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08.05.2018 - Online-Version - Schlaglichter der Wirtschaftspolitik

I. Wirtschaftspolitische Themen und Analysen

Einleitung

1. Auf einen Blick

Deutscher Musikinstrumentenpreis 2018: Wichtigster „Award“ der deutschen Musikinstrumentenbranche

Am 13. April 2018 wurde der Deutsche Musikinstrumentenpreis auf der internationalen Musikmesse verliehen. „Deutsche Musikinstrumente sind nicht nur High-End-Produkte, sondern wahre Exportschlager. Denn nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland werden Musikinstrumente ‚Made in Germany‘ von professionellen Musikern und auch von Laien geschätzt“, so der Parlamentarische Staatssekretär a.D. und Präsident der Bundesvereinigung deutscher Orchesterverbände Ernst Burgbacher auf dem Festakt zur Verleihung des Deutschen Musikinstrumentenpreises in der Festhalle in Frankfurt am Main.

Der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ausgelobte Preis lenkt seit nunmehr 28 Jahren die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit auf die herausragenden Produkte deutscher Instrumentenhersteller. Mittlerweile gilt der Deutsche Musikinstrumentenpreis nicht nur als Qualitätssiegel, sondern dokumentiert auch die Innovationskraft der Branche. Seit 1991 wurden rund 570 Instrumente zur Teilnahme am Deutschen Musikinstrumentenpreis eingesandt.

Die Bewertung der Musikinstrumente findet im Institut für Musikinstrumentenbau in Zwota statt und erfolgt im Rahmen eines dreistufigen Verfahrens:

  • Subjektive Bewertung der Instrumente durch fünf hochrangige Musiker anhand eines auf einen Fragebogen gestützten Spieltests.
  • Bewertung der handwerklichen Qualitäten durch einen unabhängigen Sachverständigen.
  • Objektive Bewertung der akustischen Eigenschaften auf messtechnischer Basis durch das Institut für Musikinstrumentenbau.

Traditionell wird der Wettbewerb jeweils für zwei Produktgruppen ausgeschrieben. 2018 fiel die Wahl auf die Kategorien Bratsche und Oboe.

Kategorie Bratsche

In der Kategorie Bratsche ging der bedeutende Award an Steffen Friedel aus Dresden für die Wappenbratsche.

Die Bratsche

Die Bezeichnung "Bratsche" ist abgeleitet von der Viola da Braccio ("Armviola"). Ihre Wurzeln liegen im 16.Jahrhundert, jedoch erst ab Mitte des 18. Jahrhunderts trugen Komponisten – allen voran Telemann und Mozart – dem Instrument durch Solokompositionen Rechnung. Die große Wende vollzog sich schließlich im 19. und 20. Jahrhundert mit Werken wie Berlioz' "Harold en Italie" (1834) und Vorreitern wie Paul Hindemith. Seitdem erhält die Bratsche ihre verdiente Aufmerksamkeit und ist nicht nur im Orchester und in der Kammermusik unverzichtbar. Auch in der Folklore sowie in der Pop- und Rockmusik (z.B. Beatles, Velvet Underground) sorgt sie für interessante Akzente.

Kategorie Oboe

In der Kategorie Oboe setzten sich die Gebrüder Mönnig aus Markneukirchen für die Oboe Modell 155 AM durch.

Die Oboe

Die Oboe ist die Königin der Holzblasinstrumente. Bereits im Jerusalem des Alten Testaments wurde zu unterschiedlichen Anlässen die Chalil gespielt, die als eine der frühesten Vorgängerinnen der Oboe gilt. Schon damals fiel den Menschen der durchdringende Klang dieses Instruments auf. Die Legende besagt, er sei bei Gottesdiensten im Jerusalemer Tempel bis nach Jericho zu hören gewesen. Heute ist die Oboe Bestandteil des klassischen Orchesters (z. B. Werke von Bach, Mahler, Strauss) und der Kammermusik (z. B. Schumann, Britten), wird jedoch gelegentlich auch in den Bereichen Jazz (z. B. Paul McCandless in der Gruppe Oregon), Rock (z. B. Roxy Music, Genesis) und Pop (z. B. Art Garfunkel im Lied Bright Eyes) eingesetzt. Besondere Beliebtheit gewann die Oboe mit „Gabriel’s Oboe“ von Ennio Morricone aus dem Film „ The Mission“.

Die Siegerinstrumente konnten vorab auf der Messe begutachtet werden und wurden auf dem Festakt von namhaften Künstlern des hr-Sinfonieorchesters präsentiert.

Mehr Informationen zum Deutschen Musikinstrumentenpreis hier.

Kontakt: Christiane Hoerner-Warias
Referat: Spezielle Fragen der industriellen Wertschöpfung

Blockchain-Workshop im BMWi

Am 16. April 2018 hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zu einem Blockchain-Workshop eingeladen. Rund 45 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Wirtschaft, der Wissenschaft, aus Forschungseinrichtungen, Verbänden und anderen Bundesministerien diskutierten über die technologischen und regulatorischen Herausforderungen dieser noch jungen, aber sehr vielversprechenden Technologie.

Was ist eine Blockchain?

Blockchains sind dezentrale, digitale Register, die durch kryptographische Verfahren und dezentrale Speicherung ein hohes Maß an Datenintegrität und Vertrauenswürdigkeit bieten. [1] Eine ausführliche Darstellung der Blockchain-Technologie und ihrer Funktionsweise findet sich in der Schlaglichter-Ausgabe von Oktober 2016. Ihr großes Potenzial beruht auf ihrer Funktionsweise, die sichere und nachprüfbare Transaktionen zwischen Unbekannten ermöglicht. Sie stellen damit eine technologische Lösung für Vertrauensprobleme dar, die sich an ganz unterschiedlichen Stellen des Wirtschaftslebens ergeben.

Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain-Technologie gibt es sektorübergreifend in vielen Feldern – zum Beispiel im Mobilitäts- und Energiebereich, bei digitalen Registern und Identitäten oder in der Finanzwirtschaft. Die Blockchain-Technologie könnte damit zu einer wichtigen Schlüsseltechnologie der Digitalisierung werden und disruptive Veränderungen des Wirtschafts- und Gesellschaftslebens mit sich bringen. Das hohe wirtschaftliche Potenzial dieser Technologie kommt nicht zuletzt in den hohen Wachstumsraten von Unternehmensgründungen, Investitionen und Patentanmeldungen im Zusammenhang mit Blockchain-Anwendungen zum Ausdruck. Wirtschaftspolitisch stellt sich in diesem Zusammenhang die Aufgabe, die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen, um die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken.

Welche Herausforderungen gibt es?

Die noch offenen Fragen mit Blick auf die Blockchain-Technologie sind vielfältig. Dementsprechend nahm die Diskussion dieser zum Teil fundamentalen technologischen und rechtlichen beziehungsweise regulatorischen Aspekte einen wichtigen Teil des Workshops ein.

