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03.09.2019 - Online-Version - Schlaglichter der Wirtschaftspolitik

I. Wirtschaftspolitische Themen und Analysen

Einleitung

Auf einen Blick

Aufruf für eine zukunftsorientierte EU-Mittelstandspolitik

Das Netzwerk der europäischen Botschafter für Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) hat einen Aufruf für eine zukunftsorientierte EU-Mittelstandspolitik erarbeitet. In diesem fordert es die EU-Institutionen dazu auf, einen neuen politischen Rahmen für mittelständische Unternehmen in der EU zu schaffen.

Metallkugeln

© iStock.com/onurdongel


Das Netzwerk der KMU-Botschafter (das sogenannte SME Envoys Network) hat auf deutsche Initiative einen Aufruf für eine zukunftsorientierte EU-Mittelstandspolitik erarbeitet.

Das Netzwerk der KMU-Botschafter ist eine seit 2011 bestehende hochrangige Expertengruppe der Europäischen Kommission, die sich aus den KMU-Botschaftern der Mitgliedstaaten und Vertretern der wichtigsten europäischen Dachverbände der Wirtschaft zusammensetzt. Den Vorsitz führt die derzeitige EU-Kommissarin für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU, Elżbieta Bieńkowska. Deutschland wird vertreten durch die Abteilungsleiterin Mittelstandpolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Dr. Sabine Hepperle.

Mit seinem „Call of the SME Envoys Network for a vigorous and forward-looking EU policy for small businesses“ vom Juli 2019 möchte das Netzwerk der KMU-Botschafter frühzeitig Akzente für eine vitale und zukunftsorientierte EU-Mittelstandspolitik setzen. Hiermit soll den sich neu bildenden Institutionen – Europäisches Parlament und Europäische Kommission – auch ein deutliches Signal für die gerade begonnene Legislatur gesendet werden.

Die wesentliche Forderung des Netzwerks ist die Schaffung eines modernen politischen Rahmens für mittelständische Unternehmen in der EU – aufbauend auf dem „Small Business Act“ aus dem Jahr 2008 und seither gemachten Erfahrungen. Die Empfehlungen für diesen neuen politischen Rahmen konzentrieren sich auf folgende Bereiche:

  1. Think small first“-Prinzip und bessere Rechtsetzung,
  2. Unternehmertum und Innovation,
  3. Fachkräftesicherung und Digitalisierung,
  4. Zugang zu Finanzierung,
  5. Marktzugang (Binnenmarkt, internationale Märkte).

Die rund 23 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen in Europa spielen eine Schlüsselrolle für Innovationen, Beschäftigung und inklusives Wachstum. Deshalb gilt es, KMU und ihre Bedürfnisse in allen Politikbereichen mitzudenken – dies ist mit dem Leitgedanken „Think small first“ oder „Vorfahrt für KMU“ gemeint. Konkrete Bürokratieabbauziele auch auf Ebene der EU-Kommission, Regulierung mit Augenmaß – beispielsweise im Beihilfe- oder im Bankenbereich – sowie die Förderung von Unternehmertum und grenzüberschreitenden Gründungsökosystemen sind nur einige der Vorschläge des Netzwerks, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für mittelständische Unternehmen in Europa zu verbessern. Bei der Digitalisierung kann eine europaweite Dateninfrastruktur den Mittelstand dabei unterstützen, neue digitale Plattformen erfolgreich zu etablieren.

Außerdem fordert das Netzwerk der KMU-Botschafter die Europäische Kommission dazu auf, die EU-Mittelstandspolitik in ihrer künftigen Organisation angemessen zu berücksichtigen. Zudem wirbt es für eine verbesserte öffentliche Kommunikation mittelstandsspezifischer Angebote, Maßnahmen und Informationen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird sich auf europäischer und internationaler Ebene auch weiterhin für zukunftsorientierte, mittelstandsfreundliche Rahmenbedingungen einsetzen. Dazu sprechen wir aktiv die neue EU-Kommission und die Abgeordneten des Europäischen Parlaments an.

Wie es mittelstandsfreundliche Rahmenbedingungen auf nationaler Ebene gestaltet, lesen Sie ab Seite 12 in den „Eckpunkten der Mittelstandsstrategie“.

Sie können den Aufruf des Netzwerks der europäischen KMU-Botschafter unter folgendem Link abrufen: https://bit.ly/2LWel0O.

Nähere Informationen zum Netzwerk der europäischen KMU-Botschafter finden Sie unter: https://bit.ly/2GS5PxM.

Kontakt: Marion Lemgau
Referat: Grundsatzfragen der nationalen und europäischen Mittelstandspolitik

Neue Regeln für Ökodesign und Energielabel

Energieverbrauchskennzeichnungen und ökologisches Produktdesign sind wichtige Instrumente der Energie- und Klimapolitik. Im Winterhalbjahr 2018/2019 wurde auf europäischer Ebene das bisher größte Maßnahmenpaket zu Ökodesign und zum Energielabel verhandelt. Es soll noch in diesem Herbst in Kraft treten.

Die neuen Anforderungen für die verhandelten Produktgruppen (siehe Kasten) gelten überwiegend ab dem 1. März 2021. Zu diesem Zeitpunkt wird auch das neue Energielabel für Verbraucherinnen und Verbraucher erstmalig im Handel sichtbar sein. Die Europäische Kommission schätzt, dass mit den Neuregelungen ab dem Jahr 2030 europaweit jährlich Energie im Umfang von knapp 260 Terawattstunden eingespart werden kann. Damit leistet das Ökodesign einen wichtigen Beitrag, um die europäischen Klimaziele zu erreichen. Gleichzeitig können die deutschen Hersteller die neuen Standards mit vertretbarem Aufwand umsetzen.

Impulse für Energieeinsparungen, Reparierbarkeit und Ressourceneffizienz

In den Verhandlungen spielten auch die Einführung von Anforderungen an die Reparierbarkeit von Elektrogeräten, insbesondere bei weißer und brauner Ware, sowie die Ressourceneffizienz eine herausgehobene Rolle. Neben zum Teil verschärften Vorgaben für Energieeffizienz müssen Hersteller demnach zukünftig wesentliche Ersatzteile vor halten. Diese müssen mit gewöhnlich verfügbaren Werk zeugen ausgetauscht werden können. Darüber hinaus sollen Hersteller die zur Reparatur notwendigen Informationen zur Verfügung stellen.

Deutschland konnte in den Verhandlungen mit seinem Konzept überzeugen, das bei den vorzuhaltenden Ersatzteilen zwischen der Verfügbarkeit für Verbraucherinnen und Verbraucher einerseits und für Fachleute andererseits unterscheidet. Dies soll Verbraucherinnen und Verbrauchern verstärkt die Möglichkeit geben, bei ihren elektrischen Produkten einfach auszutauschende Teile selbst zu ersetzen, sie zugleich aber auch vor mit schwierigeren Reparaturen verbundenen Gefahren schützen.

Die Anforderungen bei der Ressourceneffizienz wurden angemessen weiterentwickelt. Von Vorgaben, die die Marktüberwachungsbehörden nicht mehr oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand überprüfen könnten (etwa grammgenaue Angaben enthaltener kritischer Rohstoffe), wurde dabei abgesehen.

Neu geregelte Produktgruppen

Neu geregelte Produktgruppen

Eine weitere wichtige Neuerung ist der Austausch von Halogenlampen durch wesentlich effizientere LED-Lampen. Nach Berechnungen der Europäischen Kommission könnten allein dadurch ab 2030 europaweit jährlich bis zu 42 Terawattstunden Energie eingespart werden. Dabei wurde für die am weitesten verbreiteten Lampentypen eine Übergangsfrist bis September 2023 festgeschrieben, um eine ökonomisch und ökologisch vertretbare Umstellung zu gewähr leisten.

Neues Energielabel: mehr Klarheit für Verbraucherinnen und Verbraucher

In den Beratungen zum zukünftigen Energielabel hat sich Deutschland erfolgreich dafür eingesetzt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher möglichst aussagekräftige Angaben erhalten. Damit soll ihnen die Entscheidung für energieeffiziente Produkte erleichtert werden. In den Produktgruppen der weißen und braunen Ware sowie bei den Beleuchtungsmitteln beginnt mit dem neuen Energielabel auch der Umstieg von den bisherigen A+++-Klassen zurück zu einer mit A bis G abgestuften Kennzeichnung. Durch ein neues Design soll es dabei dem Handel und den Verbraucherinnen und Verbrauchern erleichtert werden, das neue vom alten Label zu unterscheiden. Das neue Design geht dabei im Wesentlichen auf deutsche Vorschläge zurück. Die Angabe der Effizienzklasse wird zukünftig in der Werbung, sowohl in Printmedien wie auch im Internet, deutlicher und größer gezeigt. Ebenso ist das Energielabel auf Messen für alle verkaufsbereiten Produkte zu präsentieren.

Insgesamt konnte Deutschland in den Verhandlungen rund um Ökodesign und Energielabel zukunftsweisende Impulse setzen: Sie leisten absehbar einen Beitrag, den Energie- und Ressourcenverbrauch zu senken, und auch die Interessen von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie Unternehmen wurden berücksichtigt.

Kontakt: Sascha Neuendorf, Agnetha Mey
Referat: Industriepolitische Aspekte der Energieversorgung, Energiebesteuerung, Ökodesign

Wirtschaftspolitische Termine des BMWi

September 2019
05.09.Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe (Juli)
06.09.Produktion im Produzierenden Gewerbe (Juli)
13.09.Pressemeldung des BMWi zur wirtschaftlichen Lage
13.09.Eurogruppe (Helsinki, Finnland)
13./14.09.Informeller ECOFIN (Helsinki, Finnland)
24.09.Energieministerrat
26./27.09.WBF-Rat
Ende September 2019Schlaglichter (Newsletter und Veröffentlichung auf Website)
Oktober 2019
07.10.Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe (August)
08.10.Produktion im Produzierenden Gewerbe (August)
09./10.10.Eurogruppe/ECOFIN
14.10.Pressemeldung des BMWi zur wirtschaftlichen Lage
Ende Oktober 2019Schlaglichter (Newsletter und Veröffentlichung auf Website)
November 2019
01.11.Amtsantritt neue EU-Kommission
06.11.Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe (September)
07.11.Produktion im Produzierenden Gewerbe (September)
07./08.11.Eurogruppe/ECOFIN
14.11.Pressemeldung des BMWi zur wirtschaftlichen Lage
21.11.Handelsministerrat
28./29.11.WBF-Rat
Ende November 2019Schlaglichter (Newsletter und Veröffentlichung auf Website)

In eigener Sache: Die „Schlaglichter“ als Email-Abonnement

Der Monatsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie ist nicht nur als Druckexemplar, sondern auch im Online-Abo als elektronischer Newsletter verfügbar. Sie können ihn unter der nachstehenden Internet-Adresse bestellen: www.bmwi.de/abo-service

Darüber hinaus können auf der Homepage des BMWi auch einzelne Ausgaben des Monatsberichts sowie Beiträge aus älteren Ausgaben online gelesen werden: www.bmwi.de/schlaglichter

Grafik des Monats

Unbekannte Weltmarktführer – ein deutsches Phänomen

Grafik übersetzt aus Graffenberger, Martin/Vonnahme, Lukas/Brachert, Matthias/Lang, Thilo (2019)

Grafik übersetzt aus Graffenberger, Martin/Vonnahme, Lukas/Brachert, Matthias/Lang, Thilo (2019): Broadening perspectives: innovations outside of agglomerations. In: Innovation-based regional change in Europe: chances, risks and policy implications. Stuttgart: Fraunhofer Verlag, Seite 47-68. Hermann Simon.

© Grafik übersetzt aus Graffenberger, Martin/Vonnahme, Lukas/Brachert, Matthias/Lang, Thilo (2019)


Hidden Champions“ im internationalen Vergleich und in Deutschland

Hidden Champions sind hochspezialisierte, meist inhabergeführte Weltmarktführer in Nischenmärkten. In der Öffentlichkeit sind sie dennoch oft kaum bekannt. Verglichen mit anderen Industrieländern gibt es in Deutschland deutlich mehr solcher Firmen. Auffällig bei der Verteilung der Weltmarktführer innerhalb Deutschlands ist zudem ihre Konzentration auf den ländlichen Raum Baden-Württembergs, Südhessens sowie Teile Bayerns und Nordrhein-Westfalens sowie außerdem die Ballung in Großstädten.

Weiterführende Informationen

Überblick über die wirtschaftliche Lage

  • Die gesamtwirtschaftliche Wirtschaftsleistung hat sich im zweiten Quartal geringfügig abgeschwächt. Das globale wirtschaftliche Umfeld mit Handelskonflikten, Brexit und geopolitischen Krisen dämpft den Welthandel und die Weltkonjunktur. Dies trifft die deutsche Industrie. Die Binnenkonjunktur zeigt sich aber robust.
  • Die Produktion im Produzierenden Gewerbe ist im Juni zurückgegangen. Im Quartalsvergleich ergeben sich für alle Bereiche Verluste. Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe sind trotz des Zuwach ses im Juni im Quartalsvergleich nochmals leicht gesunken.
  • Stützend wirken weiterhin die steigenden Einkommen der privaten Haushalte und die fiskalpolitischen Impulse.
  • Am Arbeitsmarkt wird die schwächere Konjunktur sichtbarer. Der Beschäftigungsaufbau erfolgt in kleineren Schritten, die Arbeitslosigkeit stagniert auf niedrigem Niveau.

