Bundesminister Peter Altmaier stellt die aktuelle Interimsprojektion der Bundesregierung vor

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier

5,8 Prozent minus in diesem Jahr, 4,4 Prozent plus im nächsten Jahr – das erwartet die Bundesregierung für das Bruttoinlandsprodukt (BIP).

© BMWi

Die Corona-Pandemie hat die deutsche Wirtschaft in eine schwere Rezession gestürzt. Der Shutdown von Mitte März bis Anfang Mai führte zu einem historischen Einbruch der Wirtschaftsleistung. Im Zuge der schrittweisen Lockerungen hat sich die wirtschaftliche Aktivität ausgehend von einem niedrigen Niveau in den Folgemonaten wieder rasch belebt. Diese Entwicklung betrifft sowohl die Industrie als auch viele Dienstleistungsbereiche. Die wirtschaftliche Erholung wird sich auch im weiteren Jahresverlauf fortsetzen, wenngleich in etwas moderaterem Tempo. Insgesamt rechnet die Bundesregierung für das laufende Jahr mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 5,8 % (Abbildung 1).

Abbildung 1: Bruttoinlandsprodukt – Interimsprojektion 2020 (Index (2010 = 100) Bild vergrößern

Abbildung 1: Bruttoinlandsprodukt – Interimsprojektion 2020 (Index (2010 = 100)

© Statistisches Bundesamt, Interimsprojektion 2020

Für das Jahr 2021 wird dann ein Wachstum der Wirtschaftsleistung von 4,4 % erwartet. Dies entspricht einem eher langsamen Erholungspfad: Erst zu Beginn des Jahres 2022 wird die wirtschaftliche Aktivität wieder auf ihrem Ausgangsniveau vor der Krise am Jahresende 2019 liegen.

Eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Erholung spielen die umfangreichen wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die Insolvenzen verhindern, Liquidität und Einkommen sichern und insbesondere Konjunktur- und Wachstumsimpulse setzen. Mit dem zweiten Nachtragshaushalt vom Juli 2020 stellt der Bund mehr als 100 Mrd. Euro für das Konjunktur- und Krisenbewältigungsprogramm bereit. Neben weiteren Maßnahmen zur Absicherung der Unternehmen (Überbrückungshilfen) werden durch umfangreiche Entlastungen Nachfrageimpulse gesetzt. Zentral ist hierbei die Absenkung des regulären Mehrwertsteuersatzes um drei Prozentpunkte bis Jahresende. Mit dem Zukunftspaket werden zudem langfristige Impulse für die Energiewende, die Digitalisierung und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit gesetzt. Gleichzeitig laufen viele der Maßnahmen zur Bekämpfung der ökonomischen Effekte der Pandemie weiter, insbesondere das Kurzarbeitergeld und der erleichterte Zugang zur Grundsicherung sowie die Kreditprogramme des Bundes.

Mit einem prognostizierten Rückgang der Wirtschaftsleistung von 5,8 % im laufenden Jahr wird die Rezession nicht ganz so tief wie noch in der Frühjahrsprojektion vom April erwartet (6,3 %). Maßgeblich für die Aufwärtsrevision der Projektion ist dabei die rasche wirtschaftliche Erholung nach dem tiefen Einbruch im April: Bereits im Mai und im Juni stieg die Industrieproduktion wieder kräftig an; die Einzelhandelsumsätze lagen sogar über dem Vorkrisenniveau. Entsprechend war die wirtschaftliche Ausgangslage für das dritte Quartal besser als vorausgesagt. Die positive Entwicklung dürfte sich auch im Verlauf des dritten Quartals fortsetzen, wenn auch in moderaterem Tempo. Dafür sprechen unter anderem die positiven Geschäftserwartungen der Unternehmer und der kontinuierliche Rückgang der Kurzarbeit. Die Senkung der Mehrwertsteuer und der Kinderbonus liefern zusätzliche Impulse zur Aktivierung der Binnennachfrage. In der Folge dürfte die Wirtschaft im dritten Quartal deutlich stärker wachsen, als im April prognostiziert.

Die Wachstumserwartungen für das Jahr 2021 wurden im Vergleich zur Frühjahrsprojektion etwas nach unten korrigiert (+4,4 % statt +5,2 %). Insbesondere die Entwicklung der Weltwirtschaft dürfte angesichts der weiteren globalen Ausbreitung der Pandemie noch länger gedämpft verlaufen. Aber auch im Inland ist nunmehr absehbar, dass Eindämmungsmaßnahmen und Verhaltensänderungen der Bürgerinnen und Bürger die wirtschaftliche Entwicklung in einigen Branchen (z. B. Gastronomie, Verkehr) nachhaltig einschränken werden.

