Das Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket der Bundesregierung

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Am 3. Juni 2020 hat der Koalitionsausschuss ein Konjunktur- und Zukunftspaket von historischem Umfang beschlossen. Mit rd. 130 Mrd. Euro übertrifft es sogar deutlich die Konjunkturmaßnahmen, die 2008 und 2009 infolge der Finanzkrise auf den Weg gebracht worden waren und sich auf ca. 100 Mrd. Euro beliefen.

Das Paket baut auf bestehenden Hilfsprogrammen auf und unterstützt Unternehmen gezielt mit Liquidität sowie durch zusätzliche Entlastungen. Zudem stärkt es zeitnah die Nachfrage und setzt konjunkturelle Impulse. Das „richtige Timing“ spielt für die Wirksamkeit dieses Konjunkturimpulses eine wichtige Rolle. Der Zeitpunkt ist günstig. Kontaktbeschränkungen konnten dank eines ausreichend verlangsamten Pandemieverlaufs in den letzten Wochen sukzessive gelockert werden, und das öffentliche Leben nimmt langsam wieder Fahrt auf. Gezielte finanzielle Konjunkturimpulse setzen Anreize, um private Konsumausgaben und Investitionen zu beschleunigen und auf den Zeitraum bis 2021 vorzuziehen. Damit soll eine hohe und kurzfristige Multiplikatorwirkung für Wachstum und Beschäftigung erreicht werden.

Das Programm enthält auch eine starke investive Komponente. Damit wird die mittelfristige Wettbewerbsfähigkeit gesichert und ein nachhaltiger Wachstumspfad in Deutschland angestrebt. Zentraler Bestandteil ist die Förderung von mittel- und langfristigen Investitionen in wichtige Zukunftsbereiche wie Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Wasserstofftechnologien sowie die Transformation des Energie- und Mobilitätssektors.

Tabelle 1 bietet einen Überblick über die Struktur des Pakets. Nahezu zu gleichen Teilen verteilt sich das Gesamtvolumen auf fünf Bereiche: Existenzsicherung, Entlastungen von Steuern und Abgaben, Nachfragestimulierung, private und öffentliche Investitionen (jeweils rund 30 Mrd. Euro). Für die Entlastungen der Kommunen setzt der Bund zusätzlich rund 10 Mrd. Euro ein. Das Gesamtvolumen für die Jahre 2020 und 2021 umfasst 130 Mrd. Euro. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass ein Teil der Maßnahmen über 2021 hinaus wirkt und entsprechend weiterfinanziert werden muss. Bei einigen Maßnahmen wird erst im Rahmen der konkreten Umsetzung der exakte Finanzrahmen festgelegt werden können.

Tabelle 1 : Übersicht über die Struktur des Konkunktur- und Krisenbewältigungspakets

Tabelle 1 : Übersicht über die Struktur des Konkunktur- und Krisenbewältigungspakets

In Kürze:
Investitionen in Zukunftsbereiche wie Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Wasserstofftechnologien und den Umbau des Energie- und Mobilitätssektors

Maßnahmen zur Existenzsicherung in der Krise

Um die Substanz unserer Volkswirtschaft zu erhalten, wird die Bundesregierung wirtschaftliche Existenzen sichern und gesunden Unternehmen über die Corona-Phase hinweghelfen. Ein zentraler Baustein aus Sicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) sind die Überbrückungshilfen mit einem Gesamtvolumen von bis zu 25 Mrd. Euro. Die Bundesregierung zahlt kleinen und mittleren Unternehmen im Zeitraum Juni bis August einen Zuschuss zur Deckung ihrer fixen Betriebskosten, sofern diese von starken Umsatzeinbrüchen betroffen sind. (www.bmwi.de/eckpunkte-ueberbrueckungshilfe) Die Verlängerung des vereinfachten Zugangs zur Grundsicherung und finanzielle Anreize zur Sicherung von Ausbildungsplätzen schaffen zusätzliche Sicherheit in dieser Krise.

Entlastungen von Unternehmen und Haushalten

Trotz der umfangreichen Zuschussprogramme müssen viele Unternehmen aufgrund von Umsatzeinbußen ihre Reserven abschmelzen und Kredite aufnehmen. Um der Wirtschaft für den Neustart mehr finanziellen Freiraum zu verschaffen, hat der Koalitionsausschuss ein ganzes Bündel an Entlastungsmaßnahmen im Gesamtvolumen von rd. 13,5 Mrd. Euro beschlossen.

Die zeitlich befristete Erweiterung der steuerlichen Verlustrücktragsmöglichkeiten, die einmalige Verschiebung der Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer auf den 26. des Folgemonats sowie die Einführung einer degressiven Abschreibung für Abnutzung (AfA) auf bewegliche Wirtschaftsgüter in den Jahren 2020 und 2021 verschaffen Unternehmen zeitnah zusätzliche Luft. Darüber hinaus entlastet die Einführung eines Optionsmodells bei der Körperschaftsteuer die Unternehmen auch mittelfristig. Hierdurch können Personengesellschaften steuerlich wie Körperschaften behandelt werden.