Die exportorientierte deutsche Wirtschaft agiert weiterhin in einem schwierigen außenwirtschaftlichen Umfeld. Ihr Bruttoinlandsprodukt (BIP) schwächte sich im zweiten Quartal preisbereinigt leicht um 0,1 % ab.[1, 2] Nach dem soliden Wachstum im ersten Quartal erbrachte sie dennoch die zweithöchste Wirtschaftsleistung in der Historie der Bundesrepublik. Einem bei rückläufigen Exporten negativen Wachstumsbeitrag des Außenhandels stand eine weiterhin robuste binnenwirtschaftliche Nachfrage gegenüber. Unter der stotternden globalen Wirtschaft leidet weiterhin vor allem das Verarbeitende Gewerbe. Während die mehr binnenwirtschaftlich ausgerichteten Dienstleistungsbereiche ihre Wertschöpfung weiter ausweiteten, zeigten sich bei industrienahen Dienstleistungen erste Bremsspuren. Hinzu kam nach dem milden Winterquartal eine schwache Frühjahrsbelebung beim Bau. Die heimische Energieerzeugung wurde angesichts günstigerer Energieimporte zurückgefahren.

Der Ausblick bleibt vorerst gedämpft. Die Handelskonflikte haben sich zuletzt weiter verschärft und die Aussichten auf einen geordneten Brexit nicht verbessert. Vor diesem Hintergrund haben sich die Konjunkturindikatoren abgeschwächt. Der Absatz und die Auftragseingänge in der Industrie sind merklich niedriger als vor einem Jahr und das Geschäftsklima hat sich deutlich eingetrübt. Auf der anderen Seite ist die Binnenkonjunktur, wenn auch nicht gänzlich unbeeindruckt, durchaus weiterhin intakt. Beschäftigung und Löhne steigen und die Geld- und Fiskalpolitik liefert positive Impulse. Ein starker Abschwung ist daher wenig wahrscheinlich, solange nicht weitere massive Störungen von der Weltwirtschaft ausgehen.

Die Weltkonjunktur bleibt angespannt und verhalten. Zwar nahmen im Mai sowohl die globale Industrieproduktion als auch der Welthandel leicht zu, gegenüber dem Vorjahr blieben die Wachstumsraten jedoch niedrig. Das Geschäftsklima der globalen Industrie folgte auch im Juli seinem seit Anfang 2018 abwärts gerichteten Trend. Dabei sank der IHS Markit PMI noch tiefer unter seine Wachstumsschwelle. Das unterkühlte ifo Weltwirtschaftsklima hat sich im dritten Quartal 2019 angesichts der Ballung globaler Risiken weiter eingetrübt. Vor diesem Hintergrund gehen die internationalen Organisationen von einer wenig dynamischen, aber gleichwohl aufwärtsgerichteten weltwirtschaftlichen Entwicklung aus.

Die Flaute des Welthandels schlägt sich auch in den deutschen Ausfuhren nieder: Die Exporte von Waren und Dienstleistungen gingen im Juni saisonbereinigt und in jeweiligen Preisen um 1,5 % zurück. Für das zweite Quartal 2019 ergab sich ein deutliches Minus von 1,8 %. Die Unternehmen gehen laut den ifo Exporterwartungen, die im Juli auf den niedrigsten Stand seit der Finanzkrise gefallen sind, auch für die kommenden Monate von keinem Exportzuwachs mehr aus. Die Importe von Waren und Dienstleistungen sanken im Juni saisonbereinigt und in jeweiligen Preisen um 0,1 %. Im gesamten zweiten Quartal nahmen sie gegenüber dem Vorquartal um 0,9 % ab. Auch preisbereinigt sind die Exporte im dritten Quartal stärker als die Importe zurückgegangen und haben so für einen negativen Wachstumsbeitrag des Außenhandels gesorgt.

Die Produktion im Produzierenden Gewerbe wurde im Juni nach einer Verschnaufpause im Mai weiter zurückgenommen (-1,5 %). Gegenüber dem Vorquartal ergab sich im zweiten Quartal damit ein Rückgang um insgesamt 1,8 %. Sowohl das Baugewerbe (-1,1 %) als auch die Industrie (-1,7 %) verzeichneten hierbei Einbußen. Innerhalb der Industrie waren es der Maschinenbau, die Metallerzeugung und die Kfz-Produktion, die im zweiten Quartal die gewichtigsten Rückgänge verbuchten. Die schwache Frühjahrsbelebung beim Bau war wohl mehr dem hohen Produktionsniveau im Winterquartal und weniger der Konjunktur geschuldet. Zum Rückgang der Energieerzeugung trugen verstärkte Nettoimporte bei. Die Entwicklung von Auftragseingangs- und Stimmungsindikatoren spricht gegenwärtig nicht für positive Impulse seitens der Industrie in den kommenden Monaten. Auch wenn die Auftragseingänge bei umfangreichen Großaufträgen im Juni um 2,5 % gestiegen sind, ergab sich doch in der Quartalsbetrachtung ein erneuter Rückgang. Dieser fiel allerdings mit -1,0 % merklich geringer aus als noch im ersten Quartal mit -4,2 %. Das Geschäftsklima im Verarbeitenden Gewerbe trübte sich allerdings im Juli nochmals etwas weiter ein.

Die privaten Konsumausgaben sind daher eine noch wichtigere Stütze der binnenwirtschaftlichen Entwicklung. Sie dürften im zweiten Quartal allerdings etwas weniger dynamisch zugelegt haben als im konsumstarken ersten. So erhöhten sich die Umsätze im Einzelhandel ohne Kfz im zweiten Quartal lediglich um 0,4 %, trotz eines starken Anstiegs im Juni. Auch die Neuzulassungen von Pkw bei privaten Haltergruppen fielen im zweiten Quartal nach den Nachholeffekten im ersten etwas bescheidener aus. Das Geschäftsklima im Einzelhandel ist zwar per Saldo positiv und noch deutlich günstiger als im langjährigen Durch- schnitt. Es hat sich aber seit Herbst vergangenen Jahres kontinuierlich eingetrübt.

Der Beschäftigungsaufbau setzte sich im Juni mit gedrosselter Dynamik fort. Der saisonbereinigte Zuwachs der Erwerbstätigkeit lag nur bei 8.000 Personen, einen geringeren Zuwachs gab es zuletzt vor drei Jahren. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies in Ursprungszahlen aber immer noch einen Anstieg um 410.000 Personen. Auch der Anstieg bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung um saisonbereinigt 20.000 Personen hat sich im Mai merklich abgeschwächt. Die Konjunkturabkühlung zeigt sich vor allem im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung, wo der Personalbestand von April auf Mai um 12.000 Mitarbeiter zurückging. Die Arbeitslosigkeit stagnierte im Juli saisonbereinigt nahezu (+1.000 Personen) auf niedrigem Niveau, in Ursprungszahlen nahm sie mit Beginn der Sommerferien um 59.000 Personen auf knapp 2,3 Millionen zu. Bei der Unterbeschäftigung zeigte sich per Saldo ebenfalls kaum Bewegung. Die Frühindikatoren lassen erwarten, dass sich der gemäßigte Beschäftigungsaufbau bei leicht steigender Arbeitslosigkeit fortsetzt.

Konjunktur auf einen Blick*
Entwicklung von Bruttoinlandsprodukt, Produktion und Auftragseingang in der Industrie sowie ifo Geschäftserwartungen

* zentrierte gleitende 3-Monats-Durchschnitte bzw. Quartale, saisonbereinigt, Veränderungen gegenüber Vorperiode in v. H. bzw. Salden bei ifo

* zentrierte gleitende 3-Monats-Durchschnitte bzw. Quartale, saisonbereinigt, Veränderungen gegenüber Vorperiode in v. H. bzw. Salden bei ifo

© StBA, BBk, ifo Institut.


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[1] Schnellmeldung des Statistischen Bundesamtes zum Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal 2019.
[2] In diesem Bericht werden Daten verwendet, die bis zum 16. August 2019 vorlagen. Soweit nicht anders vermerkt, handelt es sich um Veränderungsraten gegenüber der jeweiligen Vorperiode auf Basis preisbereinigter sowie kalender- und saisonbereinigter Daten.

03.09.2019 - Download -

Publikation: Schlaglichter der Wirtschaftspolitik (Ausgabe 09/2019): Überblick über die wirtschaftliche Lage

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Wertschätzung – Stärkung – Entlastung

Eckpunkte der Mittelstandsstrategie

Unternehmer und Azubi im Logistikzentrum

© GettyImages.com/Nils Hendrik Mueller

Ausgangslage

Deutschland ist Mittelstandsland. Mehr als 99 Prozent der Unternehmen zählen zum Mittelstand. Er stellt über 80 Prozent der Ausbildungs- und knapp 60 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze. Der Mittelstand ist vielfältig: Er umfasst traditionsreiche große Familienunternehmen im ländlichen Raum, Handwerksbetriebe, Freiberufler und Selbständige, Start-ups und überproportional viele „Hidden Champions“ – heimliche Weltmarktführer in Nischenmärkten. Diese Vielfalt ist eine seiner Stärken. Sie trägt maßgeblich zur Robustheit und Agilität unserer Wirtschaft bei. Ein starker Mittelstand bedeutet auch eine starke Wirtschaft.

Der Mittelstand steht für Verantwortung. In eigentümergeführten Unternehmen sind unternehmerische Verantwortung und Haftung regelmäßig in einer Hand. Unternehmerisches Risiko wird unter Einsatz eigenen Kapitals übernommen, um für Investitionen, Wachstum, Arbeitsplätze, Ausbildung und Wohlstand zu sorgen. Durch Unternehmenssteuern und Sozialabgaben werden erhebliche Beiträge für staatliche Investitionen in Infrastruktur und leistungsfähige Sozialsysteme geleistet. Ohne den Mittelstand wäre unser Gemeinwesen nicht finanzierbar. Der Mittelstand zeichnet sich durch eine hohe Standorttreue und Beständigkeit aus, die zu einer hohen Mitarbeiterbindung führt.

Die Verwurzelung in den Regionen geht häufig mit einem großen gesellschaftlichen Engagement einher und trägt damit wesentlich zur Attraktivität ländlicher Räume bei. Mittelständler spielen vor Ort eine bedeutende soziale, gesellschaftliche und kulturelle Rolle. Eigentümergeführte Unternehmen und Familienunternehmen denken nicht in Quartalen, sondern in Generationen. Sie sind damit Beispiel für gelebte Nachhaltigkeit. Die Bedeutung des Mittelstands für unser Land lässt sich nicht allein mit volkswirtschaftlichen Kennzahlen beziffern, sein Beitrag für unsere Gesellschaft geht weit darüber hinaus.

In der Öffentlichkeit wird die Leistung und Verantwortung des Mittelstandes für unser Gemeinwesen unterschätzt und vielfach nicht ausreichend gewürdigt. Dies führt dazu, dass die Belange des Mittelstandes häufig unberücksichtigt bleiben, was zu überbordender Regulierung und immer neuen Berichtspflichten führt. Dadurch fühlen sich viele Unternehmer missachtet und entmutigt. Mit unserer Mittelstandsstrategie stoßen wir deshalb auch einen gesellschaftspolitischen Diskussionsprozess an, der zu einem angemessenen, wertschätzenden Umgang mit dem Mittelstand führen soll.

Das wirtschaftliche Umfeld auf den nationalen und globalen Märkten verändert sich. Der demografische Wandel führt zu Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel. Die Digitalisierung und die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz verändern Geschäftsmodelle und verteilen die Chancen im Wettbewerb neu. Der Klimawandel führt zu einem Umdenken in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Darüber hinaus stellen veränderte Rahmenbedingungen im Ausland, darunter ein zunehmender, zum Teil staatlich beeinflusster Wettbewerb, den Mittelstand vor neue Herausforderungen.

Mit der Mittelstandsstrategie wollen wir die mittelständischen Unternehmen und Betriebe dabei unterstützen, die wirtschaftlichen Herausforderungen zu meistern und ihre starke Stellung im nationalen und im internationalen Wettbewerb auch in den nächsten Jahren zu behaupten und auszubauen. Die Strategie soll dazu beitragen, dass der Mittelstand auch in konjunkturellen Schwächephasen robust und der Stützpfeiler der Wirtschaft bleibt, der er immer war. Sie enthält Maßnahmen, die kurzfristig greifen, aber auch solche, die langfristig die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands sichern sollen. Dabei setzen wir vor allem auf klare, konsistente und stabile Rahmenbedingungen, ergänzt durch passende Förderung. Damit geben wir den Unternehmen Flexibilität und Freiheit, damit sie für die Zukunft gut gerüstet sind und ihre innovative Kraft optimal entfalten können.

I. Rahmenbedingungen verbessern

Wir setzen uns dafür ein, dass der Mittelstand bei Steuern, Abgaben und Bürokratie entlastet wird; zudem müssen wir eine sichere und bezahlbare Energieversorgung gewährleisten. Genauso wichtig ist die Schaffung eines investitions- und innovationsfreundlichen Umfelds, das Flexibilität ermöglicht, Forschung honoriert und die Digitalisierung in die Breite des Mittelstands trägt.

