu Wasserstoff gefördert hat, ist HyINTEGER. t1p.de/EnArgus-Verbundvorhaben

Vier Projektpartner haben zwischen 2016 und 2019 untersucht, ob und inwiefern technische Komponenten und die natürlichen Reservoir-Bestandteile von Untergrundspeichern in einer Wasserstoffatmosphäre interagieren. Das Ziel der Arbeiten war es, Wasserstoff langfristig in Hohlräumen unter der Erdoberfläche speichern zu können. Das BMWi hat das Projekt mit 2,5 Millionen Euro innerhalb des 6. Energieforschungsprogramms gefördert, dem Vorgänger des aktuellen Förderprogramms.

Die Forschungsaktivitäten von HyINTEGER schließen an ein Vorgängerprojekt an, das Teil der Forschungsinitiative Energiespeicher der Bundesregierung war. Diese hat das BMWi gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Bundesumweltministerium bereits 2011 ins Leben gerufen. Innerhalb des Vorgängerprojekts fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler heraus, dass Wasserstoff unter spezifischen Bedingungen Gesteinsveränderungen hervorrufen kann.

Diese beiden Projekte zeigen, dass die Förderung der angewandten Energieforschung nie im luftleeren Raum stattfindet, sondern entlang einer Entwicklungskette erfolgt: von den Laboren über realitätsnahe Demonstrationsprojekte bis schlussendlich der entscheidende Schritt in die energiewirtschaftliche Praxis gelingt.

Auf dem Weg in die energiewirtschaftliche Realität

Um den Sprung von Innovationen aus dem Labor oder dem Technikum in das „reale Leben“ zu unterstützen, hat das BMWi das Förderinstrument der „Reallabore der Energiewende“ im 7. Energieforschungsprogramm verankert. Mit dieser Maßnahme ermöglicht das Ministerium Forschung an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis. Die Reallabore sind als regional und zeitlich begrenzte Testräume konzipiert, um im industriellen Maßstab unter realen Marktbedingungen Forschungsergebnisse erproben zu können. Die auf diese Weise gesammelten Erfahrungswerte sollen als Grundlage dienen, um die Weiterentwicklung des Energieversorgungssystems als Ganzes voranzutreiben. Der thematische Schwerpunkt der Reallabore liegt dabei einerseits auf Wasserstofftechnologien und Sektorkopplung sowie andererseits auf energieoptimierten Quartieren.

Eines der Reallabore der Energiewende zu Wasserstoff ist H2-Wyhlen. t1p.de/EnArgus­Reallabor.de

Das Projekt ist im Januar 2021 gestartet. Die fünf beteiligten Partnerinstitutionen aus Wirtschaft und Wissenschaft forschen an einer Power-to-Hydrogen-Infrastruktur. Im Laufe der Projektzeit wollen sie diese von einem auf bis zu fünf Mega-
watt elektrischer Leistung ausbauen. Der Kern der Arbeiten liegt jedoch darauf, Antworten zu finden, wie Anlagen dieser Art technisch und hinsichtlich ihres Geschäftsmodells gestaltet sein müssen, um wirtschaftlich zu sein. Zudem untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie Wasserstoff in den Sektoren Strom, Wärme und Verkehr bedarfsgerecht erzeugt, lokal verteilt und genutzt werden kann. Das BMWi fördert das Reallabor über einen Zeitraum von fünf Jahren mit rund 13,5 Millionen Euro.

Kurz erklärt
Power-to-Hydrogen-Anlagen produzieren mithilfe von Elektrolyseuren und Strom aus erneuerbaren Energien grünen Wasserstoff, indem sie Wasser (H2O) in Wasserstoff (H2 ) und Sauerstoff (O) mit Hilfe elektrischer Energie zerlegen.

Vernetzung zwischen Forschung, Industrie und Politik

Den Sprung von Innovationen aus der Forschung in die Praxis fördern nicht nur die Reallabore der Energiewende. Mit den Forschungsnetzwerken Energie hat das BMWi selbstorganisierte Foren etabliert, in denen die Mitglieder Ideen entwickeln, um den Transfer von Forschungsergebnissen in die energiewirtschaftliche Praxis zu unterstützen. Zudem tauschen sie sich zu aktuellen Forschungsfragen aus und vernetzen sich im Hinblick auf gemeinsame Forschungsprojekte.