Auf der technologischen Seite müssen unter anderem Fragen zum Ressourcenverbrauch und zur Geschwindigkeit von Blockchains adressiert werden, um deren Wirtschaftlichkeit und Effizienz im Vergleich zu bereits bestehenden Technologien zu verbessern. Eine grundlegende Eigenschaft von Blockchains ist deren dezentrale Verteilung in einem Netzwerk aus vielen Servern. Transaktionen, die über eine Blockchain laufen, müssen in einem aufwendigen kryptographischen Verfahren verarbeitet werden. Das macht Blockchains zum einen sicher gegen Manipulationen, aber gleichzeitig – noch jedenfalls – auch langsam und teuer. Ein weiterer Aspekt betrifft die noch mangelnde Interoperabilität, d. h. das Zusammenwirken verschiedener Blockchains. In der Regel sind diese für ihre Anwendung optimiert, aber der Transfer von Daten zwischen Blockchains funktioniert derzeit noch nicht besonders gut. Die vertretenen Expertinnen und Experten machten deutlich, dass bereits an Lösungen für diese Probleme gearbeitet wird und sich Blockchains stetig weiterentwickeln werden.

Auf der rechtlichen Seite ergeben sich aus der dezentralen Netzwerkstruktur von Blockchains Fragen zum verantwortlichen Regelungsadressaten, an den beispielsweise Haftungsansprüche und Informationsauskunftsersuchen gerichtet werden können. Außerdem ist oftmals unklar, welcher Rechtsraum bei grenzüberschreitenden Netzwerken anzuwenden ist. Eine grundlegende Eigenschaft von Blockchains ist zudem die irreversible Speicherung aller Transaktionen, was im Spannungsverhältnis zu eventuellen Rechten auf Löschung bestimmter Inhalte, wie etwa dem „Recht auf Vergessenwerden“ im Datenschutzrecht, stehen kann. Auch in anderen Bereichen ist die Kompatibilität von Blockchains mit der Datenschutzgrundverordnung noch zu klären.

Wie geht es weiter?

In den spannenden Diskussionen wurde eine Reihe von Bereichen identifiziert, in denen sich die Blockchain-Community ein stärkeres Engagement der Wirtschaftspolitik wünscht. Dies betrifft unter anderem das Setzen einiger grundsätzlicher Standards, zum Beispiel mit Blick auf Sicherheitsanforderungen, die Definition von Formvorschriften oder um die Interoperabilität von Blockchains zu verbessern. Um Blockchains für rechtssichere digitale Identitäten verwenden zu können, bedürfe es ebenfalls der politischen Unterstützung für den notwendigen Ordnungsrahmen. Zudem sollte die Verwaltung mit gutem Beispiel vorangehen und den Einsatz von Blockchains in ihrem Einflussbereich umsetzen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird den begonnenen Dialog mit Beteiligten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik fortsetzen, um das im Koalitionsvertrag formulierte Ziel einer umfassenden Blockchain-Strategie der Bundesregierung weiter voranzutreiben.

Kontakt: André Eid
Referat: Wirtschaftspolitische Analysen

[1] Eine ausführliche Darstellung der Blockchain-Technologie und ihrer Funktionsweise findet sich in der Schlaglichter-Ausgabe von Oktober 2016.

Nachhaltigkeit hat viele Facetten: Nachhaltigkeitswoche 2018

In jedem Jahr – so auch 2018 – findet vom 30. Mai bis 5. Juni die Europäische Nachhaltigkeitswoche statt, um den vielen Initiativen auf nationaler wie europäischer Ebene Aufmerksamkeit zu verschaffen. Für das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ist das eine gute Gelegenheit, auf seine vielfältigen Aktivitäten, die Nachhaltigkeit befördern, hinzuweisen.

Denn Nachhaltigkeit bedeutet eben nicht nur, die Umwelt zu schützen und somit für nachfolgende Generationen zu bewahren. Hier leistet das BMWi mit seinen Maßnahmen zur Umstellung auf erneuerbare Energien und zur Steigerung der Energieeffizienz einen wesentlichen Beitrag.

Nachhaltigkeit hat viel mehr Facetten. Es geht generell darum, die Welt für künftige Generationen lebenswert zu erhalten, und dazu gehören eine gesunde wirtschaftliche Basis, ein gutes soziales Umfeld und die Bewahrung der ökologischen Grundlagen.

Immerhin umfasst die von den Vereinten Nationen verabschiedete Agenda 2030 insgesamt 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals – SDGs), die mit der – von der Bundesregierung 2017 beschlossenen – Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen und in einer BMWi-Nachhaltigkeitsstrategie weiter konkretisiert wurden.

Zu den für das BMWi besonders relevanten Nachhaltigkeitszielen gehört – neben dem Ziel, den Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle zu sichern (SDG 7) – ein inklusives Wirtschaftswachstum mit produktiver Vollbeschäftigung und menschenwürdiger Arbeit für alle (SDG 8), der Aufbau belastbarer Infrastruktur und die Unterstützung zukunftsträchtiger Innovationen (SDG 9), die Verringerung von Ungleichheit in und zwischen Ländern (SDG 10), die Einführung nachhaltiger Konsum- und Produktionsmuster (SDG 12) und die Intensivierung globaler Partnerschaften für nachhaltige Entwicklung (SDG 17).

Nachhaltigkeit spielt somit bei ganz unterschiedlichen Themen, mit denen sich das BMWi beschäftigt, eine wichtige Rolle: Beispielsweise bei der Berücksichtigung nachhaltiger Aspekte im Vergaberecht, bei der Entwicklung der Finanzmärkte hin zu Sustainable Finance, bei Maßnahmen zur Elektrifizierung des Verkehrs, bei der Förderung von Ressourceneffizienz durch Leichtbau, bei den Programmen zur Förderung von Innovationen, bei der Umsetzung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen oder bei der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in Regelungen zur beruflichen Aus- und Fortbildung, aber auch in vielen anderen Bereichen.

Da Akteure aus der Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft bei der Umsetzung der Agenda 2030 eine zentrale Rolle spielen, hat das BMWi ein Stakeholder-Roundtable eingerichtet und dazu neben unternehmensnahen Verbänden auch Gewerkschaften, ausgewählte Umweltverbände und wissenschaftliche Institute eingeladen. Ein erstes Stakeholder-Roundtable fand im November 2017 statt, ein weiteres Treffen ist im Rahmen der Nachhaltigkeitswoche geplant. Grundlegende Informationen und die BMWi-Nachhaltigkeitsstrategie sind auf der Themenseite „Nachhaltigkeit“ zu finden.

Kontakt: Stefan Liebenberg
Geschäftsstelle Ressortkoordination Nachhaltigkeit

70 Jahre Wissenschaftlicher Beirat beim BMWi

Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi war das erste unabhängige Gremium wissenschaftlicher Politikberatung im Nachkriegsdeutschland. In diesem Jahr feiert der Beirat den 70. Jahrestag seiner Gründung. Im Rahmen einer Festveranstaltung im BMWi mit hochrangigen Teilnehmern aus Wissenschaft und Politik wurden auch wichtige Zukunftsfragen für Deutschland und Europa diskutiert

Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi besteht in diesem Jahr seit 70 Jahren. Anlässlich der Jubiläums-Feierlichkeiten am 26. April 2018 im BMWi gratulierte Bundesminister Altmaier dem Beirat: „Am Erfolgsmodell der Sozialen Marktwirtschaft hat der Wissenschaftliche Beirat mit seinen fundierten Beiträgen einen wichtigen Anteil. Die Unabhängigkeit wissenschaftlicher Beratung des Beirats und anderer Institutionen ist ein hohes Gut, das den wirtschaftspolitischen Diskurs für einen Wettbewerb der Ideen eröffnet. Ich danke dem Beirat und freue mich auf eine enge Zusammenarbeit bei unser aller Aufgabe, der Sozialen Marktwirtschaft eine Renaissance zu ermöglichen und sie zu einem weltweiten Erfolgsschlager made in Germany zu machen.“

Jubiläumsfeier thematisiert Weichenstellungen in Deutschland und Europa

Im Rahmen der Jubiläumsfeier diskutierten Mitglieder des Beirats aktuelle wirtschaftspolitische Fragen mit Vertreterinnen und Vertretern unter anderem des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der Deutschen Bundesbank und des BMWi. So beschäftigte sich ein erstes Panel mit zentralen Herausforderungen für Deutschland. Prof. Dr. Christoph Schmidt, Vorsitzender des Sachverständigenrats, Prof. Marcel Fratzscher, Ph.D., Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin, und Dr. Philipp Steinberg, Abteilungsleiter im BMWi, tauschten sich unter anderem zur voranschreitenden Digitalisierung sowie zu Fragen tatsächlicher und wahrgenommener Ungleichheit aus – im Fokus stand hier die Weiterentwicklung der Sozialen Marktwirtschaft.