Steuern und Abgaben

  • Der Solidaritätszuschlag muss schrittweise vollständig abgeschafft werden – ein konkretes Enddatum ist zwingend festzulegen. Außerdem sollte ein Freibetrag die Freigrenze ersetzen, damit alle Zahler des Solidaritätszuschlags, auch der Mittelstand, kurzfristig zumindest teilweise von der Ergänzungsabgabe entlastet werden.
  • Es ist erforderlich, stärkere steuerliche Anreize für private Investitionen, Wachstum und Beschäftigung zu setzen. Damit sichern wir gleichzeitig die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft im internationalen Umfeld – insbesondere auch vor dem Hintergrund der Steuerreformen in den USA, Großbritannien und Frankreich.
  • Es bedarf einer umfassenden Unternehmenssteuerreform zur mittelstandsfreundlichen Ausgestaltung des Steuerrechts, mit der die Steuerbelastung auf einbehal­tene Unternehmensgewinne auf 25 Prozent gesenkt wird.
  • Zu einer solchen Unternehmenssteuerreform gehören u. a. Maßnahmen wie weitere Verbesserungen und Entlastungen bei der Thesaurierungsbegünstigung für Personenunternehmen, die Einführung eines Optionsmodells für Personengesellschaften zur Körperschaftsbesteuerung, die Verbesserung der Gewerbesteueranrechnung bei der Einkommensteuer und deren Einführung bei der Körperschaftsteuer, die Anpassung der Hinzurechnungsbesteuerung und der Wegzugsbesteuerung im Außensteuerrecht, marktnähere steuerliche Zinssätze, zeitnahe Betriebsprüfungen sowie die Verbesserung der Abschreibungsbedingungen (u. a. für digitale Innovationsgüter).
  • Für mehr Planungssicherheit muss der steuerpolitische Grundsatz „keine Steuererhöhungen“ gelten. Hierfür wollen wir einen „Steuerdeckel“ einführen, um die Steuerbelastung von Personenunternehmen auf maximal 45 Prozent zu begrenzen.
  • Bei der Substanzbesteuerung werden wir uns für eine schrittweise Reduzierung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung mit dem Ziel ihrer Abschaffung einsetzen; eine Wiedererhebung der Vermögensteuer lehnen wir ab.
  • Wir wollen die Sozialabgaben bei 40 Prozent deckeln.
  • Die hohen Reserven in der Arbeitslosenversicherung müssen für eine weitere Absenkung des Beitragssatzes genutzt werden.

Bürokratieabbau

  • Mittelständische Unternehmen und Betriebe werden durch unnötige Bürokratie besonders stark belastet. Die Reduzierung von bürokratischen Lasten ist eine Daueraufgabe, der die gesamte Bundesregierung verpflichtet sein muss. Herzstück eines umfassenden Bürokratieabbaus müssen Entlastungen in der Steuerbürokratie sein – denn dort liegen 40 Prozent aller bürokratischen Belastungen. Wir werden ein Bürokratieentlastungsgesetz III auf den Weg bringen, das insbesondere kleine und mittlere Unternehmen um mindestens eine Milliarde Euro entlastet und u. a. Vereinfachungen bei der elektronischen Archivierung, die Einführung einer einheitlichen elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und Vereinfachungen bei Meldescheinen im Hotelgewerbe umfasst.
  • Darüber hinaus setzen wir uns für eine Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Unterlagen im Handels- und Steuerrecht von zehn auf mindestens acht Jahre, eine bessere Nutzung der Möglichkeiten der Digitalisierung, insbesondere auch bei Erklärungspflichten zur Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer, einen Wechsel von der monatlichen auf die vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldung für Gründerinnen und Gründer sowie die deutliche Reduzierung der geltenden Mindestlohndokumentationspflichten ein.
  • Eine nationale Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle, die über die EU-Richtlinie zur Anzeigepflicht für internationale Steuergestaltungsmodelle hinausgeht, und die Schaffung eines Unternehmensstrafrechts lehnen wir ab.
  • Die Datenschutzgrundverordnung wird insbesondere von vielen mittelständischen Unternehmen als bürokratische Belastung empfunden. Wir werden uns für eine Überarbeitung auf europäischer Ebene einsetzen, bei der die Belange des Mittelstands besonders berücksichtigt werden. In einem ersten Schritt muss dazu auf nationaler Ebene die Schwelle für die Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten auf 50 Beschäftigte angehoben werden.
  • Wir setzen uns dafür ein, dass die bürokratischen Belastungen durch die sog. „A1­Bescheinigung“ bei Dienstreisen in das EU-Ausland reduziert werden.
  • Kleine und mittlere Unternehmen sind auf eine möglichst unkomplizierte Einreichung von Anträgen und Meldungen an Behörden angewiesen. Wir machen uns deshalb für eine zügige Digitalisierung von Verwaltungsleistungen für die Wirtschaft stark. Bis 2022 müssen alle Leistungen der öffentlichen Verwaltung online angeboten werden. Mittels eines einheitlichen Nutzerkontos sollen die Unternehmen künftig unkompliziert Online-Leistungen beantragen können („Once-only-Prinzip“).
  • Die Bundesregierung hat bereits Maßnahmen zur Beschleunigung von Planungs­ und Genehmigungsverfahren auf den Weg gebracht. Dennoch werden wir Planungs- und Genehmigungsverfahren auf zusätzliche Beschleunigungspotenziale überprüfen.
  • Bei EU-Rechtsakten setzen wir uns für eine stärkere Berücksichtigung der Belange von kleinen und mittleren Unternehmen ein und achten darauf, dass europäisches Recht 1:1 umgesetzt wird. Dazu gehört auch die konsequente Anwendung des Prinzips „Think Small First“ („Vorfahrt für KMU“) bei allen EU-Legislativvorhaben. Zudem setzen wir uns auf europäischer Ebene für die Einführung des Prinzips „One in, One out“ ein.

Arbeitsmarkt

  • Mittelständische Unternehmen müssen flexibel auf wechselnde Auftragslagen reagieren können. Die geplanten Einschränkungen dieser Flexibilität wie etwa Beschränkungen bei der sachgrundlosen Befristung müssen auf den Prüfstand. Auch müssen hierbei für die öffentliche Hand die gleichen Maßstäbe gelten wie für die Wirtschaft.
  • Wir setzen uns dafür ein, die Minijob­Grenze von 450 Euro im Monat zu dynamisieren, indem wir diese an die allgemeine Lohnentwicklung koppeln.
  • Das Arbeitszeitgesetz mit seinen täglichen Höchstarbeitszeiten ist in einer modernen, digitalen Arbeitswelt nicht mehr zeitgemäß. Arbeitgeber und Arbeitnehmer wollen flexibler arbeiten. Es ist deshalb erforderlich, das Arbeitszeitgesetz zu reformieren und dabei die Spielräume des EU-Rechts zu nutzen. Anstelle der täglichen wollen wir eine wöchentliche Höchstarbeitszeit festlegen. Die entsprechende Regelung soll für tarifgebundene und tarifungebundene Unternehmen gelten.
  • Die Beauftragung von Subunternehmen kann erhebliche Haftungsrisiken aus Mindestlohnansprüchen mit sich bringen. Um diese Risiken kalkulierbar zu machen und Unternehmensbeziehungen nicht unnötig zu belasten, ist es erforderlich, die Auftraggeberhaftung beim Mindestlohn zu begrenzen.

Infrastrukturen

  • Die gesamte Wirtschaft benötigt leistungsfähige Straßen­, Schienen­, Schiffs­ und Flugverkehrsinfrastrukturen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Auch eine leistungsfähige Breitband­ und Mobilfunkversorgung ist für den Mittelstand von elementarer Bedeutung. Wir müssen rasch die infrastrukturellen Voraussetzungen dafür schaffen, dass mittelständische Unternehmen in allen Regionen in Deutschland in gleicher Weise von der Digitalisierung profitieren können.
  • Deshalb werden wir den möglichst flächendeckenden Ausbau zukunftsfester Gigabitnetze bis zum Jahr 2025 durch ein besseres Investitionsklima und zusätzliche Fördermittel (insbesondere auch für Gewerbegebiete) unterstützen. Zudem werden wir den Ausbau eines zuverlässigen LTE-Mobilfunks in allen Regionen forcieren und Deutschland zum Leitmarkt für 5G machen. Mit einer Gesamtstrategie „Mobilfunk“ werden wir weitere wirkungsvolle Schritte folgen lassen.
  • Zudem unterstützen wir den Aufbau einer Dateninfrastruktur in Deutschland und Europa, in den auch Cloud-Anbieter aus dem Mittelstand eingebunden werden sollen. Damit können mittelständischen Unternehmen vertrauenswürdige und sichere Cloud­Lösungen sowie eine breite Datengrundlage angeboten werden. So schaffen wir die Voraussetzung, dass Mittelständler sowohl von den Effizienz- und Wettbewerbsvorteilen durch Cloud-Nutzung profitieren als auch selbst mit großen Datenmengen Algorithmen entwickeln und dadurch innovative Produkte und Geschäftsmodelle entstehen können. Eine solche Dateninfrastruktur unterstützt den Mittelstand auch bei der Etablierung erfolgreicher digitaler Plattformen.

Energie- und Klimapolitik

  • Eine sichere und bezahlbare Energieversorgung ist eine wesentliche Voraussetzung für das reibungslose Funktionieren und für den Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Momentan wird gerade der Mittelstand durch hohe Energiekosten belastet. Diese Kosten müssen im Klimakabinett im Blick gehalten werden, wo wir derzeit über Modelle einer CO2-Bepreisung diskutieren. Es ist äußerst wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands, dass Belastungen durch einen CO2-Preis mit einer drastischen Verringerung der sehr hohen Stromkosten kompensiert werden. CO2-Minderung und Verringerung der Kostenbelastung für den Mittelstand müssen die Richtschnur sein.
  • Vor allem die steuerliche Förderung/Absetzbarkeit von energetischer Gebäudesanierung könnte Klimaschutz wirklich effizient gestalten und gleichzeitig die Konjunktur ankurbeln. Auch mittelständische Unternehmen – insbesondere das Handwerk – würden davon profitieren.

Mittelstandsfinanzierung

  • Mittelständische Unternehmen brauchen auch künftig ein ausreichendes Kreditangebot zu angemessenen Konditionen. Dabei profitieren Mittelständler von dem bewährten Dreiklang aus Privatbanken, öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten und Genossenschaftsbanken. Hinzu kommen die Angebote der KfW-Mittelstandsbank und der Bürgschaftsbanken. Um den Zugang mittelständischer Unternehmen zur Kreditfinanzierung auch mit der Umsetzung von „Basel IV“ zu erhalten, ist die Beibehaltung des KMU­Faktors (SME Supporting Factor) von essenzieller Bedeutung. Dafür werden wir uns auf nationaler und europäischer Ebene mit Nachdruck einsetzen.
  • Deutschland ist bei der Frühphasenfinanzierung innovativer Start-ups gut aufgestellt. Unsere erfolgreichen Instrumente zur Finanzierung von Gründungen entwickeln wir kontinuierlich weiter – wie z. B. den High­Tech­Gründerfonds, EXIST und INVEST. In der Wachstumsphase mangelt es Unternehmen dagegen häufig an ausreichendem Kapital. Zur Stimulierung von Investitionen in neue Technologien ist es notwendig, den Wagniskapitalmarkt auszubauen. Das erfordert neben einem stärkeren Engagement der neuen KfW- Beteiligungstochter KfW Capital im Bereich der Wachstumsfinanzierung auch vermehrt private und institutionelle Investoren wie Versicherungen oder Stiftungen zu mobilisieren.

II. Fachkräfte gewinnen, ausbilden und qualifizieren – Unternehmertum stärken

Mehr als sechs von zehn Betrieben sehen den Fachkräftemangel als ihr größtes Geschäftsrisiko – insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen sind betroffen. Wir halten es für unabdingbar, den Mittelstand bei der Gewinnung, Ausbildung und Qualifizierung von Fachkräften zu unterstützen und das Unternehmertum zu stärken.

  • Wir brauchen mehr qualifizierte Fachkräfte auch aus dem Ausland. Meilenstein der Fachkräftepolitik in dieser Legislaturperiode ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das Deutschland für internationale Fachkräfte attraktiver macht. Wir haben erreicht, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt nicht nur für Akademiker und Akademikerinnen, sondern auch für ausländische Fachkräfte mit beruflicher Qualifikation erleichtert wird.
  • Eine rein rechtliche Verbesserung des Zugangs für qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland reicht allerdings nicht aus. Wir müssen aktiver als bisher auf ausländische Fachkräfte zugehen und für unser Land und die guten Perspektiven bei uns werben. Dies ist eine Aufgabe für die gesamte Bundesregierung. Es geht u. a. um schlankere Visa-Verfahren, die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen oder neue Sprachförderkonzepte im In- und Ausland. Wir entwickeln gemeinsam mit der Wirtschaft Projekte zur gezielten Ansprache und Gewinnung passender Fachkräfte aus dem Ausland.
  • Wir wollen für ausländische Fachkräfte den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt erleichtern, indem Behördengänge an einer Stelle gebündelt werden („One- Stop-Shop“).
  • Um auch das inländische Fachkräftepotenzial stärker auszuschöpfen, modernisieren wir unsere Aus­ und Fortbildungsordnungen im Hinblick auf die Digitalisierung. Damit steigern wir zugleich die Attraktivität der dualen Berufsausbildung und unterstützen die Gleichwertigkeit mit der akademischen Bildung.
  • Damit das Handwerk im Hinblick auf seine Innovationsfähigkeit, Leistungsfähigkeit und Bedeutung für die duale Berufsbildung gestärkt wird, bereiten wir für einige Berufe die Rückkehr zur Meisterpflicht vor.
  • Durch die demografische Entwicklung werden nicht nur Arbeitskräfte, sondern auch Einnahmen in den Sozialversicherungen fehlen – diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren noch verstärken. Damit ältere Arbeitskräfte länger im Erwerbsleben bleiben können, werden wir uns dafür einsetzen, mit der flexiblen Rente den Übergang zwischen Erwerbsleben und Rente weiter zu verbessern.
  • Mit der Gründungsoffensive stärken wir das Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge. Die unternehmerische Selbständigkeit muss schon von jungen Menschen als Chance wahrgenommen werden.
  • Die Unternehmensnachfolge ist eine große Herausforderung für den Mittelstand. Die frühzeitige Sensibilisierung von Unternehmern und Nachfolgeinteressenten wird immer wichtiger für den erfolgreichen Fortbestand des Unternehmens. Wir starten deshalb die Initiative „Unternehmensnachfolge – aus der Praxis für die Praxis“.