Annahmen der Interimsprojektion 2020

In der vorliegenden Projektion wird nicht von weiteren Pandemiewellen ausgegangen, die einen erneuten nationalen Shutdown erfordern. Gleichzeitig treffen wir in der Projektion keine Annahme darüber, ob und wann bis zum Ende des Projektionshorizonts ein wirksames Medikament oder eine Impfung gegen SARS-CoV-2 in breiterem Umfang zum Einsatz kommen kann.

In Übereinstimmung mit Prognosen internationaler Organisationen wird für die Weltwirtschaft ein Rückgang in Höhe von 4,4 % in diesem Jahr und eine deutliche Erholung von 6,2 % im kommenden Jahr erwartet.

Für die Entwicklung des Ölpreises wird eine technische Annahme auf Basis von Terminnotierungen zum Zeitpunkt des Projektionsabschlusses getroffen. Demnach ist für das aktuelle Jahr von einem durchschnittlichen Rohölpreis für ein Fass der Sorte Brent von 44 US-Dollar auszugehen, im kommenden Jahr dürfte der Preis auf 48 US-Dollar leicht ansteigen.

Bei der Projektion wurden alle bereits beschlossenen wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen berücksichtigt. Dazu gehören auch die Ausgaben und Mindereinnahmen im Rahmen des Konjunktur- und Zukunftspakets.

Belebung der Weltwirtschaft in der zweiten Jahreshälfte

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben die Weltwirtschaft in eine schwere Rezession gestürzt. Der Einbruch spiegelt sich vor allem in dem von nationalen Shutdowns am härtesten getroffenen zweiten Quartal wider. So ging die Weltwirtschaftsleistung nach einem Minus von 2,9 % im ersten Quartal im zweiten Quartal noch einmal um 6,9 % zurück. Lediglich China konnte im zweiten Quartal wieder ein kräftiges Wachstum verzeichnen. Mit den Shutdowns kam es dabei neben direkten Effekten auf den Konsum auch zu Störungen der internationalen Lieferketten. Im Zuge der schrittweisen Lockerungen der Infektionsschutzmaßnahmen in vielen Ländern wird es in der zweiten Jahreshälfte zu einer moderaten Belebung der Weltwirtschaft kommen.

Im Jahresdurchschnitt 2020 wird in Anlehnung an die Prognosen internationaler Organisationen ein Rückgang der Weltwirtschaftsleistung in Höhe von 4,4 % erwartet. Im darauffolgenden Jahr dürfte es zu einem kräftigen Aufholprozess kommen; das globale Bruttoinlandsprodukt dürfte dann um 6,2 % zunehmen. Dabei bricht die Wirtschaft in den entwickelten Volkswirtschaften stärker ein als in den weniger entwickelten Ländern, und sie erholt sich dort im kommenden Jahr auch langsamer.

Stärker als die globale Wirtschaftsleistung ist der Welthandel von der Corona-Pandemie betroffen. Für diesen erwartet die Bundesregierung im laufenden Jahr einen Rückgang von 12,5 %. Dementsprechend dürften auch die deutschen Exporte deutlich um 12,1 % sinken. Die nicht ganz so stark einbrechende deutsche Binnennachfrage sorgt für eine etwas weniger rückläufige Importentwicklung. Dies führt im laufenden Jahr zu einem deutlich negativen Außenbeitrag (-2,3 Prozentpunkte). Gemeinsam mit den Primär- und Sekundäreinkommen ergibt sich im Saldo ein sinkender Leistungsbilanzüberschuss. Er sinkt von 7,1 % des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2019 auf 6,0 % im Jahr 2020.

Im Zuge der allmählichen Belebung des Welthandels rechnet die Bundesregierung dann für das kommende Jahr mit einem Wachstum der Exporte um 8,8 %. Insgesamt wird der deutsche Außenhandel am Ende des Jahres 2021 jedoch nicht das preisbereinigte Niveau vom Ende des Jahres 2019 erreicht haben.