Als Teil der Nationalen Wasserstoffstrategie hat die Bundesregierung im Juni 2020 die Gründung des Forschungsnetzwerks Wasserstoff als neuntem Forschungsnetzwerk Energie beschlossen. Das Forschungsnetzwerk Wasserstoff feierte im September 2020 seinen Auftakt und vernetzt aktuell über 1000 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft. Die Netzwerkmitglieder haben bereits im Rahmen einer detaillierten Konsultation zum Förderaufruf „Technologieoffensive Wasserstoff“ beigetragen, der im Dezember 2020 vom BMWi veröffentlicht wurde. Das Forschungsnetzwerk Wasserstoff ist ein offenes Expertenforum, bei dem grundsätzlich alle engagierten Expertinnen und Experten mitwirken können.

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Wasserstoff als Brückenbauer für die Verkehrswende

Unter das Stichwort Sektorkopplung fällt die Förderinitiative „Energiewende im Verkehr“ des BMWi. Die verschiedenen Projekte der Fördermaßnahme wirken an der Schnittstelle zwischen Energie- und Verkehrssektor und forschen zu Power-to-Fuel-Prozessen. Darunter versteht man die Produktion synthetischer Kraftstoffe auf der Basis von Strom aus erneuerbaren Energien, sogenannten E-Fuels. Auf diese Weise soll der Verkehrssektor künftig einen signifikanten Beitrag dazu leisten, CO2-Emissionen und Luftschadstoffe wie Stickoxide (NOx) auch da zu reduzieren, wo sich Brennstoffzellen und Batterien nicht einsetzen lassen.

Kurz erklärt
Unter Power-to-Fuel-Prozessen versteht man die Produktion synthetischer Kraftstoffe auf der Basis von Strom aus erneuerbaren Energien, sogenannten E-Fuels. Bei dem Verfahren der Plasmalyse wird Treibstoff durch eine plasma-chemische Synthese von Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff zu Methan – mithilfe von Strom aus Solaranlagen – hergestellt.

Eines der Projekte, die das BMWi innerhalb der Förderinitiative unterstützt, ist CombiFuel.
t1p.de/EnArgus-CombiFuel

In Kürze
Im Förderprojekt „CombiFuel“ wird ein strombasiertes Antriebskonzept für bereits zugelassene und neue Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren entwickelt.

Das Konsortium erarbeitet ein strombasiertes Antriebskonzept für bereits zugelassene und Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Dieses basiert auf einem erneuerbaren Treibstoff aus 30 Volumenprozent Wasserstoff und 70 Volumenprozent Methan. Das Konsortium erarbeitet damit eine wertvolle Übergangslösung auf dem Weg zur Wasserstoffmobilität. Das Herzstück der Forschungsarbeiten ist das neuartige, innovative Verfahren der Plasma-Wasserelektrolyse (Plasmalyse). Dabei wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in nur einem Prozessschritt einen synthetischen, gasförmigen Wasserstoff-/Methantreibstoff (HCNG) aus Wasser und Kohlenstoffdioxid (CO2) beziehungsweise Kohlenstoffmonoxid (CO) erzeugen. Der Vorteil: Plasmaverfahren können technisch kompakt und einfach umgesetzt werden und benötigen keine Warmlaufphase. Die Plasmalyse wollen die Projektpartner anschließend in eine Power-to-HCNG-Tankanlage einbinden.

Mehr zum Thema
Weitere Informationen zu den verschiedenen durch das BMWi geförderten Forschungsprojekten im Bereich Energie und zum Förderschwerpunkt Wasserstoff sind unter www.energieforschung.de und im Newsletter zur angewandten Energieforschung verfügbar, den der Projektträger Jülich im Auftrag des BMWi erstellt.

Corneluis Veith
Referat: Energieforschung – Projektförderung und Internationales

Dr. Peter Vach
Referat: Energieforschung – Grundsatzfragen und Strategie
schlaglichter@bmwi.bund.de