III. Mittelstand bei Innovation und Digitalisierung unterstützen

Die Entwicklung neuer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen auf der Basis innovativer Querschnitts- und „Gamechanger“-Technologien wie z. B. Künstliche Intelligenz (KI), Blockchain oder Biotech erfordert Investitionen in technologisches und organisatorisches Know-how mit entsprechend hohem Kapitalbedarf. Wir müssen deshalb die Innovationsfähigkeit stärken und die Digitalisierung vorantreiben.

  • Nur mit mehr Innovationen wird der Mittelstand zukunftsfähig bleiben und sich schnell an neue Marktgegebenheiten und -chancen anpassen. Hierzu müssen wir den jahrelangen Trend der sinkenden Innovatorenquote umkehren und die Innovatorenquote auf 40 Prozent im Jahr 2025 steigern. Der industrielle Mittelstand ist hierbei von zentraler Bedeutung.
  • Die steuerliche Forschungsförderung kommt 2020. Bei der Auftragsforschung werden wir uns für eine mittelstandsfreundliche Lösung einsetzen, bei der der Auftraggeber seine entsprechenden Ausgaben geltend machen kann. Wir setzen mit der Forschungsförderung ein starkes Signal für eine innovative Wirtschaft in Deutschland. Ziel sind mehr Forschung und Innovationen und damit mehr Wettbewerbsfähigkeit besonders im Mittelstand.
  • Unser Ziel ist, Deutschland und Europa zu führenden Standorten für die Entwicklung und die Anwendung von KI­Technologien zu machen. Hierbei ist es zentral, dass mittelständische Unternehmen KI schneller in die wirtschaftliche Praxis bringen – etwa über den KI-Innovationswettbewerb, der auch den Mittelstand adressiert und darauf abzielt, wichtige KI-Kompetenzen im eigenen Unternehmen aufzubauen und erforderliche Kooperationen einzugehen.
  • Mit Hilfe der Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren unterstützen wir den Mittelstand auf dem Weg in das digitale Zeitalter. Die Kompetenzzentren werden zusätzliche Transferleistungsangebote für das Themenfeld KI entwickeln, etwa ein bundesweites Netzwerk von speziellen „KI­Trainern“.
  • Erforderlich sind stärkere Anreize für mehr Investitionen in digitale Technologien und digitales Know-how. Daher starten wir ab 2020 ein neues Zuschussprogramm für den Mittelstand. Außerdem steht der ERP­Digitalisierungs­ und Innovationskredit jetzt auch Gründerinnen und Gründern sowie innovativen Unternehmen zur Verfügung.
  • Die geplante Agentur für Sprunginnovationen soll dabei unterstützen, radikal neue Innovationen in den Markt zu bringen. Wir werden mit ihr die Innovationskraft der Unternehmen und den Transfer innovativer Ideen in die Praxis verstärken. Diesem Ziel dient auch die stärkere Vernetzung digitaler Start-ups mit dem etablierten Mittelstand, etwa im Rahmen der Digital Hub Initiative.
  • Die kürzlich gestartete Transferinitiative unterstützt den Mittelstand darin, Ergebnisse der Forschung in zukunftsfähige Lösungen umzusetzen. Unser innovationspolitisches Konzept „Von der Idee zum Markterfolg“, u. a. mit seinem erfolgreichen Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) und der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF), wird weiter verbessert. Dazu gehört auch die Einführung der Unterstützung nichttechnischer Innovationen mit dem Start des Innovationsprogramms für Geschäftsmodelle und Pionierlösungen (IGP) noch in diesem Jahr.
  • Mit der Reallabore­Initiative unterstützen wir mittelständische Unternehmen dabei, ihre innovativen Geschäftsmodelle und Technologien in Deutschland zu erproben und umzusetzen, u. a. durch die Stärkung von Experimentierklauseln, die für mehr Flexibilität in Gesetzen und Verordnungen sorgen.
  • Um die Vernetzungs- und Digitalisierungsprozesse in allen Sektoren und Regionen voranzutreiben und auch den Breitbandausbau vor Ort zu beschleunigen, wollen wir Digitalkompetenzen auf Behördenseite bündeln („Digitalagentur“).
  • Wir werden uns für eine mittelstandsgerechte Datenökonomie einsetzen. Mit der geplanten Novellierung des Wettbewerbsrechts (GWB-Digitalisierungsgesetz) werden wir insbesondere die Stellung kleiner und mittlerer Unternehmen im Wettbewerb mit größeren Digitalunternehmen und Plattformen stärken. Dies gilt insbesondere für den Zugang zu Daten bei gemeinsamer Wertschöpfung mit größeren Unternehmen.
  • Die Mitwirkung von kleinen und mittleren Unternehmen an der Entwicklung nationaler, europäischer und globaler Normen und Standards muss erleichtert werden. Hierfür werden wir in einem ersten Schritt Mittelständler mit bis zu 50.000 Euro Zuschuss unterstützen.
  • Um die Digitalisierung für den Mittelstand erschwinglich und nutzbar zu machen, ist ein breiter Einsatz von einheitlichen IKT­Standards erforderlich. Damit befördern wir vom Mittelstand entwickelte innovative Angebote, die auch dazu beitragen sollen, die starke Dominanz von einzelnen Großkonzernen bei Plattformen und digitalen Technologien abzuschwächen.

IV. Mittelstand in den Regionen unterstützen

Wir haben das Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland zu schaffen. Um das zu erreichen, benötigen wir einen starken, regional verwurzelten Mittelstand.

  • Aufbauend auf der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) werden wir zum kommenden Jahr ein gesamtdeutsches Fördersystem für strukturschwache Regionen einrichten. Dabei werden bislang auf Ostdeutschland beschränkte Förderprogramme weitergeführt und bundesweit auf alle strukturschwachen Regionen ausgeweitet. Zudem erhalten bundesweit angebotene Programme zur Innovationsförderung, Digitalisierung, Fachkräfteentwicklung oder zum Ausbau der regionalen Infrastruktur besondere Förderkonditionen, mit denen die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen gezielt unterstützt wird.
  • Von einem raschen Ausbau leistungsfähiger Breit­ band­ und Mobilfunkinfrastrukturen in der Fläche werden gerade auch strukturschwache Regionen profitieren.
  • Mit dem Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen werden wir bis zu 14 Milliarden Euro für bedeutende Investitionen von Ländern und Gemeinden zur Verfügung stellen. Der Bund wird darüber hinaus im Rahmen eigener Zuständigkeit zusätzliche Maßnahmen (z. B. Infrastrukturausbau, Ansiedlung von Forschungsinstituten und Bundeseinrichtungen) für die Kohleregionen mit einem Volumen von bis zu 26 Milliarden Euro vornehmen. Davon profitiert auch der Mittelstand in den Regionen.

V. Neue Märkte im In- und Ausland erschließen

Wir unterstützen mittelständische Unternehmen dabei, neue Märkte im In- und Ausland zu erschließen.

  • Die Nationale Industriestrategie 2030 unterstützt das Miteinander von industriellem Mittelstand und Großunternehmen mit Blick auf nachhaltige Wertschöpfungsketten. Ziel der Strategie ist es, Schlüsseltechnologien und Basisinnovationen zu stärken. Weitere Akzente sind leistungsfähige Netzwerk- und Clusterstrukturen, der beschleunigte Transfer von Forschungsergebnissen in mittelständische Unternehmen und Start-ups sowie die technologieoffene Förderung von Innovationen.
  • Um neue Märkte zu erschließen, ist der deutsche Mittelstand auf offene Märkte, regelbasierten Handel und ein Level Playing Field angewiesen. Wir setzen uns auf internationaler Ebene u. a. für einheitliche Finanzierungsstandards sowie für den Zugang europäischer Unternehmen zu öffentlichen Aufträgen in Drittstaaten ein. Wir unterstützen die EU in ihren Bestrebungen für die Reform der WTO, auch mit dem Ziel, sie für neue Themen (z. B. digitaler Handel) zukunftsfest aufzustellen. Um ausländische Märkte transparenter und zugänglicher zu machen, bringen wir uns außerdem aktiv in die EU-Verhandlungen über ambitionierte Handels­ und Investitionsabkommen mit strategisch wichtigen Partnern ein, zuletzt etwa mit Japan, Mercosur, Singapur und Vietnam. Wir haben uns auf EU-Ebene zum Ziel gesetzt, dass die tatsächliche Nutzung präferentieller Handelsabkommen durch kleine und mittlere Unternehmen verbessert wird und die Nutzungsrate durch den Mittelstand mittelfristig bei mindestens 85 Prozent liegt.
  • Wir passen unsere erfolgreichen Institutionen und Instrumente der Außenwirtschaftsförderung kontinuierlich an neue Herausforderungen an. Das Netz der Auslandshandelskammern bauen wir weiter gezielt aus. Mit der vereinfachten Absicherung kleinvolumiger Exportgeschäfte haben wir zuletzt die Finanzierungsinstrumente wesentlich verbessert. Zudem sollen kleine und mittlere Unternehmen noch stärker in geeignete strategische Auslandsprojekte eingebunden werden.
  • Mit dem Wirtschaftsnetzwerk Afrika stellen wir künftig ein neues Maßnahmenbündel bereit, um die deutsche Wirtschaft beim Markteintritt in die Chancenregion Afrika passgenau zu flankieren. Das Paket beinhaltet eine verstärkte AHK-/GTAI-Präsenz, den Ausbau des Markterschließungs- und Auslandsmesseprogramms sowie eine gezielte Ansprache und Begleitung von Unternehmen.

VI. Staatssekretärsausschuss Mittelstand

Mittelstandspolitik ist eine Querschnittsaufgabe, die einen konzertierten Einsatz der gesamten Bundesregierung erfordert. Deshalb wollen wir einen „Staatssekretärsausschuss Mittelstand“ einrichten, der Vorhaben aller Ressorts auf ihre Mittelstandsverträglichkeit überprüft. Richtschnur für wirtschaftspolitische Entscheidungen innerhalb der Bundesregierung muss die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit unserer mittelständischen Unternehmen sein.

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Mehr Informationen finden Sie hier:
www.champions-von-hier.de

Kontakt: Stabsstelle Mittelstand sowie Referat Grundsatzfragen der nationalen und europäischen Mittelstandspolitik

Weiterführende Informationen

Mitarbeiterkapitalbeteiligung

Ein Win-win-Instrument für Unternehmen und Beschäftigte

Im europäischen Vergleich ist die Mitarbeiterkapitalbeteiligung (MKB) in Deutschland wenig verbreitet, hauptsächlich in Großkonzernen. Sie wird von staatlicher Seite aber auch kaum gefördert. Dabei kann die MKB einen wichtigen Beitrag zur Teilhabe der Beschäftigten am wirtschaftlichen Erfolg „ihres“ Unternehmens leisten und ist zugleich eine Möglichkeit, Mitarbeiter zu motivieren und stärker an das Unternehmen zu binden.

Mitarbeiter

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Was ist Mitarbeiterkapitalbeteiligung?

Finanzielle Mitarbeiterbeteiligung kann in Form von Erfolgsbeteiligungen (Sonderzahlungen wie z. B. Prämien, Gratifikationen, Boni etc.) oder durch eine Kapitalbeteiligung stattfinden, die MKB. Ziel der MKB ist es, Beschäftigte am Produktivitätsfortschritt des Unternehmens teilhaben zu lassen. Beschäftigte erhalten im Rahmen eines MKB- Programms häufig die Möglichkeit, vergünstigt oder gratis eine Beteiligung an „ihrem“ Unternehmen zu erwerben.
Hierbei sind verschiedene Beteiligungsformen möglich, abhängig vor allem von den Zielen und Vorstellungen des Unternehmens und seiner Rechtsform. Zur Verfügung stehen Eigenkapital- oder Fremdkapitalbeteiligungen. Bei einer Eigenkapitalbeteiligung (Belegschaftsaktien, GmbH- Beteiligung) hat der Mitarbeiter die größten Informations- und Mitwirkungsrechte, bei einer Fremdkapitalbeteiligung deutlich geringere. Daneben gibt es auch Mischformen: Zwei dieser Mischformen (Genussrecht, stille Beteiligung) gelten wegen des Gestaltungsfreiraums als wichtigste Durchführungswege im Mittelstand.

Unstrittig sind im Wesentlichen die positiven Effekte einer MKB; dazu gehören unter anderem:

  • Beschäftigte verbreitern ihre Vermögensanlage und leisten damit gerade im derzeitigen Niedrigzinsumfeld einen wirksamen Beitrag zur Vermögensbildung.
  • Die Unternehmensdemokratie wird gestärkt, sofern mit der MKB auch Stimmrechte der beteiligten Mitarbeiter (z. B. durch Belegschaftsaktien) einhergehen.
  • Stärkeres Engagement und höhere Motivation der Beschäftigten steigert die Unternehmensleistung insgesamt und fördert die Identifikation der Mitarbeiter mit „ihrem“ Unternehmen. Darüber hinaus kann ein MKB-Programm für Unternehmen auch einen wichtigen Wettbewerbsvorteil bei der Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter darstellen.
  • Eine stärkere Verbreitung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen kann Unternehmensinvestitionen erleichtern, da die Einräumung der Kapitalbeteiligung nicht mit einem Liquiditätsabfluss verbunden ist, sondern häufig sogar mit einem Eigenbeitrag des Beschäftigten.