Zudem hat die Bundesregierung Leitplanken für die Begrenzung von Belastungen gesetzt und schafft so Planungssicherheit. Von der Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge bei maximal 40 Prozent und der EEG-Umlage bei maximal 6,5 ct/kWh im Jahr 2021 und maximal 6,0 ct/kWh im Jahr 2022 profitieren nicht nur die Unternehmen, sondern auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die privaten Haushalte. Dafür werden insgesamt öffentliche Finanzmittel von rd. 16 Mrd. Euro eingesetzt.

Stimulation der Nachfrage

Neben den pandemiebedingten Schutzauflagen haben auch Einkommensrückgänge durch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit sowie die Unsicherheit über die weitere Entwicklung den Konsum weltweit geschwächt.

Um die Binnennachfrage in der Breite zu stärken, senkt die Bundesregierung die Mehrwertsteuer ab Juli temporär bis Ende des Jahres 2020 auf 16 Prozent bzw. 5 Prozent für den ermäßigten Steuersatz. Zusätzlich erhalten Familien zeitnah einen einmaligen Kinderbonus von 300 Euro für jedes kindergeldberechtigte Kind, und der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von bisher 1.908 Euro wird für die Jahre 2020 und 2021 auf 4.000 Euro angehoben. Zuvor wurde bereits die Mehrwertsteuer für Speisen im Gastronomiegewerbe ab dem 1. Juli für ein Jahr von 19 Prozent auf 7 Prozent gesenkt. Diese Maßnahmen addieren sich zu einem Konsumimpuls von rd. 27 Mrd. Euro. In einzelnen Sektoren werden Kaufimpulse gesetzt, die gleichzeitig eine Lenkungswirkung hin zu zukunftsfähigen Technologien entfalten können. So wird im Automobilsektor die Umweltprämie für den Kauf von Elektrofahrzeugen bis Ende 2021 verdoppelt.

In Kürze:
Von Juli bis zum Jahresende 2020 senkt die Bundesregierung die Mehrwertsteuer auf 16 % bzw. 5 % für den ermäßigten Steuersatz.
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Investitionen zur Stärkung von Zukunftsbereichen und von neuen Technologien

Investitionen öffentlicher und privater Akteure sind auf dem Weg aus der Krise von zentraler Bedeutung. Sie spiegeln die Erwartung auf künftige Einkommens- und Beschäftigungschancen wider, stärken die wirtschaftliche Substanz und sichern die Erneuerung der Wirtschaft. Die durch die Bundesregierung gesetzten Anreize sorgen bereits kurzfristig für hohe inländische Multiplikatoreffekte und einen starken Konjunkturimpuls der eingesetzten öffentlichen Mittel. Langfristig verbessern diese die Wettbewerbsfähigkeit und erhöhen das Produktionspotential unserer Volkswirtschaft.

Die Bundesregierung unterstützt gezielt private Investitionen. Die Ausweitung der steuerlichen Forschungszulage fördert private Investitionen auf breiter Front. Zusätzlich wird ein besonderes Augenmerk auf die Zukunftsfelder Digitalisierung, Mobilität, Energiewende und Klimaschutz gerichtet.

Wichtige Schwerpunkte im Bereich Digitalisierung sind die Förderung der Künstlichen Intelligenz und des Quantencomputings. Zudem treibt die Bundesregierung den Ausbau notwendiger Infrastruktur durch zusätzliche Mittel für den Breitbandausbau, Mobilfunk für Schienennetze und ein flächendeckendes 5G-Netz voran. Flankiert werden diese Mittel durch erweiterte Abschreibungsmöglichkeiten für digitale Wirtschaftsgüter und Programme zur weiteren Digitalisierung von Unternehmen und Verwaltung.

Für das Zukunftsfeld Mobilität stellt die Bundesregierung zusätzliche Mittel für Forschung in der Fahrzeugzulieferindustrie sowie im Bereich der Elektromobilität und der Batteriezellfertigung bereit. Zielgerichtete Flottenaustauschprogramme und eine Ausweitung der Ladesäuleninfrastruktur erleichtern den Wechsel auf emissionsärmere Fahrzeuge. Gezielte industriepolitische Anreize in neue Technologien werden auch durch Innovationsförderung in der Schifffahrt und bei Flugzeugen gesetzt.

Herzstück der Maßnahmen im Energiebereich ist die nationale Wasserstoffstrategie einschließlich des Aufbaus außenwirtschaftlicher Partnerschaften für diesen Zweck. Weiterhin stockt die Bundesregierung das erfolgreiche CO2-Gebäudesanierungsprogramm auf und weitet die projektbezogene Forschung im Energiebereich aus (u. a. Digitalisierung und Reallabore der Energiewende). Diese gesamten privaten Investitionsanreize umfassen über den Zeitraum von 2020 bis 2022 ein Volumen von rund 35 Mrd. Euro.