Unsicherheit und Industrierezession dämpfen Investitionen

Die exportorientierte Industrie ist sehr kapitalintensiv, weshalb die Ausrüstungsinvestitionen eng mit der Entwicklung des außenwirtschaftlichen Umfelds sowie der Industriekonjunktur verknüpft sind.

Angesichts der Rezession im Verarbeitenden Gewerbe gingen die Investitionen in Ausrüstungen in der ersten Hälfte des laufenden Jahres deutlich zurück. Im Zuge der allmählichen Erholung des Welthandels rechnet die Bundesregierung ab dem zweiten Halbjahr mit einer leichten Belebung der Investitionstätigkeit. Wegen der nach wie vor bestehenden Unsicherheiten bezüglich der weiteren konjunkturellen Entwicklung im In- und Ausland dürfte diese Belebung aber deutlich moderater ausfallen als in früheren Phasen der wirtschaftlichen Erholung. Für das Gesamtjahr 2020 rechnet die Bundesregierung mit einem Rückgang der Ausrüstungsinvestitionen um 16,5 %. Mit einer Wachstumsrate von 12,0 % im Jahr 2021 wird aber zunächst nur ein Teil des Rückgangs wieder aufgeholt.

Die Bauwirtschaft zeigt sich der schwierigen Umstände zum Trotz sehr robust. Diese Resilienz hängt auch damit zusammen, dass dieNachfrage nach Bauinvestitionen durch das weiter bestehende Niedrigzinsumfeld und die darüber hinaus erhöhte Liquidität gestützt wird. Allerdings kann sich auch die Bauwirtschaft nicht ganz den Auswirkungen der Corona-Pandemie entziehen: Vor allem der Nichtwohnbau, der wesentlich stärker auf die konjunkturelle Entwicklung reagiert, dürfte bis zum Ende des Jahres stagnieren. Insgesamt rechnet die Bundesregierung im laufenden Jahr mit einem Wachstum der realen Bauinvestitionen um 3,8 %. Im kommenden Jahr dürfte sich diese Entwicklung fortsetzen, wenngleich mit niedrigerer Dynamik (+2,4 %). Der zunehmende Mangel an Fachkräften dürfte die Baupreise weiter treiben.

Im Ergebnis gehen die Bruttoanlageinvestitionen in diesem Jahr um 3,7 % zurück und werden im nächsten Jahr um 5,2 % ausgeweitet. Dabei wirkt eine kräftige Ausweitung der Investitionen von Bund und Ländern der Investitionszurückhaltung des Privatsektors entgegen: Allein im laufenden Jahr investiert die öffentliche Hand über 12 Mrd. Euro mehr als im Vorjahr.

In Kürze:

380.000 weniger Erwerbstätige für 2020 erwartet.

Trendwende am Arbeitsmarkt

Der Arbeitsmarkt wurde insbesondere in den Monaten März bis Mai hart getroffen. Die Erwerbstätigkeit ging in diesen Monaten saisonbereinigt um gut 700.000 Personen zurück, die Arbeitslosigkeit stieg um 600.000 Personen an. Die Entwicklungen am aktuellen Rand deuten jedoch nach diesem tiefen Einbruch auf eine vergleichsweise rasche Erholung hin: Die Arbeitslosigkeit geht bereits seit Juli saisonbereinigt leicht zurück, die Erwerbstätigkeit steigt und die Kurzarbeit ist rückläufig.

Diese Entwicklung wird sich auch im weiteren Jahresverlauf fortsetzen; insgesamt geht die Erwerbstätigkeit aber in diesem Jahr um 380.000 Personen zurück. Kurzfristig angelegte Beschäftigungsverhältnisse und Minijobs sind dabei vom Rückgang überproportional betroffen, hier gibt es keine Stabilisierung durch Kurzarbeit. Im kommenden Jahr rechnet die Bundesregierung mit einer Zunahme der Erwerbstätigkeit um 190.000 Personen.

Die Arbeitslosigkeit dürfte im laufenden Jahr um 425.000 Personen ansteigen. Dabei wird einerseits die konjunkturell bedingte Anzahl der Empfänger von Arbeitslosengeld aus dem Bereich des SGB III steigen. Durch die Erleichterung des Zugangs zur Grundsicherung wird aber auch die SGB-II-Arbeitslosigkeit zunehmen. Im Zuge der wirtschaftlichen Erholung rechnet die Bundesregierung im kommenden Jahr mit einem Rückgang der Arbeitslosigkeit um 160.000 Personen.