Trotz dieser Vorteile ist die MKB in Deutschland im europäischen Vergleich nicht weit verbreitet: Lediglich rund ein Prozent aller Unternehmen bieten nach den letzten verfügbaren Erhebungen eine MKB an und demgegenüber rund neun Prozent eine Form der Erfolgsbeteiligung. Im europäischen Durchschnitt verfügen fünf Prozent der privaten Unternehmen über MKB-Modelle. In Deutschland partizipieren rund zwei Millionen Mitarbeiter an solchen Modellen, insbesondere in Form von Belegschaftsaktien, Genussscheinen und stillen Beteiligungen.

Rahmenbedingungen in Deutschland ...

Vergünstigungen im Rahmen der Überlassung von Unternehmensbeteiligungen an Beschäftigte, wie sie meist mit einem MKB-Programm verbunden werden, stellen grundsätzlich steuer- und abgabenpflichtiges Entgelt dar. Bis zu 360 Euro pro Jahr sind sie steuer- und sozialabgabenfrei. Allerdings besteht im Falle von Entgeltumwandlungen keine Sozialabgabenfreiheit.

Unabhängig davon kann die Teilnahme an einem MKB-Programm auch als vermögenswirksame Leistung mit der Arbeitnehmer-Sparzulage gefördert werden. Diese beträgt im Falle der MKB 20 Prozent der vermögenswirksamen Leistungen, höchstens aber 80 Euro pro Jahr (daraus ergibt sich ein maximaler geförderter Anlagebetrag von 400 Euro pro Jahr). Diese Förderung wird nur gewährt, wenn der Arbeitnehmer bestimmte Einkommensgrenzen (20.000 Euro pro Jahr für Ledige bzw. 40.000 Euro für Verheiratete) nicht überschreitet.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie stellt in seinem webgestützten Existenzgründungsportal (www.existenzgruender.de) insbesondere jungen Unternehmen umfangreiche Informationen zur Einführung der MKB zur Verfügung. Interessierte können sich auch an das BMWi-Infotelefon zu Mittelstand und Existenzgründung und das Bürgertelefon Mitarbeiterkapitalbeteiligung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales1 wenden. Bei den Kosten für die Inanspruchnahme externen Sachverstandes zur MKB im Rahmen betriebswirtschaftlicher Beratungen leistet das BMWi im Rahmen des Programms „Förderung unternehmerischen Know-hows“ (durchgeführt durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle/BAFA) Unterstützung.

... sollten mit der wirtschaftlichen Entwicklung mitgehen

Der steuerliche Freibetrag für Vergünstigungen bei der Einräumung einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung wurde zuletzt 2009 angepasst. Stimmen aus der Wirtschaft – insbesondere der Mittelstand, aber auch Start-ups – verlangen daher, dass auch vor dem Hintergrund der Debatte über die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland die Rahmenbedingungen für die MKB attraktiver gestaltet werden müssen. Konkret forderten beispielsweise im Herbst 2017 hochrangige Unternehmensvertreter in einem „Berliner Appell zu mehr Vermögensbildung in Mitarbeiterhand“, dass der Freibetrag von 360 Euro auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau von mindestens 3.000 Euro angehoben werden sollte. In ihrem Appell sprechen sich die Unterzeichner zudem dafür aus, dass reinvestierte Dividenden und Zinserträge nach einer Haltefrist von mindestens zehn Jahren steuerfrei bleiben.

Der Koalitionsvertrag vom März 2018 weitet den Blickwinkel und sieht vor, dass neue Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung geprüft werden sollen.

Formen der Mitarbeiterkapitalbeteiligung

Formen der Mitarbeiterkapitalbeteiligung

© BMWi

Start-ups bringen neuen Wind in die Debatte

In letzter Zeit haben sich besonders Start-up-Unternehmen mit Vorschlägen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die MKB zu Wort gemeldet.

Dem liegt das zutreffende Verständnis zugrunde, dass Deutschland im Standortwettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen mit anderen EU-Mitgliedstaaten steht, aber auch mit den Vereinigten Staaten. Ein wichtiger Standortfaktor für Start-up-Unternehmen ist dabei, ob und wie sie vor allem talentierten und gesuchten Mitarbeitern attraktive Anreize für eine enge Unternehmensbindung bieten können. Dabei kommt auch der MKB eine besondere Bedeutung zu, denn junge Unternehmen wollen und können häufig noch keine Spitzengehälter wie die etablierte Industrie oder große Konzerne zahlen. Eine zielführende Alternative zur Mitarbeiterbindung sind daher Angebote, an der künftigen Wertentwicklung des Unternehmens zu partizipieren. Dabei wird als ein Problem in der Praxis häufig die „dry income“-Situation genannt: Erhält ein Beschäftigter eine vergünstigte Unternehmensbeteiligung, so muss er diesen Vorteil als Sachbezug versteuern, unabhängig davon, ob er zu diesem Zeitpunkt die Liquidität hat, um diese Steuerschuld begleichen zu können. Zudem ist der rechtliche Transfer von Anteilen nicht börsennotierter Gesellschaften aufwändig und mit relativ hohen Kosten, etwa für Beurkundungspflichten, verbunden. Start-up-Vertreter sprechen sich deshalb für deutliche Verbesserungen der gesellschaftsrechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen aus.

In einem europaweiten Aufruf (notoptional.eu), der seit Anfang 2019 von mehr als 700 Start-up-Führungskräften unterzeichnet wurde, wird unter anderem die Einführung steuerbegünstigter Mitarbeiter-Optionsprogramme gefordert. Inhalt dieser Forderung ist vor allem die generelle Einordnung der Optionsprogramme als Kapitalerträge, die anstelle der progressiven Steuer dem besonderen Steuersatz in Höhe von 25 Prozent unterliegen. Darüber hinaus soll die steuerliche Bewertung von Mitarbeiteroptionen vereinfacht werden.

Einzelne Mitgliedstaaten haben die Anliegen der Start-up- Unternehmen in den letzten Jahren bereits aufgegriffen:

Schweden schuf 2018 eine neue Kategorie von Anteilsoptionen, die kvalificerade personaloptioner, die nur für Beschäftigte von kleinen Start-up-Unternehmen verfügbar ist und erst bei Ausübung eine Steuerpflicht in Höhe des Steuersatzes für Kapitalerträge (in Schweden wie in Deutschland 25 Prozent) auslöst. Dem schwedischen Unternehmen Spotify, das intensiv im Vorfeld der Gesetzesänderung für eine steuerliche Förderung warb, dürfte dieses Instrument freilich nicht mehr zugutekommen, da das Unternehmen die Größenkriterien überschreitet.

In Frankreich wurde bereits im Jahr 2000 ein neues Instrument der Mitarbeiterbeteiligung für Start-up-Unternehmen eingeführt, die sogenannten Bons de Souscription de Parts de Createur d’Entreprise (BSPCE), die eine Besteuerung bei Ausübung der Option mit einem vergünstigten Pauschalsteuersatz verbinden. Mit dem Loi Macron wurden 2015 zudem auch Gratisanteile für die Beschäftigten einem vergünstigten steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Sonderregime unterworfen.

Der Bundesverband Deutsche Startups e.V. schlägt nach dem Vorbild Schwedens und Frankreichs auch für Deutschland vor, dass für Beschäftigte von Start-ups eine Steuerpflicht erst bei Verkauf der Anteile und dann auch nur in Höhe des Steuersatzes für Kapitalerträge anfallen soll.

Ausblick – Mitarbeiterkapitalbeteiligung, quo vadis?

Neben den schwierigen rechtlichen und steuerlichen Fragen, die auch mit Blick auf grenzüberschreitend tätige Unternehmen eine möglichst EU-weit einheitliche Vorgehensweise erfordern, birgt die Debatte auch national schwierige Zielkonflikte: So verständlich das grundsätzliche Anliegen der Start-up-Unternehmen auch ist, kann die Einschränkung von MKB-Programmen auf ausgewählte, besonders gesuchte Mitarbeiter (z. B. Programmierer) in Frage gestellt werden. Denn etablierte MKB-Programme großer Unternehmen stehen typischerweise allen Mitarbeitern gleichermaßen offen – dies ist nicht nur Voraussetzung für die steuerliche Förderung, sondern steht im Zusammenhang des übergeordneten Kontextes der Vermögensbildung, die gleichermaßen für alle Beschäftigten möglich sein soll. Es stellen sich somit in mehrfacher Hinsicht Gleichbehandlungsfragen: Weshalb soll eine stärkere Begünstigung nur für Start-up-Unternehmen gelten? Bis zu welcher Schwelle/ Kenngröße gilt ein Unternehmen noch als Start-up? Sollte man nicht zur Voraussetzung machen, dass Beschäftigte aller Unternehmen einbezogen werden – und wenn nicht bereits ab Beginn, ab welchem späteren Zeitpunkt? Für Start-up-Mitarbeiter dürften sich zudem – wenn sich das Unternehmen am Markt durchsetzt – Kapitalerträge in einer ganz anderen Dimension ergeben als der bestehende Steuerfreibetrag von 360 Euro pro Jahr. Aus Sicht des Staates wachsen wiederum mit jeder Ausweitung des Begünstigtenkreises die potenziellen fiskalischen Belastungen, die zudem im Falle einer nachgelagerten Besteuerung kaum abschätzbar sind. Aus übernationaler Sicht sollten sich einzelne Staaten zudem im Standortwettbewerb nicht gegeneinander ausspielen lassen.

Das Rückgrat der Beschäftigung und Wirtschaftskraft Deutschlands ist vor allem der Mittelstand. Für die Zukunftsfähigkeit etablierter kleiner und mittelgroßer Unternehmen (KMU) ist es ebenso wichtig, attraktiv für Mitarbeiter zu sein. Eine Förderung allein von Start-up- Mitarbeitern wäre vor diesem Hintergrund nicht zielführend, da etablierte Unternehmen davon nicht profitierten.

Dieses Spannungsfeld zwischen MKB-Förderung in der Breite und Sonderregelungen für Start-ups wird in einem laufenden Forschungsgutachten ausgelotet, das derzeit im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie von Prof. Dr. Jens Lowitzsch (Viadrina-Universität, Frankfurt/Oder) als Federführer gemeinsam mit dem Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung – Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft e.V. und der Helmut- Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg erarbeitet wird. In dem bis Anfang 2020 laufenden Forschungsprojekt werden schwerpunktmäßig erfolgreiche MKB-Modelle bei KMU und Start-up-Unternehmen untersucht und die Rahmenbedingungen im europäischen Kontext verglichen. Die Ergebnisse werden der wirtschaftspolitischen Debatte um die Stärkung der MKB weitere Impulse geben und das Blickfeld noch stärker für neue Formen der Mitarbeiterbeteiligung öffnen.


Kontakt: Dr . Malte Rosenberg, Doreen Geyer
Referat: Geld, Kredit, Finanzmärkte


Weiterführende Informationen

Finanztransfers des Bundes – Bedeutung für gesamtstaatliche Investitionen

Finanztransfers des Bundes an Länder und Kommunen sind fester Bestandteil der Wachstums- und Strukturpolitik im föderalen System Deutschlands. In der 19. Legislaturperiode sind sie unter anderem in den Kommissionen „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ und „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ in den Mittelpunkt gerückt. Durch Finanztransfers soll eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in allen Regionen Deutschlands gestützt werden. Wissenschaftliche Analysen der Wirkungen vertikaler Finanztransfers lassen bislang nur eingeschränkt allgemeine Schlussfolgerungen zu; hier besteht auch angesichts aktueller Entwicklungen weiterer Forschungsbedarf.

Euromünzen

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Die Rolle von Finanztransfers im Föderalstaat

Föderale Finanzsysteme und die Aufgabenverteilung im Gesamtstaat sind im internationalen Vergleich sehr unterschiedlich. Frankreich ist zum Beispiel ein stark zentralisierter Staat und die Schweiz als Gegenbeispiel ein stark dezentralisierter Staat. In beiden Staaten existieren wie in Deutschland vertikale Finanztransfers. Die Unterschiede in den Fiskalverfassungen in Föderal- und Einheitsstaaten führen allerdings zu unterschiedlichen Anreizstrukturen, sodass Transfers keine einheitliche Wirkung entfalten. Der Zentralisierungsgrad wird üblicherweise an den Anteilen der zentralen Ebene (in Deutschland: des Bundes) an den gesamtstaatlichen Einnahmen und Ausgaben festgemacht. In Deutschland ist im OECD-Vergleich der Grad der Ausgaben-Dezentralisierung relativ hoch. Dies deutet auf eine relativ starke Dezentralisierung auch der Aufgaben hin.

Allerdings sind die Ausgaben- und die Aufgaben-Dezentralisierung nicht deckungsgleich. Ausgaben können steigen, ohne dass zusätzlich Aufgaben übernommen werden. Über die OECD-Länder hinweg übersteigen die Ausgaben der unteren staatlichen Ebenen in der Regel ihre Einnahmen. Die eigene Einnahmeautonomie der lokalen Ebene reicht typischerweise nicht aus, um die Ausgaben zu decken, sodass eine Steuerverteilung in Kombination mit vertikalen Finanztransfers von der zentralen Ebene auf die dezentralen Ebenen erforderlich ist. Zu den „vertikalen“ Finanztransfers zählen im Föderalstaat ferner die Gemeinschaftsaufgaben und Gelder zum Ausgleich für Politikmaßnahmen, die sich über Regionen hinweg auswirken. Mit der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab 2020 nimmt das Volumen der vertikalen Transfers in Deutschland weiter zu (unter anderem steigen die Bundesergänzungszuweisungen sowie die Sanierungshilfen für das Saarland und Bremen), ohne dass Länder und Kommunen zusätzliche Aufgaben übernehmen. Der Bund entlastet die Länder ab 2020 in Höhe von anfänglich etwas über 9,7 Milliarden Euro.