In einem zweiten Panel diskutierte Oliver Wittke, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, wichtige Weichenstellungen in Europa mit Prof. Dr. Claudia Buch, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, und Prof. Dr. h.c. mult. Martin Hellwig, Ph.D., vom Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern. Dabei reichte das Themenspektrum von der Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion über die Gestaltung des Brexit bis hin zur europäischen Reaktion auf aktuelle handelsprotektionistische Tendenzen.

Die Jubiläumsfeier des Beirats ermöglichte nicht zuletzt einen Ideenaustausch über die Landesgrenzen hinaus. So nahmen an den Feierlichkeiten im BMWi auch Mitglieder des französischen Conseil d’analyse économique teil, die im Rahmen eines „Beiratscafés“ über die französische Perspektive auf Europa informierten.

Erstes unabhängiges Gremium der wissenschaftlichen Politikberatung

Aufgabe des Beirates ist es, den Bundesminister für Wirtschaft und Energie unabhängig in allen Fragen der Wirtschaftspolitik in wissenschaftlich fundierter Weise zu beraten. Der Beirat setzt sich aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusammen, die auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Rechtswissenschaften als Hochschullehrende tätig sind. Der Beirat bestimmt den Gegenstand seiner Beratungen selbst und teilt die Ergebnisse seiner Beratungen in Form gutachterlicher Äußerungen mit, bei aktuellen Anlässen auch in Form von Briefen.

Der Beirat war das erste unabhängige Gremium der wissenschaftlichen Politikberatung im Nachkriegsdeutschland. Er wurde am 23. Januar 1948 auf Einladung der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, dem Vorläufer des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, in Königstein/Taunus formell konstituiert. Zu den Gründungsmitgliedern zählten insbesondere die Professoren Franz Böhm, Walter Eucken, Alfred Müller-Armack, Oswald von Nell-Breuning, Erich Preiser und Karl Schiller.

Der Beirat hat sich einen herausragenden Ruf erworben und begleitet die deutsche Wirtschaftspolitik auch aktuell eng mit seinen Stellungnahmen und Impulsen. Zuletzt hat er insbesondere Debattenbeiträge zu Themen wie dem Brexit und Reformen in Europa, aber auch zur Digitalisierung, zu Finanzmarktfragen und zur Energie- und Klimapolitik geleistet. Dabei stehen neben konkreten aktuellen Anlässen immer wieder auch Grundsatzfragen der Wirtschaftspolitik, ordnungspolitische Aspekte und eine langfristige Perspektive im Vordergrund.

Weitere Informationen zum Wissenschaftlichen Beirat beim BMWi, seinen Mitgliedern und seinen Stellungnahmen finden Sie hier.

Kontakt: Dr. Kenan Šehović
Referat: Grundsatzfragen der Wirtschaftspolitik

Wirtschaftspolitische Termine des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie

Mai 2018
07.05.Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe (März)
08.05.Produktion im Produzierenden Gewerbe (März)
15.05.Pressemeldung des BMWi zur wirtschaftlichen Lage
22.05.Rat für Auswärtige Beziehungen – Handel (vormittags)
24.-25.05.Eurogruppe/ECOFIN
28.-29.05.WBF-Rat
Ende MaiSchlaglichter (Newsletter und Veröffentlichung auf Website)
Juni 2018
07.06.Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe (April)
08.06.Produktion im Produzierenden Gewerbe (April)
08.06.TK-Rat
11.06.Energieministerrat
13.06.Pressemeldung des BMWi zur wirtschaftlichen Lage
21.-22.06.Eurogruppe/ECOFIN
28.-29.06.Europäischer Rat
Ende JuniSchlaglichter (Newsletter und Veröffentlichung auf Website)
Juli 2018
05.07.Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe (Mai)
06.07.Produktion im Produzierenden Gewerbe (Mai)
13.07.Pressemeldung des BMWi zur wirtschaftlichen Lage
13.-14.07.Eurogruppe/ECOFIN
16.07.Informeller WBF-Rat (Wien)
Ende JuliSchlaglichter (Newsletter und Veröffentlichung auf Website)

In eigener Sache: Die „Schlaglichter“ als Email-Abonnement

Der Monatsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie ist nicht nur als Druckexemplar, sondern auch im Online-Abo als elektronischer Newsletter verfügbar. Sie können ihn unter der nachstehenden Internet-Adresse bestellen: www.bmwi.de/abo-service

Darüber hinaus können auf der Homepage des BMWi auch einzelne Ausgaben des Monatsberichts sowie Beiträge aus älteren Ausgaben online gelesen werden: www.bmwi.de/schlaglichter

Grafik des Monats

Der gesetzliche Kündigungsschutz …
ist in einzelnen Ländern unterschiedlich stark ausgeprägt. Während es in den USA vergleichsweise einfach für Arbeitgeber ist, ihren Arbeitnehmern zu kündigen, sind die gesetzlichen Bestimmungen zur Entlassung von Arbeitnehmern in Italien sehr restriktiv. Der deutsche Kündigungsschutz ist dadurch gekennzeichnet, dass er sich für befristete und unbefristete Verträge deutlich unterscheidet: In keinem Industrieland genießen Festangestellte mit unbefristetem Vertrag einen so hohen Kündigungsschutz wie in Deutschland. Im Gegensatz dazu liegt Deutschland beim Kündigungsschutz für Arbeitnehmer mit befristeten Verträgen und Zeitarbeiter unter dem OECD-Durchschnitt.

Weiterführende Informationen

2. Überblick über die wirtschaftliche Lage

  • Der Aufschwung der deutschen Wirtschaft setzt sich fort, sein Tempo hat sich zu Jahresbeginn leicht abgeschwächt. Das weltwirtschaftliche Umfeld ist weiterhin günstig, die schwelenden Handelskonflikte bergen allerdings erhöhte Risiken
  • Die Aufwärtstrends bei den Auftragseingängen im Verarbeitenden Gewerbe und bei der Industrieproduktion haben sich zuletzt abgeschwächt, bleiben aber bestehen.
  • Die Konsumnachfrage der privaten Haushalte war zuletzt weniger dynamisch. Die Konsumlaune und die Stimmung im Handel bleiben aber zuversichtlich.
  • Die hohe Nachfrage nach Arbeitskräften in weiten Teilen der Wirtschaft sorgt für eine stetig steigende Beschäftigung. Die verbesserten Arbeitsmarktchancen für Bewerber gehen einher mit höheren Herausforde-rungen für viele Arbeitgeber bei der Mitarbeitersuche. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sinken weiter, strukturelle Herausforderungen bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit und regionaler Disparitäten bleiben.