Bei der Einschätzung der Arbeitsmarktentwicklung kommt der Kurzarbeit eine wichtige Rolle zu. Sie erreichte mit knapp 6 Millionen Personen ihren Höchststand im April und konnte viele Entlassungen verhindern. Angesichts der deutlichen Abnahme der Anmeldungen von Kurzarbeit (siehe Abbildung 2) dürften im weiteren Jahresverlauf sowohl die Anzahl der Personen in Kurzarbeit sowie der durchschnittliche Arbeitsausfall weiter deutlich zurückgehen – im Jahresdurchschnitt werden rund 2,5 Millionen Personen in Kurzarbeit sein.

Abbildung 2: Personen in Anzeigen für Kurzarbeit Bild vergrößern

Abbildung 2: Personen in Anzeigen für Kurzarbeit

© Macrobond

Gedämpfte Inflation durch niedrige Ölpreise

Für das laufende Jahr erwartet die Bundesregierung nur eine niedrige Inflationsrate in Höhe von 0,6 %. Im Verlauf des Frühjahrs hat sich der Anstieg der Verbraucherpreise spürbar abgeschwächt. Der Grund hierfür war der Corona-bedingte deutliche Rückgang des Rohölpreises am Weltmarkt, der durch einen Förderwettbewerb zwischen Russland und Saudi-Arabien temporär noch verstärkt wurde. Auch wenn sich der Rohölpreis inzwischen wieder etwas erholt hat, dürfte er laut den Öl-Futures nur allmählich wieder ein höheres Niveau erreichen und zum Auftrieb der Verbraucherpreise beitragen. Mit der Senkung der Mehrwertsteuer zur Jahresmitte kommt in der zweiten Hälfte des laufenden Jahres ein weiterer stark preisdämpfender Faktor zum Tragen.

Für das nächste Jahr wird nach Auslaufen des Rohölpreiseffekts und angesichts der Rücknahme der Mehrwertsteuersenkung wieder mit einem stärkeren Anstieg der Verbraucherpreise um 1,3 % gerechnet. Die Kerninflation, also die Entwicklung der Verbraucherpreise unter Ausschluss der volatilen Energie- und Lebensmittelpreise, steigt in den Jahren 2020 und 2021 um 1,0 % bzw. 1,3 %.

Rückläufige Einkommen belasten den Konsum

Die Bundesregierung rechnet damit, dass die Effektivlöhne je Arbeitnehmer im laufenden Jahr nach langer Zeit erstmals wieder sinken (-0,7 %). Dies hat zwei Gründe: Angesichts der konjunkturellen Situation und der vergleichsweise schlechten Lage auf dem Arbeitsmarkt dürften die Tarifparteien sich lediglich auf geringe Lohnsteigerungen einigen. Daneben spielt aber auch der massive Einsatz von Kurzarbeit eine wichtige Rolle, der die Lohnentwicklung dämpft.

Aufgrund des Rückgangs der Erwerbstätigkeit sinkt die Lohnsumme mit -1,1 % stärker als die dazugehörige Pro-Kopf-Größe. Im nächsten Jahr werden die Bruttolöhne und -gehälter dafür aber mit 3,2 % kräftig aufholen.

Das Kurzarbeitergeld sichert einen Teil der entgangenen Einkommen und stabilisiert die verfügbaren Einkommen. Dies führt zu einer kräftigen Ausweitung der monetären Sozialleistungen im laufenden Jahr (+10,1 %). Insgesamt gehen die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte in diesem Jahr um 2,8 % zurück und erholen sich im kommenden Jahr mit einem Wachstum von 1,8 %.

Der Shutdown hat die Konsummöglichkeiten der privaten Haushalte vor allem im zweiten Quartal stark eingeschränkt. In der Folge ging der Konsum um über 10 % zurück, gleichzeitig stieg die Sparquote deutlich an. Im weiteren Prognosezeitraum wird der private Konsum wieder ausgeweitet werden und sich das Sparen der Bürger wieder kontinuierlich normalisieren, da mit dem Einsetzen der Lockerungen wieder ein Großteil der Konsummöglichkeiten gegeben ist.