Vertikale Finanztransfers kommen in sehr unterschiedlichen Politikbereichen (etwa in den Bereichen Infrastruktur, sozialer Wohnungsbau, Digitalisierung und Städtebauförderung) zum Einsatz. Sie haben jedoch alle das gemeinsame Ziel, die regionalen Finanzkraftunterschiede auszugleichen und zu einer homogeneren Entwicklung im Gesamtstaat beizutragen. Vor dem Hintergrund des in Deutschland insbesondere auf der kommunalen Ebene anhaltend hohen Bedarfs an Infrastrukturinvestitionen können Finanzhilfen einen wichtigen Beitrag leisten, öffentliche Investitionen zu steigern.

Der Bund hat in den vergangenen Jahren unter anderem investitionsbezogene Transfers gewährt oder aufgestockt: mit dem Kommunalinvestitionsförderungsgesetz (sieben Milliarden Euro von 2015 bis 2022), dem Gute-KiTa-Gesetz (5,5 Milliarden Euro von 2019 bis 2022) und im sozialen Wohnungsbau (zwei Milliarden Euro von 2020 bis 2021). Allein im Jahr 2019 betragen die Zuweisungen des Bundes für Investitionen von Ländern und Kommunen rund sieben Milliarden Euro. Das Ziel ist, die öffentliche Investitionstätigkeit auf allen Ebenen zu beleben. Die Investitionstätigkeit des Bundes selbst hat entsprechend stark zugenommen. Die aktuelle Finanzplanung sieht weitere Investitionen in Höhe von 159,2 Milliarden Euro für die Jahre 2020 bis 2023 vor. Dieser neue Höchstwert zeigt, dass die Bundesregierung ihre Investitionsoffensive fortsetzt. Auch wegen des kontinuierlichen Engagements der Bundesregierung ist der Investitionsrückstand auf kommunaler Ebene gesunken; dennoch liegt dieser laut KfW-Kommunalpanel 2019 noch bei 138,4 Milliarden Euro.

Unterschiedliche Transfertypen

Vertikale Finanztransfers können danach unterschieden werden, inwieweit sie zweckgebunden, zeitlich begrenzt und mit einer Kofinanzierung durch die Länder und Kommunen verbunden sind. Die Finanztransfers etwa, die im Rahmen des „Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen“ zur Anpassung an den Strukturwandel in den Kohleregionen geplant sind, sollen zweckgebunden, zeitlich begrenzt und mit einem Kofinanzierungsanteil der Länder in Höhe von zehn Prozent gewährt werden. Außerdem sollen die im Art 104b Abs. 2 im Grundgesetz eingeführten Steuerungs- und Kontrollrechte des Bundes verankert werden.

Ein Vorteil zeitlich begrenzter Finanztransfers ist, dass die Möglichkeit besteht, flexibler auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren. Dies können beim sozialen Wohnungsbau zum Beispiel ein durch einen Bauboom ausgelöster verringerter Wohnungsbedarf sein oder im Bereich des Breitbandausbaus privatwirtschaftliche Tätigkeiten, die den Bedarf für ein staatliches Eingreifen reduzieren. Genauso kann aber auch ein erhöhter Bedarf zum Beispiel im Bereich der Bildungsinfrastruktur durch unerwartet hohe Zuwanderung ein Anlass sein, die ursprüngliche Planung anzupassen. Schließlich erzeugt eine zeitliche Befristung auch einen gewissen Druck, die Fördermittel abzurufen und Investitionsprojekte zügig umzusetzen. Dies kann wünschenswert sein, wenn es gilt, aus konjunkturellen
Gründen Investitionsanreize zu erhöhen und Investitionen zu beschleunigen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Art. 104b Abs. 2

(2) Das Nähere, insbesondere die Arten der zu fördernden Investitionen, wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, oder auf Grund des Bundeshaushaltsgesetzes durch Verwaltungsvereinbarung geregelt . Das Bundesgesetz oder die Verwaltungsvereinbarung kann Bestimmungen über die Ausgestaltung der jeweiligen Länderprogramme zur Verwendung der Finanzhilfen vorsehen . Die Festlegung der Kriterien für die Ausgestaltung der Länderprogramme erfolgt im Einvernehmen mit den betroffenen Ländern . Zur Gewährleistung der zweckentsprechenden Mittelverwendung kann die Bundesregierung Bericht und Vorlage der Akten verlangen und Erhebungen bei allen Behörden durchführen . Die Mittel des Bundes werden zusätzlich zu eigenen Mitteln der Länder bereitgestellt . Sie sind befristet zu gewähren und hinsichtlich ihrer Verwendung in regelmäßigen Zeitabständen zu überprüfen . Die Finanzhilfen sind im Zeitablauf mit fallenden Jahresbeträgen zu gestalten .

Wirkung von Transfers auf die öffentliche Investitionstätigkeit von Ländern und Kommunen

Eine vollumfängliche systematische Erhebung, statistische Aufbereitung und Wirkungsanalyse aller vertikalen Finanztransfers in Deutschland liegt bis jetzt nicht vor. Eine Studie von Blöchliger et al. (2016) hat Untersuchungen für die Gruppe der OECD-Länder vorgenommen. Baskaran et al. (2017) haben den Effekt der Abhängigkeit von Transfers auf die wirtschaftliche Entwicklung untersucht. Sie nutzten dafür Daten zum Bund-Länder-Finanzausgleich von zehn westdeutschen Bundesländern für die Jahre 1975 bis 2005. Eine aktuelle Studie des Walter Eucken Instituts (WEI) im Auftrag des BMWi nimmt eine Analyse der deutschen Transferlandschaft nach Transfertypen mit einem Schwerpunkt auf der öffentlichen Investitionstätigkeit vor. Die dabei berücksichtigten Transferzahlungen des Bundes umfassen ein Volumen von rund 33 Milliarden Euro pro Jahr. Hiervon unterliegen jährlich knapp sechs Milliarden Euro, also etwa 18 Prozent, einer investiven Zweckbindung.

Abbildung 1 zeigt die Verteilung der durchschnittlichen Transfers der Jahre 2005 bis 2014 in Euro pro Kopf. Abbildung 2 zeigt die regionale Verteilung der Sachinvestitionen im Zeitraum von 2005 bis 2015.

© BMWi

Abbildung 1 zeigt die Verteilung der durchschnittlichen Transfers der Jahre 2005 bis 2014 in Euro pro Kopf. Im bundesweiten Vergleich weisen insbesondere die ostdeutschen Regionen ein deutlich höheres Niveau an vom Bund ausgehenden Transferzahlungen auf. Dies ist nach dem Gutachten im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass Voraussetzungen für die Gewährung von Transfers meist auf Strukturschwäche abzielen.

Abbildung 2 zeigt die regionale Verteilung der Sachinvestitionen im Zeitraum von 2005 bis 2015. Die Investitionstätigkeit ist demnach in Süddeutschland stärker ausgeprägt als im Rest von Deutschland.

Auf den ersten Blick legen die beiden Grafiken somit einen negativen Zusammenhang zwischen empfangenen Transfers und Investitionstätigkeit nahe. Diese kontraintuitive Beobachtung macht deutlich, dass für die Frage, ob und wie Transfers wirken, noch weitere Faktoren berücksichtigt werden müssen, so etwa der Aufholprozess im Zuge des Aufbaus Ost oder die kommunale Finanz- und Wirtschaftskraft. Die Studie versucht, diese Einflussgrößen in einer ökonometrischen Analyse systematisch zu berücksichtigen und den kausalen Effekt zusätzlicher Finanztransfers auf die kommunale Investitionstätigkeit zu isolieren.

Wirkung unterschiedlicher Transfertypen

Die Untersuchungen des WEI über die Investitionswirkung von Transfers auf unterschiedlichen föderalen Ebenen zeigen ferner, dass für zusätzliche Investitionsimpulse die Konstruktion der Transfers und die Ausgangslage bei den Empfängern von Bedeutung sein können. Ein positiver Investitionseffekt entsteht insbesondere bei finanzschwachen Kommunen, die zweckgebundene Transfers in Kombination mit einer Kofinanzierung erhalten. Freie Transfers wirken zwar auch positiv, dies aber eher bei finanzstarken Kommunen, die nicht auf zusätzliche Mittel zur Deckung ihrer laufenden Ausgaben angewiesen sind. Finanz- und wirtschaftsstärkere Kommunen, die ohnehin viel investieren, brauchen offenbar keine Zweckbindung, um weitere Investitionen in bestimmten Bereichen zu mobilisieren. Hier kommt es eher zu zusätzlichen Investitionen, wenn der Zweck nicht von vornherein eingeschränkt ist.

Die Studienergebnisse legen den Schluss nahe, dass finanzschwache Kommunen eher dann investieren, wenn Transfers zweckgebunden sind, da sie ansonsten die Notwendigkeit sehen, mit Transfers andere dringende Ausgaben (etwa Bildungsinfrastruktur) zu priorisieren und zu finanzieren. Eine Herausforderung der Ausgestaltung von Transfers liegt somit darin, die finanzielle Eigenverantwortung von Kommunen und den für sie zuständigen Ländern zu stärken. Eine Fokussierung auf finanzschwache Kommunen, wie zwischenzeitlich im Grundgesetz Art. 104c verankert, wirkt demnach grundsätzlich in die Richtung, die Effektivität des Mitteleinsatzes zu erhöhen. Durch eine Änderung des Grundgesetzes in diesem Jahr ist dies allerdings künftig nur noch im Rahmen freiwilliger Vereinbarungen mit den Ländern möglich.

Relevanter Forschungsbereich

Aufgrund vieler statistischer Unwägbarkeiten, die unter anderem in dem begrenzten Betrachtungszeitraum, der Verwendung von öffentlichen Finanzdaten statt realwirtschaftlichen Daten sowie in der nicht immer eindeutigen Wirkungsrichtung von Transfers auf Investitionen bestehen, sind allgemeine Schlussfolgerungen aus den bisher vorliegenden Untersuchungen zur Wirkung von vertikalen Finanztransfers in Deutschland nur eingeschränkt möglich.

Auch vor diesem Hintergrund wären eine Verbesserung der Datengrundlagen und darauf aufbauend weitere quantitative Analysen wünschenswert. Dies gilt umso mehr angesichts des absehbaren weiteren Anwachsens vertikaler Transfers. Angesichts anhaltender und sich teilweise beschleunigender Strukturveränderungen, wie Migration und zunehmende Mobilität, Digitalisierung, Alterung der Gesellschaft und Klimawandel, stellen sich neue Aufgaben, die in einem Föderalstaat auch eine koordinierte Finanzierung erfordern dürften.

Regelmäßige Evaluationen können einen Beitrag dazu leisten, Finanztransfers so auszugestalten, dass Effizienzverluste möglichst vermieden und eine zielgerichtete Förderung erreicht wird. Dabei sind sich ändernde Rahmenbedingungen zu beachten, so etwa gestiegene Sozialleistungen von Kommunen, veränderte Bedürfnisse an Gesundheitsversorgung einer alternden Gesellschaft oder alternative Mobilitätskonzepte.

Mit der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen wurde gleichzeitig das Regelwerk zur Wirkungsanalyse und -kontrolle weiterentwickelt. Die zusätzlich mit dem Art. 104b Abs. 2 im Grundgesetz eingeführten Steuerungs- und Kontrollrechte des Bundes könnten einen Beitrag zur Verbesserung künftiger Transfers leisten. Der Bund-Länder-Koordinierungsausschuss im Rahmen der „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ ist ein bewährtes Steuerungsinstrument. Es ist zu begrüßen, dass für das „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ ebenfalls ein beratendes Bund-Länder-Koordinierungsgremium geplant ist.

Kontakt: Anne Feldhusen
Referat: Finanzpolitik, konjunkturpolitische Koordinierung

Weiterführende Informationen

Die pan-afrikanische Freihandelszone AfCFTA – der Weg zu einem integrierten, aufstrebenden und friedlicheren Afrika?

Die African Continental Free Trade Area (AfCFTA) ist das wegweisende Projekt der Afrikanischen Union (AU) für die wirtschaftliche und politische Entwicklung des afrikanischen Kontinents. Hauptziel dieser pan-afrikanischen Freihandelszone ist der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen sämtlichen afrikanischen Staaten. Während an den konkreten Inhalten des Handelsabkommens noch gearbeitet wird, wecken die Verhandlungen bereits große Hoffnungen bei afrikanischen ebenso wie europäischen Unternehmen.

Lagos, Stadt in Afrika, Marktimpressionen

© iStock.com/ peeterv

Mit der African Continental Free Trade Area, kurz AfCFTA, verfolgt die Afrikanische Union (AU) das Ziel, eine pan-afrikanische Freihandelszone für Waren und Dienstleistungen zu schaffen. Es soll ein gemeinsamer afrikanischer Markt für 1,3 Milliarden Menschen mit einer gebündelten Wirtschaftsleistung von mehr als 2,3 Billionen US-Dollar entstehen. Die AfCFTA hat das Potenzial, ein Meilenstein für die wirtschaftliche und politische Entwicklung des afrikanischen Kontinents zu sein. Die geplanten Handelserleichterungen sollen den vergleichsweise geringen intra-afrikanischen Handel steigern. Der innerafrikanische Warenhandel macht nur knapp 16 Prozent des gesamten afrikanischen Warenhandels aus und entspricht mit gut 160 Milliarden US-Dollar in etwa der Hälfte des afrikanischen Warenhandels mit der EU (s. Abbildung 1). Zum Vergleich: In Europa liegt der innereuropäisch gehandelte Anteil bei etwa 70 Prozent (s. Abbildung 2).