Die deutsche Wirtschaft befindet sich weiterhin in einem soliden Aufschwung. Ihre Kapazitäten sind deutlich über normal ausgelastet. Anfang des Jahres hat sich ihr Expansionstempo allerdings etwas verlangsamt. Hierfür sprechen z. B. die einschlägigen Indikatoren für das Geschäftsklima, die sich auf hohem Niveau etwas abgeschwächt haben. Auch das Produktionsvolumen im Produzierenden Gewerbe oder die industriellen Umsätze befinden sich aktuell etwas unterhalb des Niveaus des Jahresschlussquartals 2017. Angesichts der hohen Schlagzahl der deutschen Wirtschaft in den vier sehr wachstumsstarken Quartalen im Jahr 2017 ist dies keine ungünstige Entwicklung. Sie bedeutet kein Ende des Aufschwungs, sondern verbessert die Chancen für seine Verstetigung. So ist das Geschäftsklima weiterhin überdurchschnittlich, die Auftragsbücher sind voll und der Arbeitsmarkt läuft auf hohen Touren. Das außenwirtschaftliche Umfeld zeigt sich günstig, auch wenn die Korrektur an den Kapitalmärkten und der schwelende Handelskonflikt für eine gewisse Verunsicherung sorgen. Der globale Aufschwung ist vielfältigen Unsicherheiten und Risiken ausgesetzt.

Die Weltwirtschaft expandiert mit hohem Tempo. Die Weltindustrieproduktion blieb allerdings im Januar 2018 gegenüber dem Vormonat nahezu unverändert, lag dabei aber um 4,0 % über dem Niveau des Vorjahres. Impulse kamen im Januar weiterhin von den Schwellenländern, während die Produktion der entwickelten Volkswirtschaften etwas schwächer ausfiel. Die weiteren Aussichten für den regional breit angelegten globalen Aufschwung bleiben positiv, auch wenn sich sein Wachstumstempo kaum mehr steigern dürfte. So gab der globale Markit Einkaufsmanagerindex im März nach, blieb aber deutlich in seiner Wachstumszone. Das ifo Weltwirtschaftsklima stieg demgegenüber für das erste Quartal auf den höchsten Wert seit Herbst 2007. Internationale Organisationen haben zuletzt ihre Prognose etwas angehoben. IWF und OECD rechnen für die Weltwirtschaft in den Jahren 2018 und 2019 nunmehr mit einem Wachstum von jeweils 3,9 %. Bei dieser Aufwärtsrevision dürfte die Steuerreform in den Vereinigten Staaten eine Rolle gespielt haben. Noch nicht berücksichtigt sind allerdings die aufkeimenden Handelskonflikte. Diese könnten nicht nur den Handel in einigen Bereichen beeinträchtigen, sondern vor allem für Verunsicherung sorgen und bei einer Eskalation den globalen Aufschwung gefährden.

Angesichts des außenwirtschaftlichen Umfelds bleiben die deutschen Ausfuhren an Waren und Dienstleistungen trotz Abschwächung in der Tendenz aufwärtsgerichtet. Im Dreimonatsvergleich Dezember/Januar/Februar gegenüber September/Oktober/November legten sie in jeweiligen Preisen um 1,0 % zu. Die ifo Exporterwartungen im Verarbeitenden Gewerbe haben sich vier Monate in Folge abgeschwächt, blieben aber überdurchschnittlich. Dabei dürfte neben der weiteren Aufwertung des Euro der aufkeimende Handelskonflikt eine Rolle gespielt haben. Die nominalen Importe von Waren und Dienstleistungen entwickelten sich im Februar ebenfalls schwächer. Angesichts der steigenden Binnennachfrage dürfte aber auch die Importnachfrage aufwärtsgerichtet bleiben. Insgesamt ergab sich im Januar und Februar ein kumulativer Überschuss der Leistungsbilanz, der über dem Vorjahresstand lag.

Die Industrieproduktion startete sehr verhalten in das neue Jahr, bleibt aber in der Grundtendenz auf Wachstumskurs. Im Februar ging sie um 2,0 % zurück und verbuchte damit den dritten Rückgang in Folge. Innerhalb der Industrie war die stärkste Abschwächung bei den Investitionsgüterproduzenten zu verzeichnen (-3,1 %). Das Baugewerbe meldete zuletzt ebenfalls eine Abnahme (-2,2 %). Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe sind nach einem starken Minus von 3,5 % im Januar im Februar wieder leicht um 0,3 % gestiegen, was auf die Orders von Investitionsgütern zurückging (+0,9 %). Im ersten Quartal dürfte sich die Erzeugung der Industrie und des Baugewerbes angesichts des schwachen Starts wohl kaum mehr als seitwärts bewegen. Trotz dieser aktuell verhaltenen Entwicklung ist davon auszugehen, dass die Industriekonjunktur bei weiterhin guten globalen und binnenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen im laufenden Jahr grundsätzlich aufwärtsgerichtet bleibt. Ihre Wachstumsdynamik dürfte allerdings weniger stark als im vergangenen Jahr ausfallen. Für das Baugewerbe wird seit dem zweiten Halbjahr 2017 nur noch ein leichter Aufwärtstrend ausgewiesen.

Die Indikatoren für den privaten Konsum liefern ein gemischtes Bild. Die Umsätze im Einzelhandel gingen im Februar den dritten Monat in Folge leicht zurück (-0,7 %), lagen aber noch merklich über ihrem Vorjahresniveau. Die Zahl der Neuzulassungen von Kraftfahrzeugen war im ersten Quartal demgegenüber deutlich höher als im Vorquartal. Allerdings hat sich auch das ifo Geschäftsklima für den Einzelhandel im März weiter verschlechtert, blieb aber gut. Das Konsumklima der Verbraucher zeigte sich unbeeindruckt. Zuletzt stieg der für April prognostizierte GfK-Konsumklimaindex leicht an. Angesichts der Einkommens- und Beschäftigungsentwicklung sollten daher auch vom privaten Konsum weiter Impulse ausgehen.

Die Entwicklungen am Arbeitsmarkt sind weiterhin positiv. Die Frühindikatoren signalisieren eine anhaltend hohe Nachfrage nach Arbeitskräften in weiten Teilen der Wirtschaft. Im Februar nahm die Erwerbstätigkeit saisonbereinigt um 45.000 Personen zu, und auch auf Jahressicht blieb der Beschäftigungszuwachs (+1,4 %) unverändert hoch. Der Zuwachs bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung war im Januar saisonbereinigt sehr kräftig (+89.000 Personen). Die Zahl der Arbeitslosen sank im März weiter und unterschritt deutlich die Marke von 2,5 Mio. Personen. In der saisonbereinigten Betrachtung betrug der Rückgang 19.000 Personen. Die Unterbeschäftigung, die zudem Personen in entlastenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und in kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit einschließt, nahm etwas stärker ab. Dennoch bleiben weitere Herausforderungen, wie die Eindämmung der Langzeitarbeitslosigkeit und die höhere Arbeitslosigkeit in strukturschwachen Gebieten.