Sinnvoll ergänzt werden die Impulse im privaten Bereich mit der Ausweitung öffentlicher Investitionen in wichtige Zukunftsbereiche. Die Bundesregierung zieht bereits geplante Investitionen vor und nimmt eine Mittelaufstockung für die Deutsche Bahn vor. Auch die Digitalisierung der eigenen Verwaltung treibt die Bundesregierung mit einer umfassenden Registermodernisierung und der zügigen Umsetzung des Online-Zugangs-gesetzes weiter voran. Um die dringend erforderliche Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur auf allen staatlichen Ebenen zu beschleunigen, werden die Konditionen der Förderprogramme des Bundes attraktiver gestaltet, Mittel temporär aufgestockt und die Ausrichtung auf Klimaschutz und moderne Mobilität gestärkt. Mit zeitweisen Erleichterungen des Vergaberechts soll zudem gewährleistet werden, dass die öffentliche Hand noch schneller und effizienter investieren kann.

Darüber hinaus trägt die Aufstockung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) zur Erreichung des langfristigen Ziels vergleichbarer Lebensverhältnisse in den Regionen bei. Die gesamten Maßnahmen, mit denen Länder und Kommunen finanziell unterstützt werden, umfassen ein Finanzvolumen von rd. 10 Mrd. Euro.

Um zukünftig einen erneuten Shutdown der Wirtschaft zu vermeiden, ohne dabei die Gesundheit der Bevölkerung zu gefährden, stärkt die Bundesregierung das Gesundheitssystem. Sie investiert hier mit dem „Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst“, dem „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“ sowie Förderungen für die inländische Medizinproduktion, Impfstoffentwicklung, Schutzausrüstungsreserven und humanitäre Hilfe. Mit der Bereitstellung weiterer Mittel für Kindertagesstätten, Ganztagsschulen und Sportstätten stärkt die Bundesregierung zudem das Bildungssystem und die Lebensqualität in Deutschland.

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Entlastung der kommunalen Ebene

Der finanzielle Spielraum einiger Kommunen war bereits vor der Corona-Pandemie eng bemessen und wird sich durch die Krise in vielen Regionen weiter verringern. Kommunale Infrastrukturen und Dienstleistungen sind jedoch wesentliche Voraussetzungen für die mittelfristige Wirksamkeit der Konjunktur- und Krisenbewältigungsmaßnahmen und auch ein großer Teil der öffentlichen Investitionen liegt letztendlich in kommunaler Verantwortung. Der Bund wird die Kommunen daher dauerhaft durch die Übernahme von zusätzlichen 25 Prozent der Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) finanziell entlasten (Volumen: 4 Mrd. Euro p.a.). Dies betrifft auch solche Kommunen, die zugleich eine hohe Verschuldung aufweisen. Zusätzlich werden die Kommunen für den Ausfall der Gewerbesteuereinnahmen während der Corona-Krise jeweils zur Hälfte von Bund und den Ländern kompensiert. Dies schafft substanzielle Spielräume für wichtige kommunale Zukunftsinvestitionen in Digitalisierung, Bildung und Verkehrsinfrastruktur. Kommunale Unternehmen erhalten zudem einen besseren Zugang zum KfW-Förderkredit „IKU – Investitionskredit Kommunale und Soziale Unternehmen“.

In Kürze:
Kommunale Infrastrukturen und Dienstleistungen sind wesentliche Voraussetzungen für die mittelfristige Wirksamkeit der Maßnahmen.

Ausblick

Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet, so dass wir die Kosten eines so umfangreichen Pakets schultern können. Wesentlich ist jetzt eine rasche Umsetzung der Beschlüsse. Dies ermöglicht eine zeitnahe Rückkehr zu einem stabilen Wachstum und damit auch die zügige Rückführung der Schulden. Der Umsetzungsprozess, insbesondere die Änderungen im Steuerrecht, und die Verabschiedung eines weiteren Nachtragshaushalts 2020, ist in vollem Gange. Ziel ist es, diesen noch vor der parlamentarischen Sommerpause abzuschließen. Maßnahmen zur Liquiditätssicherung und zur Konsumbelebung werden ihre Wirksamkeit schon in der zweiten Jahreshälfte 2020 entfalten. Dies eröffnet neue Spielräume für Investitionen und Beschäftigungsaufbau. Das umfangreiche Zukunftspaket zur Investitionsförderung trägt ab 2021 zu einem breiten Wachstum bei. Allerdings sind in der Krise insbesondere die Sozialsysteme stark belastet. Umso wichtiger wird es sein auch die vor der Krise bereits erkannten notwendigen Reformen zur Verbesserung der Strukturen des Sozialsystems aktiv anzugehen und so eine übermäßige Belastung nachfolgender Generationen zu vermeiden. Das BMWi wird die Umsetzung und die Wirkung der Einzelmaßnahmen laufend beobachten und bewerten. Mit Blick auf mögliche zukünftige Krisen und angesichts der historischen Dimension des Pakets wird das BMWi die Wirkung der Maßnahmen möglichst frühzeitig eingehend evaluieren.

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Kontakt:
Dr. Verena Lauber, Dr. Lisa Oberländer, Dr. David Büttner
Referat: Finanzpolitik und konjunkturpolitische Koordinierung
schlaglichter@bmwi.bund.de