Abbildung 1: Warenhandel Afrika nach Exportdestinationen 2018

Abbildung 1: Warenhandel Afrika nach Exportdestinationen 2018

© UNCTAD

Abbildung 2: Intra-kontinentaler Warenhandel 2018 (Anteil am Gesamtwarenhandel)

Abbildung 2: Intra-kontinentaler Warenhandel 2018 (Anteil am Gesamtwarenhandel)

© UNCTAD

Abbau von Handelshemmnissen soll Wohlstand erhöhen

Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert in seinem jüngsten Diskussionspapier, dass durch das Abschaffen der innerafrikanischen Zölle sowie das Reduzieren nicht-tarifärer Handelshemmnisse Wohlstandsgewinne für den Kontinent in Höhe von fast vier Prozent erzielt werden können, das gesamtafrikanische Handelsvolumen um etwa acht Prozent steigt und der intra-afrikanische Handel um 82 Prozent zunimmt (Abrego et al., 2019). Es ist jedoch zu erwarten, dass diese Effekte je nach Land unterschiedlich stark ausfallen. Neben Wohlstandsgewinnen durch das wachsende innerafrikanische Handelsvolumen ist auch mit einem sich beschleunigenden strukturellen Wandel durch eine stärkere Diversifizierung und Industrialisierung zu rechnen. Die Gründung der AfCFTA kann somit helfen, einige der von den Vereinten Nationen formulierten Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals), insbesondere das Ziel zur wirtschaftlichen Entwicklung (Ziel 8) und zur Industrialisierung der Wirtschaft bzw. zum Aufbau einer modernen Infrastruktur (Ziel 9), zu erreichen. Weitere Studien (u. a. Tanyi, 2015; Saygili et al., 2017) prognostizieren steigende Realeinkommen, höhere Produktivitätsraten und ein verbessertes Geschäftsklima. Darüber hinaus kann die AfCFTA zu einer größeren Unabhängigkeit afrikanischer Produzenten vom Weltmarkt und von Weltmarktpreisen beitragen.

Neue Marktchancen nicht nur für afrikanische Unternehmen

Nicht nur afrikanische Unternehmen können von der geplanten Freihandelszone profitieren. Auch europäische Firmen erhoffen sich neue Marktchancen. Denn bisher hemmt die geringe Größe einzelner afrikanischer Märkte in Verbindung mit mangelnder regionaler Integration die wirtschaftlichen Aktivitäten europäischer Unternehmen in Afrika. Investitionen und Handel werden durch einen gesamtafrikanischen Markt für europäische Unternehmen attraktiver. Allerdings bleiben unterschiedliche Zollbestimmungen zwischen der EU und den einzelnen afrikanischen Staaten trotz der AfCFTA zunächst bestehen. Obwohl die AU langfristig eine afrikanische Zollunion anstrebt, ist kurz- und mittelfristig kein einheitlicher afrikanischer Außenzoll zu erwarten. Darüber hinaus kann der steigende innerafrikanische Warenhandel dazu führen, dass Importe aus der EU ersetzt werden. Somit bleiben die möglichen Auswirkungen der AfCFTA auf europäische Unternehmen erst einmal abzuwarten.

AfCFTA als Leuchtturmprojekt der Afrikanischen Union

Für die AU ist die pan-afrikanische Freihandelszone das Leuchtturmprojekt zur Umsetzung ihrer Agenda 2063, in welcher sie die Vision eines „integrierten, aufstrebenden und friedlichen Afrikas“ formuliert. Diese Vision stellt Ausgangspunkt und Triebfeder für die geplante Freihandelszone sowie für die parallel laufenden Verhandlungen zur Schaffung eines gemeinsamen Lufttransportmarktes dar. Im Kontext der AfCFTA wurde darüber hinaus ein zusätzliches Protokoll unterzeichnet mit dem Ziel, freien Personenverkehr innerhalb Afrikas zu ermöglichen. Damit kommt der AU eine wegweisende und beratende Rolle als Koordinatorin und Vermittlerin in den derzeit laufenden Verhandlungen der Mitgliedstaaten zur AfCFTA zu. Durch ein gemeinsames Vorgehen der afrikanischen Staaten bei der wirtschaftlichen Vernetzung des Kontinents erhofft sich die AU zudem, langfristig ihre Position bei Verhandlungen auf globaler Ebene zu stärken. Letztlich ist die wirtschaftliche Integration der afrikanischen Staaten auch ein klares politisches Signal gegen Protektionismus und nationale Alleingänge sowie ein Beitrag zur Friedenssicherung.

Verhandlungen zur Schaffung der AfCFTA: Ambitionierter Fahrplan mit vielen Fragezeichen

Das von 2015 bis 2018 verhandelte Rahmenabkommen zur Schaffung der AfCFTA wurde von allen afrikanischen Staaten bis auf Eritrea unterzeichnet. Inzwischen hat etwa die Hälfte der unterzeichnenden Länder das Rahmenabkommen ratifiziert (s. Karte), welches im Mai 2019 völkerrechtlich in Kraft trat.

Die weiteren Verhandlungen über die konkrete Ausgestaltung des gemeinsamen Markts sollen in zwei Phasen erfolgen: Während der bereits begonnenen Phase I stehen die Protokolle zum Handel mit Waren und Dienstleistungen und Regelungen zum Streitschlichtungsverfahren im Fokus. Wichtigstes bisheriges Ergebnis ist die Einigung, die inner-afrikanischen Zölle auf 90 Prozent aller Produktkategorien innerhalb der nächsten fünf Jahre zu erlassen. Die verbleibenden Zölle sollen – mit Ausnahme weniger Zolllinien, die dauerhaft von der Liberalisierung ausgenommen werden – innerhalb von zehn Jahren abgeschafft werden. Diese Zehnjahres-Frist wurde für die am wenigsten entwickelten Länder (LDCs) auf 13 Jahre verlängert, damit sie ihre Volkswirtschaften besser auf den zunehmenden innerafrikanischen Wettbewerb vorbereiten können. Die Verhandlungen über die Liberalisierung des Dienstleistungsverkehrs konzentrieren sich auf fünf Sektoren: Transport, Kommunikation, Tourismus, Finanzdienstleistungen und unternehmensbezogene Dienstleistungen. In Phase II sollen die Protokolle zur Investitions- und Wettbewerbspolitik sowie zu Fragen des geistigen Eigentums verhandelt werden.

Nach wie vor bleiben viele Details und auch der genaue Zeitplan offen. Die AU zeigt sich dennoch ambitioniert und betonte auf dem Sondertreffen im Juli 2019, dass der Handel nach den Regeln der AfCFTA bereits vom 01. Juli 2020 an erfolgen soll. Ob dies gelingen wird, hängt unter anderem von der Frage ab, ob die afrikanischen Staaten über ausreichend Kapazitäten verfügen, die AfCFTA zu verhandeln und umzusetzen. In diesem Kontext ist auch die Frage nach der institutionellen Arbeitsteilung zwischen den geplanten Organen der AfCFTA entscheidend. Auch wenn bereits im Rahmenabkommen Zuständigkeiten für diese definiert wurden, müssen die konkreten Arbeitsweisen erst noch etabliert werden. Es bleibt also abzuwarten, ob sich dieser ehrgeizige Fahrplan einhalten lässt.

Ausgestaltung der AfCFTA: eine anspruchsvolle Aufgabe

Das Abkommen konkret auszugestalten gleicht einer Herkulesaufgabe mit viel Konfliktpotenzial. Die Heterogenität der Vertragsstaaten mit Blick auf Größe, Einkommensniveau und Offenheit der Volkswirtschaften stellt eine große Herausforderung dar. Mögliche Ausnahmeregeln auf bestimmte Zolllinien sowie die Schutzmaßnahmen für sensible Industrien oder junge Industriezweige stehen auf der Liste möglicher Konfliktpunkte ganz oben.

Um Nachverhandlungen und spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden, ist es erforderlich, die Handelsregeln transparent, verständlich und eindeutig auszugestalten.
Dies betrifft insbesondere die Ursprungsregeln. Diese geben Auskunft, welche Produkte aufgrund ihrer Herkunft bzw. Weiterverarbeitung innerhalb Afrikas unter die Regelungen der AfCFTA fallen. Je strikter und komplexer diese Regeln sind, desto eher kann sichergestellt werden, dass nur afrikanische Produkte und Dienstleistungen von dem Abkommen profitieren. Da viele Staaten in Afrika die Kapazitäten erst aufbauen müssen, um strikte Ursprungsregeln wirksam durchzusetzen, empfehlen die Vereinten Nationen (UNCTAD, 2019) den Verhandlungspartnern, in der Anfangsphase der Umsetzung weniger restriktive Ursprungsregeln zu wählen.

Nationale Umsetzung: Herausforderungen ins- besondere bei der Reduzierung nicht-tarifärer Handelshemmnisse

Um die AfCFTA erfolgreich umzusetzen, müssen auf nationaler Ebene kohärente und adäquate Maßnahmen ergriffen werden. Es gibt kein supra-nationales Organ, das für die Umsetzung der neuen Handelsregeln direkt verantwortlich ist. Die AU unterstützt und koordiniert die Etablierung der AfCFTA, aber letzten Endes müssen nationale Gesetze und Verordnungen verabschiedet werden, um die Wirksamkeit der Handelsregeln zu gewährleisten.

Auch zum Abbau der nicht-tarifären Handelshemmnisse sind Maßnahmen auf nationaler Ebene notwendig. In Afrika sind diese Handelshemmnisse ein größeres Hindernis für den grenzüberschreitenden Handel als Zölle. Lange Wartezeiten an Grenzübergängen, Korruption und bürokratische Hürden bremsen den innerafrikanischen Handel bisher immens aus. Auch die fehlende oder marode Infrastruktur, wie überlastete Straßen oder zu kleine Brücken, stellt häufig ein Hindernis für den grenzüberschreitenden Handel dar. So kann ein Transport von Lagos nach Hamburg weniger kosten als ein Transport von Lagos nach Tema im benachbarten Ghana. Um die AfCFTA erfolgreich umzusetzen, ist es daher ebenso erforderlich, ein handelsfreundliches Rechtssystem zu schaffen, wie auch die Infrastruktur zu modernisieren.

EU und Deutschland unterstützen die Bemühungen der AU

Die Europäische Union (EU) und Deutschland fördern die Bemühungen der AU durch eine Reihe von Maßnahmen. Konkret unterstützt die EU die Verhandlungen der AfCFTA mit 50 Millionen Euro für den Zeitraum von 2018 bis 2020. Ein erstes Projekt mit einem Volumen von drei Millionen Euro wurde im Dezember 2018 in Zusammenarbeit mit der Economic Commission for Africa der Vereinten Nationen (UNECA) gestartet. Im selben Jahr half die EU afrikanischen Ländern mit fünf Millionen Euro, globale Zollstandards und weitere Handelserleichterungen umzusetzen. Zudem unterstützt die Bundesregierung die AfCFTA unter anderem über die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB).

Abbildung 3: Länderübersicht – Welche Staaten haben das AfCFTA-Rahmenabkommen unterzeichnet bzw. ratifiziert?

Abbildung 3: Länderübersicht – Welche Staaten haben das AfCFTA-Rahmenabkommen unterzeichnet bzw. ratifiziert?

© tralac 2019 (Letzte Aktualisierung: Juli 2019)

EU-Kommissionspräsident Juncker hatte im September 2018 angekündigt, langfristig ein Kontinent-zu-Kontinent- Abkommen zwischen EU und AU anzustreben. Dieses Abkommen könnte perspektivisch auf der AfCFTA aufbauen, erfordert auf afrikanischer Seite jedoch die tatsächliche Umsetzung der AfCFTA und eine Zollunion mit gemeinsamem Außenzoll. Da dies innerhalb der nächsten Jahre kaum realistisch erscheint, ist vorerst die Umsetzung der Economic Partnership Agreements (EPAs) der EU mit regionalen Staatengruppen in Afrika zentral.

Zusammenfassend erweisen sich die Bestrebungen der afrikanischen Staaten, eine pan-afrikanische Freihandelszone zu gründen, als weiterer Schritt auf dem Weg zu einem integrierten, aufstrebenden und friedlicheren Afrika. Ein gemeinsamer afrikanischer Markt wird nicht nur afrikanischen, sondern auch europäischen Unternehmen neue Marktchancen bieten. Allerdings gilt es trotz der beeindruckenden Geschwindigkeit der vergangenen Verhandlungen weiter abzuwarten, wie ernst es die afrikanischen Regierungen mit der Umsetzung dieser Vision meinen.

Kontakt: Alessandro Hörmann, Dr. Ulrike Zirpel
Referat: Subsahara-Afrika

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Literatur:

Abrego, M. L., Amado, M. A., Gursoy, T., Nicholls, G. P., & Perez­Saiz, H. (2019). The African Continental Free Trade Agreement: Welfare Gains Estimates from a General Equilibrium Model. International Monetary Fund.

Saygili, M., Peters, R., & Knebel, C. (2017). African continental free trade area: Challenges and opportunities of tariff reductions. UN.

Tanyi, K. T. (2015). Assessing Africa’s two billion populated market by 2063: The facts and fallacies of a Continental Free Trade Area (CFTA). Business and Economics Journal, 6(3), 1.

UNCTAD (2019). Economic Development in Africa Report 2019 (Made in Africa – Rules of Origin for Enhanced Intra-African Trade).

Weiterführende Informationen

Zwerge mit riesiger Verantwortung

Warum die Mikroelektronik für Europa so wichtig ist

Ohne sie geht fast nichts mehr: Flugzeuge bleiben am Boden, Banken überweisen kein Geld und Patienten werden nicht behandelt. Mikroelektronische Komponenten steuern unser modernes Leben. Diese unverzichtbaren elektronischen Bauteile fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen eines „IPCEI Mikroelektronik“ (Important Project of Common European Interest) mit einer Milliarde Euro.