Weiterführende Informationen

3. Das Nationale Reformprogramm 2018

Die Europäische Kommission hat am 7. März 2018 ihren Länderbericht für Deutschland veröffentlicht. Ein solcher Bericht wird jährlich von der Kommission im Rahmen des Europäischen Semesters erstellt. In diesem Jahr enthält er viel Anerkennung für Deutschlands wirtschaftliche Entwicklung, aber auch Kritik, vor allem an dem weiterhin hohen Leistungsbilanzüberschuss. Mit dem Nationalen Reformprogramm reagiert die Bundesregierung auf den Länderbericht der Europäischen Kommission. Sie macht darin deutlich, welche Reformmaßnahmen ergriffen wurden und welche Fortschritte im vergangenen Jahr erreicht wurden.

Das Nationale Reformprogramm als Antwort auf den Länderbericht der Europäischen Kommission

Am 7. März 2018 hat die Europäische Kommission den Länderbericht für Deutschland veröffentlicht. Dieser enthält eine Einschätzung der Kommission zur ökonomischen und sozialen Lage Deutschlands sowie die Bewertung der Fortschritte mit Blick auf die Umsetzung der sogenannten länderspezifischen Empfehlungen, die im Rahmen des Europäischen Semesters bereits im Vorjahr vom Rat der Europäischen Union verabschiedet wurden (zu den länderspezifischen Empfehlungen 2017 für Deutschland siehe Kasten 1). Außerdem enthält der Länderbericht die Ergebnisse der sogenannten vertieften Analyse der Europäischen Kommission im Rahmen des Makroökonomischen Ungleichgewichteverfahrens und eine Einschätzung zur Umsetzung der Europa 2020-Ziele.

Erstmals findet in diesem Jahr auch eine Bewertung der deutschen Wirtschafts-, Finanz- und Arbeitsmarktpolitik mit Bezug zur Europäischen Säule sozialer Rechte prominent Eingang in den Länderbericht.

Die Bundesregierung antwortet jährlich mit dem Nationalen Reformprogramm (NRP) auf den Länderbericht der Kommission und zeigt, mit welchen Maßnahmen Deutschland auf die länderspezifischen Empfehlungen des Rates der Europäischen Union reagiert hat. Am 25. April 2018 wurde das aktuelle NRP im Bundeskabinett verabschiedet.

Länderspezifische Empfehlungen 2017 des Rates der Europäischen Union für Deutschland

Der Rat der Europäischen Union empfiehlt, dass Deutschland 2017 und 2018

  1. unter Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels die Haushalts- und Strukturpolitik zur Stützung des Potenzialwachstums und der Binnennachfrage und zur Herbeiführung eines anhaltenden Aufwärtstrends bei den Investitionen nutzt; die öffentlichen Investitionen, insbesondere in Bildung, Forschung und Innovation, auf allen Ebenen des Staates vorantreibt und Kapazitäts- und Planungsengpässen bei Infrastrukturinvestitionen entgegenwirkt; die Effizienz und Investitionsfreundlichkeit des Steuersystems weiter verbessert; bei Unternehmensdienstleistungen und reglementierten Berufen den Wettbewerb belebt;
  2. die Fehlanreize, die Zweitverdiener von einer Erwerbstätigkeit abhalten, verringert und den Übergang in reguläre Beschäftigungsverhältnisse erleichtert; die hohe Steuer- und Abgabenbelastung für Geringverdiener senkt; die Voraussetzungen schafft, unter Achtung der Rolle der Sozialpartner ein höheres Reallohnwachstum zu fördern.

Deutschlands Leistungsbilanzüberschuss sinkt – wenn auch nur langsam

Wie auch im vergangenen Jahr kritisiert die Europäische Kommission in ihrem Länderbericht den hohen, wenn auch sinkenden deutschen Leistungsbilanzüberschuss und attestiert Deutschland deswegen ein sogenanntes makroökonomisches Ungleichgewicht. Aus Sicht der Kommission reflektiert der hohe Überschuss vor allem Sparüberschüsse und ein begrenztes Investitionsverhalten in Deutschland. Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss lag 2017 bei 8,0 Prozent des BIP und ist somit seit 2015 deutlich gesunken. Mittelfristig wird ein weiterer Rückgang erwartet. So geht die Bundesregierung für die Jahre 2018 und 2019 von einem Überschuss von 8,0 beziehungsweise 7,5 Prozent des BIP aus. Grundsätzlich gilt, dass nur ein sehr geringer Teil der Leistungsbilanz durch politische Maßnahmen beeinflussbar ist, da ein Großteil durch externe, temporäre Faktoren (wie z.B. den Wechselkurs) oder fundamentale Faktoren (wie z.B. die demographische Entwicklung und die hohe Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie) bestimmt wird (siehe Tabelle). Das NRP verweist explizit auf diese Einflussfaktoren. Darüber hinaus stellt das NRP aber auch dar, wie die Bundesregierung ihren – wenn auch begrenzten – Spielraum zum Abbau des deutschen Leistungsbilanzüberschusses nutzt. Hier kommt der Investitionsagenda und Maßnahmen, die die robuste Binnennachfrage weiter stärken – darunter Entlastungen bei der Einkommensteuer und bei den Sozialabgaben – eine wichtige Rolle zu.

Leistungsbilanzbeeinflussende Faktoren inner- und außerhalb des Einflussbereichs der Wirtschaftspolitik

Faktoren (weitgehend) außerhalb des Einflussbereichs der Wirtschaftspolitik

Wirtschaftspolitisch beeinflussbare Faktoren

Temporäre FaktorenFundamentale Faktoren
WechselkurseDemografische EntwicklungÖffentliche Investitionen
RohstoffpreiseRendite von AuslandsinvestitionenRahmenbedingungen für private Investitionen
LohnentwicklungWirtschaftsstruktur, SpezialisierungStrukturreformen
Globale KonjunkturInternationale Verflechtung

Wachstumsgrundlagen stärken – in Infrastruktur, Bildung und Forschung investieren

Im Länderbericht bewertet die Kommission auch die Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen. Die Bundesregierung strebt an, langfristig solide Grundlagen für Wachstum, breiten Wohlstand und Beschäftigung in Deutschland zu schaffen. Basis dafür ist die Soziale Marktwirtschaft. Die Bundesregierung wird die gute wirtschaftliche Ausgangslage nutzen, um – auf der Grundlage eines ausgeglichenen Haushalts ohne Neuverschuldung – verstärkt in Infrastruktur, in Vernetzungs- und Digitalisierungsstrategien sowie in Bildung und Forschung zu investieren. Geplant ist, die Mittel von 34 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf 36,4 Milliarden Euro im Jahr 2018 unter Einhaltung eines ausgeglichenen Haushalts zu erhöhen. Allein die Verkehrsinvestitionen werden 2018 auf 14,2 Milliarden Euro gesteigert. Zudem entlastet der Bund die Länder ab 2020 um anfangs jährlich 9,7 Milliarden Euro und ermöglicht hierdurch weitere Investitionsspielräume, etwa für den Ausbau der (digitalen) Infrastruktur, der Kindertagesbetreuung, der Schulinfrastruktur und von sozialen Einrichtungen. Um die kommunalen Investitionen kosten- und zeiteffizienter zu gestalten wurde die rein öffentliche „Partnerschaft Deutschland – Berater der öffentlichen Hand GmbH“ neu strukturiert.

