Liebe Leserin, lieber Leser,

Die Abwehrkräfte unserer Volkswirtschaft sind intakt und die wirtschaftspolitische Gegensteuerung wirkt: Große Teile unserer Wirtschaft befinden sich – flankiert durch umfangreiche Unterstützungsmaßnahmen – bereits seit Mai wieder auf einem Erholungspfad. Die Produktions- und Auftragszahlen erholen sich und die Stimmung in den Unternehmen hat sich deutlich verbessert. Einzelne Branchen sind jedoch weiter stark betroffen.

Die deutsche Wirtschaft wird in diesem Jahr voraussichtlich um knapp sechs Prozent schrumpfen. Das zeigt unsere Interimsprojektion, die wir Anfang September veröffentlicht haben. Im Frühjahr waren wir von einem deutlichen stärkeren Einbruch der Wirtschaftsleistung ausgegangen.

Die Krise ist erst überwunden, wenn die Ausbreitung des Virus wirkungsvoll eingedämmt wurde und die Wirtschaftsleistung ihr Vorkrisenniveau erreicht hat. Die Unsicherheit über den Fortgang der Pandemie dämpft bis dahin die Investitionstätigkeit und belastet die Erholung der Weltwirtschaft. Nichtsdestotrotz stehen die Chancen gut, dass sich die deutsche Wirtschaft nach dem historischen Absturz im Frühjahr schneller erholt als weithin befürchtet.

Währenddessen dürfen wir nicht vergessen, dass der Klimaschutz die zentrale Aufgabe unserer Generation ist. Ich habe daher jüngst unter dem Titel „Klima schützen und Wirtschaft stärken“ einen Vorschlag für eine Allianz von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat für Klimaneutralität und Wohlstand vorgestellt. Denn nur wenn wir Klimaschutz und Wirtschaft versöhnen, werden wir den Weg zur Klimaneutralität schaffen und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft bewahren.

Außerdem wollen wir im Jubiläumsjahr 2020 ein Resümee zu 30 Jahren deutscher Einheit ziehen. Vieles wurde in den vergangenen drei Jahrzehnten erreicht: Die Arbeitslosigkeit in den neuen Ländern ist spürbar zurückgegangen. Die Löhne und Renten steigen und gleichen sich dem Westniveau an. Neue Wirtschaftsaktivitäten, zum Beispiel in Sachsen oder Brandenburg, knüpfen an industrielle Traditionen an.

Wir sind hier auf einem guten Weg, doch es liegen noch viel Arbeit vor uns. Die Kohleregionen stehen vor einem schwierigen Strukturwandel. Die Löhne liegen noch immer ein Fünftel unter dem Niveau der alten Länder. Das Vertrauen in demokratische Strukturen und Institutionen ist im Osten zum Teil geringer ausgeprägt. Diese Herausforderungen werden wir weiter mit voller Kraft angehen – gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern.

Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, viel Spaß bei der Lektüre.