Tabelle 1: Gesamtwirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland (Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent, soweit nicht anders angegeben)

Tabelle 1: Gesamtwirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland (Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent, soweit nicht anders angegeben)

© Statistisches Bundesamt, Interimsprojektion 2020

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Dabei geht die Bundesregierung davon aus, dass auch nachhaltige Verhaltensänderungen im Konsum, wie etwa der Verzicht auf Auslandsreisen, nicht zu einer dauerhaft höheren Sparneigung bei den Verbrauchern führt, sondern eher zu Substitutionseffekten. Die Senkung der Mehrwertsteuer und der Kinderbonus liefern zusätzliche Impulse für die Aktivierung der Binnennachfrage.

Im Jahresdurchschnitt dürfte der reale private Konsum dennoch um 6,9 % zurückgehen, bevor er sich im Jahr 2021 mit einem Wachstum von 4,7 % wieder deutlich erholt.

Deutsche Wirtschaft stark unterausgelastet

Die Projektion der wirtschaftlichen Entwicklung in der mittleren Frist, d. h. für die Jahre 2022 bis 2024, orientiert sich an den strukturellen Wachstumsmöglichkeiten der deutschen Volkswirtschaft. Das Produktionspotenzial beschreibt die wirtschaftliche Aktivität einer Volkswirtschaft bei Normalauslastung der Produktionsfaktoren. Grundsätzlich ist zwar davon auszugehen, dass nach einem Schock wie der Corona-Pandemie die Wirtschaft mittelfristig wieder zum Potenzialpfad zurückkehrt. Der Potenzialpfad ist allerdings selbst durch die Krise beeinflusst, da trotz aller Hilfsmaßnahmen auch mit strukturellen Veränderungen (z. B. Unternehmensinsolvenzen) zu rechnen ist. Das Potenzialwachstum liegt im Jahr 2020 bei 1,0 %, im Jahr 2021 bei 1,1 %. Dies ist merklich niedriger als noch bei der Jahresprojektion im Januar berechnet, aber leicht höher im Vergleich zur Frühjahrsprojektion im April. Zum Ende des Projektionszeitraums im Jahr 2024 sinkt die Potenzialwachstumsrate auf 0,8 %. Hier macht sich insbesondere der Rückgang des Arbeitskräftepotenzials aufgrund des demographischen Wandels bemerkbar.
Der Vergleich des Produktionspotenzials mit dem BIP zeigt, dass der Corona-bedingte Wachstumseinbruch im Jahr 2020 zu einer deutlichen Unterauslastung der deutschen Wirtschaft führt. Sie spiegelt sich in einer negativen Produktionslücke (BIP abzüglich Produktionspotenzial) von -5,0 % des Produktionspotenzials wider. Die wirtschaftliche Erholung ab dem Jahr 2021 verringert die Produktionslücke im Jahr 2021 auf -1,9 % des Produktionspotenzials. Zum Ende des mittelfristigen Projektionszeitraums wird die technische Annahme getroffen, dass sich die Produktionslücke schließt, so dass im Jahr 2024 das BIP dem Produktionspotenzial entspricht.

In Kürze:

Unternehmens-Insolvenzen werden die Wachstumsmöglichkeiten dämpfen.

Chancen und Risiken

Der Erholungsprozess in Deutschland dürfte angesichts des Pandemieverlaufs in wichtigen Handelspartnerländern nur langsam voranschreiten und eine Zeit lang andauern. In der vorliegenden Projektion wird aber nicht von weiteren Pandemie-
wellen in Deutschland ausgegangen, die einen erneuten nationalen Shutdown erfordern. Gleichzeitig treffen wir in der Projektion keine Annahme darüber, ob und wann bis zum Ende des Projektionshorizonts ein wirksames Medikament oder eine Impfung gegen SARS-CoV-2 in breiterem Umfang zum Einsatz kommen kann.

Neben den Unwägbarkeiten bezüglich des Pandemieverlaufs besteht das Risiko, dass Unternehmen trotz der in vielen Ländern ergriffenen Stützungsmaßnahmen in Liquiditätsschwierigkeiten geraten. Auch die Risiken, die aus der globalen Konjunktur erwachsen, einschließlich der Risiken für die Stabilität der globalen Finanzmärkte, haben sich im Zuge der Corona-Krise weiter erhöht. Weitere Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung ergeben sich aus den Modalitäten in Bezug auf den Austritt Großbritanniens aus der EU sowie die weiterhin schwelenden Handelskonflikte zwischen den USA und China.

Kontakt:

Referat: Beobachtung, Analyse und Projektion der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
schlaglichter@bmwi.bund.de