Die Europäische Kommission zeigt Deutschland in ihrem Länderbericht weitere Potenziale im Bereich der öffentlichen Investitionen auf, vor allem im Bereich Bildung sowie Forschung und Entwicklung. Die Bundesregierung teilt diese Einschätzung und hat zahlreiche Initiativen auf Rekordniveau ergriffen: Mit dem „Digitalpakt Schule“ sollen gemeinsam mit den Ländern allein in dieser Legislaturperiode 3,5 Milliarden Euro flächendeckend in die digitale Schulinfrastruktur investiert werden. Weiterhin werden auch je zwei Milliarden Euro für den Ausbau der Ganztagsschul- und Betreuungsangebote sowie für die Forschung bereitgestellt werden. Dies sind wichtige Zukunftsinvestitionen für Deutschland.

Garant für nachhaltiges Wachstum – mehr private Investitionen durch Bürokratieabbau und ein attraktives Steuersystem

Private Investitionen sind der Schlüssel für nachhaltiges Wachstum, denn ihr Anteil an den Gesamtinvestitionen liegt bei rund 90 Prozent. Die Bundesregierung hat 2017 Bürokratiehürden abgebaut und mehr Investitionsanreize geschaffen. Die privaten Anlageinvestitionen sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Alleine durch die Anwendung der Bürokratiebremse hat sich der laufende Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft um rund 1,5 Milliarden Euro jährlich verringert. Ferner wird die Bundesregierung Bürokratiebelastungen und Hürden im Prozess der Unternehmensgründung abbauen und hat das Angebot an Wagniskapital bereits erheblich ausgebaut. Das Nationale Reformprogramm 2018 zeigt, dass auch die Potenziale der Digitalisierung genutzt werden: Das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens erlaubt eine Effizienz- und Wirtschaftlichkeitssteigerung durch die Nutzung moderner Informationstechnologie und senkt bürokratische Belastungen. Flankiert wird diese Effizienzsteigerung durch eine Reihe von Gesetzen, in denen die Bundesregierung die Sofortabschreibungsgrenze und die Besteuerung von Investmentfonds und Anlegern erleichtert. Sie wird zudem in Kooperation mit der deutschen Industrie einen nationalen Digitalfonds sowie weitere Finanzierungsmöglichkeiten implementieren. Durch dieses Zusammenspiel an Maßnahmen bewirkt die Bundesregierung einen positiven Anreiz für die Unternehmen, ihr erwirtschaftetes Kapital auch langfristig in Deutschland zu binden.

Die Beschäftigungsentwicklung fortführen – für mehr Erwerbsanreize sorgen

Das NRP verdeutlich zudem, wie das Arbeitsmarktpotenzial in Deutschland genutzt wurde: Durch gute Rahmenbedingungen für Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Einführung des Elterngeldes und den massiven Ausbau der Kindertagesbetreuung hat die Bundesregierung bereits jetzt Arbeitsanreize verstärkt. Des Weiteren hat die Bundesregierung Schritte zum Ausgleich der kalten Progression und zur Senkung der hohen Steuer- und Abgabenbelastung für Geringverdiener geplant. Konkret wird der Solidaritätszuschlag schrittweise ab dem Jahr 2021 abgeschafft. Aufgrund dieser Maßnahme werden rund 90 Prozent aller Zahler durch eine Freizone vollständig entlastet. Auch bei den Sozialbeiträgen will die Bundesregierung Geringverdiener durch eine Ausweitung der Midi-Jobs und eine Stabilisierung der Abgaben entlasten und so für mehr Erwerbsanreize sorgen. Obwohl die Einflussmöglichkeiten auf die Höhe der Reallöhne begrenzt sind, setzt sich die Bundesregierung für eine Steigerung durch die Stärkung der Tarifpartner ein. Mit der Einführung und Erhöhung des Mindestlohns wurde eine wichtige Maßnahme ergriffen, die die Lohndynamik gestärkt und aktiv zum höheren Wachstum der Reallöhne in den vergangenen Jahren beigetragen hat.

Gute Noten für Deutschland – überdurchschnittliche Leistung im Bereich der Sozialpolitik

Seit diesem Jahr werden erstmals in den Länderberichten neben den wirtschaftspolitischen auch sozialpolitische Faktoren analysiert. Diese Berücksichtigung der Europäischen Säule sozialer Rechte ermöglicht es, auch soziale Entwicklungen zu beobachten und abzuschätzen. Hier zeigt sich die Bedeutung der Sozialen Marktwirtschaft, denn Deutschland schneidet im Vergleich überdurchschnittlich gut ab (siehe Abbildung 3). Durch das bereits 2017 in Kraft getretene Entgelttransparenzgesetz, den kontinuierlichen Ausbau der Kindertagesbetreuung sowie den ab 2025 geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung will die Bundesregierung zudem die verbliebenen Arbeitszeit- und Entgeltlücken zwischen Frauen und Männern schließen und für Zweitverdiener stärkere Arbeitsanreize setzen. Ein Kernprinzip der Sozialen Marktwirtschaft ist die Verbesserung von Chancengerechtigkeit und breiter Teilhabe an der Gesellschaft. Daher stellt die Bundesregierung allein im Jahr 2018 Finanzhilfen in Höhe von 790 Millionen Euro für die Städtebauförderung zur Verfügung, um eine soziale Stadtentwicklung voranzutreiben. Soziale Teilhabe darf keine Frage des Alters sein. Daher will die Bundesregierung die Rente auf dem heutigen Niveau von 48 Prozent bis zum Jahr 2025 gesetzlich sichern und plant, eine gründerfreundlich ausgestaltete Altersvorsorgepflicht für alle Selbstständigen einzuführen, die nicht bereits anderweitig obligatorisch abgesichert sind.

Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang

Anteil der frühen Schul- und Ausbildungsabgänger (% der 18- bis 24-Jährigen)Durchschnittlich
Beschäftigungsgefälle zwischen den GeschlechternDurchschnittlich
EinkommensungleichheitDurchschnittlich
Anteil von Armut und sozialer Ausgrenzung BedrohtenÜberdurchschnittlich
NEET-Anteil bei jungen Menschen (% der 15- bis 24-JährigenGut, aber zu beobachten

Dynamische Arbeitsmärkte und faire Arbeitsbedingungen

Beschäftigungsquote (% der 20- bis 64-Jährigen)Beste Leistung
Arbeitslosenquote (% der a5- bis 74-Jährigen)Beste Leistung
Wachstum des GDHIDurchschnittlich

Sozialschutz und soziale Inklusion

Auswirkungen sozialer Transferleistungn (außer Renten) auf die Bekämpfung der ArmutDurchschnittlich
Kinder unter 3 Jahren in formaler KinderbetreuungDurchschnittlich
Nach eigenen Angaben nicht erfüllter Bedarf an medizinischer VersorgungÜberdurchschnittlich
Bevölkerung mit digitalen KompetenzenÜberdurchschnittlich

Die Einstufung der Mitgliedstaaten nach deren Abschneiden bei den ScoreboardIndikatoren erfolgt nach einer mit dem Beschäftigungsausschuss und dem Ausschuss für Sozialschutz vereinbarten Methodik. Bei dieser Methodik werden Höhe und Veränderung der Indikatoren im Vergleich zum EU-Durchschnitt betrachtet und die Mitgliedstaaten in sieben Gruppen (von "Beste Leistung" bis hin zu "Kritische Lage") eingestuft. Beispielsweise kann ein Land als "überdurchschnittlich" eingestuft werden, wenn der Indikator nahe am EU-Durchschnitt liegt, sich aber rasch verbessert. Näheres zur Methodik siehe Entwurf des gemeinsamen Beschäftigungsberichts 2018 [COM(2017) 674 final]. NEET: weder in Arbeit noch in Ausbildung; GDHI: Verfügbares Bruttoeinkommen der Haushalte.
Quelle: Länderbericht der Europäischen Kommission vom 7. März zu Deutschland