Zelle

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Winzige Komponenten überall

Ein Leben ohne Computer, Smartphone und viele internetbasierte Angebote wie Lieferdienste, Handelsplattformen und Social-Media-Kommunikation kann sich wohl kaum noch jemand vorstellen. Mikroelektronik leistet jedoch weit mehr, als den Alltag von Verbraucherinnen und Verbrauchern angenehmer zu gestalten. Chips, Sensoren und Co. steuern unseren Verkehr mit seinen Personen- und Warenströmen sowie unseren Energieverbrauch. Sie ermöglichen eine moderne medizinische Versorgung in Arztpraxen und OP-Sälen. In der Landwirtschaft kontrollieren sie, wie unsere Nahrungsmittel gedeihen, helfen bei Ernte und Verarbeitung. Behörden, Sicherheitskräfte und Wissenschaft arbeiten dank der IT-Infrastruktur schneller und bürgernäher. Kurzum, Mikroelektronik ist im 21. Jahrhundert geradezu überlebenswichtig: für die Bürgerinnen und Bürger, für die Unternehmen und den Staat. Und sie wird es bleiben, denn die Digitalisierung schreitet dank technischer Innovationen – auch in der Mikroelektronik – immer weiter voran. Leistungsfähigere Chips und andere mikroelektronische Komponenten sind Schlüsseltechnologien für zahlreiche Anwendungen in vielen Bereichen unserer Gesellschaft.

Abbildung 1: Einsatz von Mikroelektronik

Abbildung 1: Einsatz von Mikroelektronik

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Branchenübergreifende Schlüsseltechnologie mit Hebelwirkung …

Mikroelektronische Bauelemente werden in der Regel aus Halbleitermaterialien wie Silizium hergestellt. Unternehmen und Forschungseinrichtungen arbeiten daran, immer mehr Informationen auf immer geringerer Fläche noch schneller zu erfassen, zu verarbeiten und zu speichern. Solche mikroelektronischen Bauteile sind in nahezu allen elektronischen Geräten eingebaut. Deshalb gilt die Mikroelektronik als Schlüsseltechnologie für Innovationen. Diese entfaltet eine volkswirtschaftliche Hebelwirkung und treibt die Entwicklung neuer marktfähiger Produkte voran: So arbeitet beispielsweise die Automobilindustrie an autonom fahrenden Fahrzeugen, der Maschinen- und Anlagenbau entwickelt hochautomatisierte und durch Künstliche Intelligenz (KI) gesteuerte Industrieanlagen und die Medizintechnik forscht an noch intelligenterer Bilderkennungssoftware, um zuverlässigere Diagnosen stellen zu können.

… und auf weltweitem Wachstumskurs

Es ist daher kein Wunder, dass der Bedarf an Mikroelektronikprodukten seit Jahrzehnten weltweit steigt – und zwar so rasant, dass Zulieferer ebenso wie Anlagenhersteller die Nachfrage der Halbleiterindustrie kaum bedienen können. Der globale Halbleitermarkt wuchs in den letzten Jahren stetig, 2017 um rekordverdächtige 21,6 % und 2018 um 13,7 %. Auch der deutsche Halbleitermarkt nahm laut dem

Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI) 2018 gegenüber dem Vorjahr um acht Prozent auf 14 Milliarden Euro zu. 2018 lag das weltweite Marktvolumen von Halbleitern bei 469 Milliarden US-Dollar. Marktgröße und Wachstum verteilen sich dabei ungleichmäßig über die Weltregionen. China belegt mit 158,4 Milliarden US-Dollar Platz 1. Mit weitem Abstand folgen die USA (95,2 Milliarden US-Dollar), Südkorea (48,8 Milliarden US-Dollar) und die Europäische Union (EU) (41,2 Milliarden US-Dollar).

Europa mag auf den ersten Blick kein großer Player im Vergleich zu Asien und den USA sein. Jedoch arbeiten im „Silicon Europe“ zurzeit etwa 400.000 Menschen in Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit ihrer Expertise an neuen Technologien „Made in Europe“. Dank ihnen ist Europa führend bei Halbleitern für die Automobil- und Industrieelektronik. Dort entwickelte Lösungen in der Mikroelektronik sind damit indirekt die Grundlage für Millionen Arbeitsplätze in den Zulieferindustrien und in nachgelagerten Anwendungen.

Mikroelektronik in Deutschland

In Deutschland haben sich vor allem Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Südwestdeutschland zu starken Zentren der Halbleiterindustrie bzw. der Mikroelektronik entwickelt. Allein im sogenannten „Silicon Saxony“ arbeiten rund 25.000 Menschen.

Zum weit verzweigten Netzwerk der Mikroelektronik-Akteure gehören neben namhaften Großunternehmen und Forschungseinrichtungen auch weit über tausend kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Viele sind auf Gebiete wie Sensorik, Verbindungstechnik oder Systemintegration spezialisiert und auf dem Weltmarkt erfolgreich.

IPCEI: Gemeinsam in Europa für die mikroelektronische Zukunft

Künstliche Intelligenz, Internet der Dinge, Elektromobilität und autonomes Fahren: In den Technologien der Zukunft wird es noch wichtiger sein, über welche Fähigkeiten Chips und Co. verfügen und mitzubestimmen, wofür und wiesie verwendet werden. Aus wirtschaftlicher und (sicherheits-)politischer Sicht ist es wichtig, dass Deutschland und Europa ihre Mikroelektronik-Kompetenzen stärken und Produktionskapazitäten entsprechend ausrichten: eine Aufgabe, die die EU-Mitgliedstaaten am besten gemeinsam schultern können.

IPCEI – einfach erklärt

Mit einem „Important Project of Common European Interest“ können EU-Mitgliedstaaten erstmals Innovationen bis zur ersten gewerblichen Nutzung fördern . Das ist neu, denn grundsätzlich dürfen EU-Staaten Innovationen außerhalb von Regionalfördergebieten nur als Forschungs- und Entwicklungsprojekte fördern . Damit soll der Wettbewerb gewahrt werden . Gibt es aber ein übergeordnetes europäisches Interesse und sind die zu tätigenden Investitionen nicht alleine von den Unternehmen zu stemmen, können solche Projekte dank spezieller Beihilferegeln von mehreren Staaten gemeinsam umgesetzt werden . Ein IPCEI erfordert die beihilferechtliche Genehmigung der Europäischen Kommission . Diese achtet darauf, dass alle EU-Mitgliedstaaten profitieren können und keine unverhältnismäßige Wettbewerbsverzerrung stattfindet . Das Fördergeld kommt bisher aus den beteiligten Ländern selbst, nicht von der EU .

Ende 2018 hat die Europäische Kommission das „Important Project of Common European Interest (IPCEI) Mikroelektronik“ beihilferechtlich genehmigt. Damit wurde mehreren europäischen Ländern erlaubt, gemeinsam länderübergreifende Kooperationsprojekte mit großen Synergien in der Mikroelektronik zu unterstützen – und zwar erstmalig bis zur ersten gewerblichen Nutzung.

Weil die Mikroelektronik erheblichen Einfluss auf die Innovationsfähigkeit Europas hat, ist es kein Zufall, dass sich das europaweit erste derartige IPCEI gerade dieser Schlüsseltechnologie widmet. Mit dem „IPCEI Mikroelektronik“ wollen Deutschland, Frankreich, Italien und das Vereinigte Königreich die europäischen Kompetenzen in diesem Feld erhalten und weiter ausbauen. Zudem wollen sie sicherstellen, dass möglichst die gesamte Wertschöpfungskette der Mikroelektronik hiesigen Akteuren zuverlässig zur Verfügung steht. Das heißt vor allem, dass Europa Schlüsselkomponenten der Mikroelektronik auch selbst produzieren kann. Deutschland, Frankreich, Italien und das Vereinigte Königreich fördern mit staatlichen Mitteln in Höhe von insgesamt 1,75 Milliarden Euro die Entwicklung neuer mikroelektronischer Produkte über Branchen- und Ländergrenzen hinweg.

Erstmalig wurde damit das übergeordnete europäische Interesse an einer wichtigen Schlüsseltechnologie in eine gemeinsam getragene Fördermaßnahme übersetzt. Gerade Investitionen in der Mikroelektronik sind häufig finanziell sehr riskant. Mit der Unterstützung durch den jeweiligen Staat werden Unternehmen dazu motiviert, ehrgeizige Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsmaßnahmen voranzubringen. Im Rahmen von „IPCEI Mikroelektronik“ können Unternehmen auch in spezielle Ausrüstung und Baumaßnahmen investieren und damit Bedingungen schaffen, die langfristig und für viele Zwecke nutzbar sind. Im „IPCEI Mikroelektronik“ ist daher auch die ganze weit- verzweigte Mikroelektronik-Themenfamilie versammelt: z. B. Optikentwicklung, Design von Hardware, Prozesswissen, Produktionsanlagen, Chipherstellung sowie nachgelagerte Anwendungen der verschiedensten Branchen.

Abbildung 2: „IPCEI Mikroelektronik“ in Zahlen

Abbildung 2: „IPCEI Mikroelektronik“ in Zahlen

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Bis in jeden Winkel Europas

Am „IPCEI Mikroelektronik“ sind direkt 29 europäische Unternehmen beteiligt. Sie setzen 40 eng miteinander zusammenhängende Teilprojekte um. Diese Unternehmen werden im Laufe des Projekts mit zahlreichen weiteren Partnern wie beispielsweise Forschungsorganisationen oder kleinen und mittleren Unternehmen zusammenarbeiten, und zwar über die vier beteiligten Mitgliedstaaten der EU hinaus. Das technologische Wissen, das die beteiligten Unternehmen im Zuge von „IPCEI Mikroelektronik“ generieren, soll auf diese Weise weit über die vier beteiligten Mitgliedstaaten in der europäischen Mikroelektronikbranche verbreitet werden und so möglichst vielen zugutekommen. Geplant sind Veranstaltungen, Publikationen und länderübergreifende Kooperationen wie z. B. Zulieferungen von Materialien und Ausrüstungen für die Fertigung durch europäische Hersteller. Denn: „IPCEI Mikroelektronik“ soll nicht nur auf dem Papier ein europäisches Projekt sein, sondern bis in jeden Winkel Europas bekannt werden und auch dort andere Branchen und Anwendungen voranbringen.

Schon heute zeigt das „IPCEI Mikroelektronik“ Vorbildcharakter: Mittlerweile sind weitere IPCEI initiiert worden, bei denen unter anderem mobile und stationäre Energiespeicher im Fokus stehen.

Eine Milliarde Euro für deutsche Unternehmen

Den mit einer Milliarde Euro größten Betrag der beteiligten Mitgliedstaaten trägt das BMWi. Damit werden 16 Unternehmen mit Betriebsstätten in Deutschland unterstützt, die ihrerseits insgesamt mehr als 2,6 Milliarden Euro in Forschung, Entwicklung und Umsetzung investieren. Die Förderung durch das BMWi hat hier noch einmal für einen besonderen Schub gesorgt und Investitionen unterstützt, die sonst nicht oder nicht in dieser Höhe getätigt worden wären. So entsteht in diesem Zusammenhang beispielsweise in Dresden die größte Chipfabrik Europas und in Oberkochen einer der größten sogenannten Reinräume Europas. Mit dem finanziellen Anschub des BMWi hat die deutsche Mikroelektronikindustrie die Chance, in neuen, hochmodernen Fabriken innovative Fertigungstechnologien und -prozesse für die Massenfertigung von Chips und mikroelektronischen Systemen zu entwickeln.

Förderung in Deutschland für fünf konkrete Themenfelder

Die Projekte widmen sich fünf verschiedenen Technologiebereichen:

  1. 1. Energieeffiziente Chips können den Gesamtenergieverbrauch von elektronischen Geräten deutlich verringern.
  2. 2. Leistungshalbleiter können zum Beispiel in intelligenten Geräten, in Elektro- und Hybridfahrzeugen oder bei der Stromübertragung eingesetzt werden.
  3. 3. Intelligente Sensoren können unter anderem dazu beitragen, die Fahrzeugsicherheit zu verbessern . Zum Beispiel beim Fahrspurwechsel oder beim Umfahren eines Hindernisses kann das Fahrzeug so verlässlicher und schneller reagieren.
  4. 4. Fortgeschrittene optische Geräte ermöglichen verbesserte Technologien für zukünftige High-EndChips und die Chipherstellung.
  5. 5. Verbundwerkstoffe sollen Silizium ersetzen und den Fortschritt in der Chipentwicklung beschleunigen.

Diese fünf Technologiebereiche ergänzen sich gegenseitig und sind eng miteinander verflochten – Chips werden normalerweise nicht separat, sondern als Teil eines integrierten Systems geliefert. Aus diesem Grund arbeiten die Unternehmen an 40 eng miteinander verknüpften Teilprojekten zusammen.

Der Blick nach vorn

Wie schnell und erfolgreich die Digitalisierung in Deutschland und Europa gelingt, hängt u. a. davon ab, ob hier genügend leistungsstarke mikroelektronische Systeme gefertigt werden können. Deutschland und Europa müssen im internationalen Technologiewettbewerb vorne mitspielen, denn nur so sichern wir gemeinsam die Zukunft unserer Volkswirtschaften und unseren Lebensstandard.

Mit dem „IPCEI Mikroelektronik“ ist ein wegweisender Schritt in diese Richtung gelungen. Bis 2025 sollen die geplanten Investitionen in der EU umgesetzt werden. Die Mikroelektronikbranche in Europa dürfte daraus gestärkt hervorgehen. Und das BMWi trägt dazu bei, vertrauenswürdige und leistungsfähige Mikroelektronik „Made in Germany“ und „Made in Europe“ voranzutreiben.

Kontakt: Franziska Wonneberg
Referat: Investitionsgüterindustrie


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