Über das Ziel hinaus – Deutschland übertrifft viele Europa 2020-Kernziele

Bei der Umsetzung der fünf Kernziele der EU-2020-Strategie für Wachstum und Beschäftigung ist Deutschland auf einem sehr guten Weg und hat bereits jetzt durch eine ergebnisorientierte Politik einige seiner ambitionierten nationalen Zielindikatoren erreicht. So hat die Bundesregierung die Forschungs- und Entwicklungsausgaben stark erhöht und das Ziel von drei Prozent des Brutto-inlandsprodukts bereits jetzt fast erreicht. Auch die Anzahl der Langzeiterwerbslosen wurde deutlich verringert. Sie ist zwischen 2008 und 2016 bereits um 55,5 Prozent gesunken und liegt damit weit über dem Ziel von 20 Prozent. Des Weiteren ist die Erwerbstätigenquote der 20- bis 64-Jährigen auf rekordverdächtige 79,5 Prozent sowie die Erwerbstätigenquote von Frauen auf 75,3 Prozent im 3. Quartal 2017 gestiegen; auch diese Anteile liegen weit über der Zielvorgabe. Das deutsche Bildungsniveau ist hoch und die Indikatoren haben ein Niveau weit über dem nationalen Ziel: Der Anteil der Schüler mit einem tertiären oder gleichwertigen Abschluss liegt bei fast 48 Prozent. Um diese positiven Entwicklungen auch nach dem Jahr 2020 zu garantieren, sollen noch flexiblere Arbeitszeitmodelle evaluiert, die Einführung einer Gründerzeit – ähnlich der Familienpflegezeit – geprüft, eine neue Fachkräftestrategie gegen den Fachkräfteengpass entwickelt sowie Langzeitarbeitslosen und Bildungsabbrechern durch umfassende Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt ermöglicht werden.

Den Blick auf das, was kommt – weitere Herausforderungen im Nationalen Reformprogramm

Trotz aller bereits getroffenen Maßnahmen und positiven Entwicklungen macht das Nationale Reformprogramm 2018 deutlich, dass Deutschland künftig weiterhin vor vielen Herausforderungen steht. Im Zuge der rasch voranschreitenden Digitalisierung und der daraus resultierenden Veränderungen im täglichen Leben wird ein neuer digitaler Ordnungsrahmen auf der Höhe der Zeit benötigt. Dieser soll es erlauben, die positiven Aspekte der Digitalisierung zu nutzen und entstehende Rechtslücken zu schließen. Die Bundesregierung stellt sich dieser Herausforderung. So sollen die Möglichkeiten für mobiles Arbeiten verbessert, die digitale Infrastruktur massiv ausgebaut, eine breite digitale (Weiter-)Bildung ermöglicht, Familienleistungen als digitales Angebot zur Verfügung gestellt und weitere Verfahren digitalisiert werden. Die Europäische Kommission sieht in weiteren Bereichen Handlungsbedarf: Es sollen steuerliche Anreize für Beschäftigung und Investitionen gestärkt, die Vermögensungleichheiten sollen verringert und Fehlanreize auf dem Arbeitsmarkt sollen beseitigt werden.

In den kommenden Wochen werden die Nationalen Reformprogramme der Mitgliedstaaten von der Europäischen Kommission evaluiert. Auf Grundlage dieser Bewertung wird der Rat der Europäischen Union seine neuen länderspezifischen Empfehlungen formulieren und voraussichtlich am 23. Mai 2018 beschließen.

Das deutsche Nationale Reformprogramm der Bundesregierung wird unter der Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in Zusammenarbeit mit den Ländern formuliert. Der Bundestag wird während des Erstellungsprozesses regelmäßig informiert. Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und kommunale Spitzenverbände ebenso wie weitere zivilgesellschaftliche Gruppen haben Gelegenheit, zum Bericht Stellung zu nehmen.

Das deutsche Nationale Reformprogramm 2018 sowie die Stellungnahmen der Verbände und Sozialpartner sind hier (PDF, 4 MB) online abrufbar.

Kontakt: Dr. Anna auf dem Brinke, Julia Gundlach, Dr. Franziska Lottmann und Oliver Schlenker, Referat Grundsatzfragen der Wirtschaftspolitik

Weiterführende Informationen

4. Die Entwicklung des befristeten Arbeitsvertrags

Der Aufstieg vom Zankapfel im Gerichtssaal zum prominenten Reizthema der Politik

Das Thema „befristete Arbeitsverhältnisse“ polarisiert seit eh und je. Ein „wichtiger Teil des deutschen Jobwunders“, „Alternative zur Arbeitslosigkeit“ und „Brücke zur Dauerbeschäftigung“ heißt es von Seiten der Befürworter. Gegner hingegen sehen darin prekäre Arbeitsverhältnisse, ein Unterlaufen des Kündigungsschutzes und die Schaffung einer Mentalität des „Heuerns und Feuerns“.

Ein Blick in die Geschichte zeigt: Der Streit hat Tradition. Schon in den 1930er Jahren mussten sich Gerichte mit befristeten Arbeitsverhältnissen auseinandersetzen und das Spannungsverhältnis zwischen Vertragsfreiheit einerseits und Kündigungsschutz andererseits lösen. Mit der Massenarbeitslosigkeit zu Beginn der 1980er Jahre entwickelte sich die Befristung der Arbeitsverträge dann zu einem Kriseninstrument, welches bis heute polarisiert.

Befristung in den 1930er Jahren – eine politische Unbekannte

Die Befristung von Beschäftigungsverhältnissen war zu Zeiten des Reichsarbeitsgerichts noch kein Politikum. Der Kündigungsschutz für Arbeitnehmer war in den 1930er Jahren nur wenig ausgeprägt und ermöglichte die Befristung von Arbeitsverträgen ohne größere Hürden. Ob mit oder ohne sachlichen Grund befristet - für die rechtliche Beurteilung spielte das damals keine Rolle. Trotzdem lässt sich den Gerichtsurteilen dieser Zeit entnehmen, dass die Arbeitnehmerseite Befristungen als ungerecht empfand. In der Folge mehrten sich Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts, die besagten, dass es Arbeitgebern nicht erlaubt war, Arbeitnehmer befristet einzustellen, wenn die Absicht bestand, durch die Befristung kündigungsrechtliche Vorschriften zu umgehen. Das Thema Befristung fand damit erstmals Eingang in höchstrichterliche Rechtsprechung, zunächst aber nicht in die Politik.

Trendwende 1960 – klare Regeln gegen Missbrauch

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges begannen die Aufbauarbeiten. Das deutsche Wirtschaftswunder kam immer mehr in Schwung, die Zahl der Arbeitnehmer erhöhte sich. Der Zuwachs und der Bedarf an Arbeitskräften verlieh der Arbeitnehmerschaft zeitweise eine strukturelle Überlegenheit, was zu einer Verbesserung des Schutzes der Arbeitnehmer führte. Dies spiegelte sich auch in der Rechtsprechung wider. Das Bundesarbeitsgericht verfolgte bis ins Jahr 1960 den durch das Reichsarbeitsgericht aufgestellten Grundsatz der Unzulässigkeit von Befristungen, wenn damit der Kündigungsschutz umgangen werden sollte. Es begründete seine Urteile dabei mit einer Vielzahl von Argumenten, die sich noch heute auf Seiten der Gegner der Befristung wiederfinden. So wurde der Gedanke des Bestandsschutzes der Arbeitsverhältnisse angeführt, die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, die fehlende wirtschaftliche Vertragsparität zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, aber auch erstmals die Notwendigkeit besonderer Gründe zur Befristung. Klare Regelungen für Arbeitgeber waren diesen Maßstäben noch nicht zu entnehmen, bis es 1960 zu einer richtungsweisenden Entscheidung durch das Bundesarbeitsgericht in der Beurteilung befristeter Arbeitsverträge kam (Aktenzeichen: BAG (GS ), Beschluß vom 12.10.1960 - 3 AZR 65/59). Erstmals stellte das Bundesarbeitsgericht klar, dass eine Befristung von Arbeitsverträgen nur dann zulässig war, wenn es einen sachlichen Grund für diese Befristung gab. Diese Grundregel der Befristung findet sich bis heute im Gesetz wieder. Mit ihr wurde der Befristung erstmals in aller Deutlichkeit Einhalt geboten.

Die generelle Zurückhaltung des Gesetzgebers zu dieser Zeit deutet allerdings darauf hin, dass nach Jahren hoher Arbeitslosigkeit in der Nachkriegszeit und – begleitet von der Währungsreform und der Einführung der Sozialen Marktwirtschaft – aufgrund des deutschen Wirtschaftswunders ein Handeln seitens der Politik nicht erwartet wurde. Eine Arbeitslosenquote von unter 1 Prozent, zeitweise Vollbeschäftigung und Mangel an Arbeitskräften prägten die wirtschaftliche Entwicklung bis in die 1970er Jahre. Bahnbrechende Änderungen oder gesetzliche Regelung der Befristung von Arbeitsverträgen wurden vor diesem Hintergrund von keinem der Akteure in der Arbeitswelt gefordert.

Weg von mehr Staat, hin zu mehr Markt – Krisen verändern Deutschlands Arbeitsmarktpolitik

Eine Zäsur trat erst Mitte der 1980er Jahre ein. Die Bundesrepublik sah sich nach den Ölkrisen 1973/1974 und 1979/1980, mit denen das Wirtschaftswunder ein Ende nahm, einer drastischen Zunahme der Arbeitslosigkeit bis in das Jahr 1983 ausgesetzt. So stieg die Arbeitslosenquote zwischen 1980 und 1983 von 3,3 Prozent auf über 8 Prozent. Ursachen sah man in überhöhten Lohnabschlüssen und im wirtschaftlichen Strukturwandel. Gleichzeitig drängten die geburtenstarken Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt und Frauen nahmen zunehmend am Erwerbsleben teil, was zu einer Erhöhung des Arbeitskräfteangebots führte. In dieser Situation anhaltend hoher Arbeitslosigkeit machten Arbeitgeber immer mehr von den Gestaltungsmöglichkeiten der Befristung Gebrauch. Bereits im Jahr 1985 lag nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und des Statistischen Bundesamtes die Zahl der befristeten Arbeitsverhältnisse bei über 5 Prozent. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen und angesichts der sich in der Bevölkerung breitmachenden Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen Situation wurde die Politik auf den Plan gerufen.

Die schwarz-gelbe Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP unternahm den Versuch, ähnlich wie die Regierungen in anderen westlichen Industrienationen, durch Deregulierung den unternehmerischen Kurs einer Flexibilisierung von Arbeitsbeziehungen und Arbeitsmärkten zu unterstützen und zu verstärken. Von Bedeutung war hierbei auch die Schaffung des Beschäftigungsförderungsgesetzes im Jahr 1985. Die Bundesregierung versprach sich davon den Abbau von Hemmschwellen gegenüber Neueinstellungen. Von größter Bedeutung war die mit diesem Gesetz erstmals zulässige einmalige sachgrundlose Beschäftigung bis zu einer Dauer von 18 Monaten. Voraussetzung hierfür war, dass ein Arbeitnehmer neu eingestellt wurde oder er in unmittelbarem Anschluss an die Berufsausbildung nur vorübergehend weiterbeschäftigt werden konnte, weil kein Arbeitsplatz für einen unbefristet einzustellenden Arbeitnehmer zur Verfügung stand. Die Regelungen waren von Beginn an umstritten. Gewerkschaften und die Bundestagsopposition sahen darin eine Aushöhlung des Kündigungsschutzrechts und befürchteten, dass Arbeitsplätze künftig verstärkt befristet würden. Dagegen begrüßten Arbeitgeberverbände das Gesetz als geeigneten Weg, um Marktschwankungen – auch zu Gunsten der Arbeitnehmerschaft – in geeigneter Weise begegnen zu können und um die Bereitschaft zu Neueinstellungen zu erhöhen.

Im Zuge der Wiedervereinigung stieg die Zahl der Arbeitslosen erneut stark an. Gab es 1991 noch ca. 2,6 Mio. Arbeitslose, so näherte sich die Zahl 1996 der 4-Millionen-Marke. Die Entwicklung auf dem westdeutschen Arbeitsmarkt war durchwachsen; die Arbeitslosigkeit auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt entwickelte sich dramatisch. Der Wechsel von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft machte in den neuen Bundesländern aus der „verdeckten“ eine offene Arbeitslosigkeit. Neue Unternehmen und Arbeitsplätze entstanden nicht so schnell, wie der Strukturwandel nicht überlebensfähige Arbeitsplätze vernichtete. Nur ein Teil der Betroffenen konnte durch Umschulungs- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sowie großzügige Vorruhestandsregelungen aufgefangen werden. Angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit beschloss die schwarz-gelbe Regierungskoalition ein „Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung“. Dazu gehörte auch eine neue Ausgestaltung der Befristung von Arbeitsverträgen, um die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze zu unterstützen. Eine neue Regelung, die mit Wirkung zum 1. Oktober 1996 eingeführt wurde, verringerte die Hürden für den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen ohne Sachgrund erheblich: Das Kriterium der Neueinstellung wurde erstmals gestrichen und damit das Tor für die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes weiter aufgestoßen. Auch wurde die zeitliche Grenze für Befristungen von ursprünglich 18 auf 24 Monate erweitert.

Die Regelungen des Beschäftigungsförderungsgesetzes liefen am 31. Dezember 2000 aus. Deutschland war darüber hinaus verpflichtet, europarechtliche Vorgaben über Teilzeitverträge und befristete Verträge umzusetzen. Dies führte zur Neuregelung der Befristungsregelungen und zur Verabschiedung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes im Jahre 2001 unter der Regierungskoalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen, das die Befristung von Arbeitsverträgen weiter erleichterte: Bislang prüften die Gerichte, ob durch die Befristung eine Umgehung des Kündigungsschutzes seitens der Arbeitgeber bezweckt war. In einem solchen Falle wurde dann ein unbefristetes Arbeitsverhältnis festgestellt. Durch die neue Gesetzeslage wurde diese Voraussetzung vom Kündigungsschutzrecht abgekoppelt, um die Hemmschwelle der Arbeitgeber für Neueinstellungen erneut zu senken. Gleichzeitig war es Ziel der rot-grünen Regierung, u.a. durch die Einführung eines Vorbeschäftigungsverbots und die Festlegung auf maximal drei Verlängerungen innerhalb der zulässigen Gesamtdauer von 24 Monaten, eine ständige Verlängerung des sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags – sog. Kettenbefristungen – durch einen mehrfachen Wechsel zwischen Befristungen mit und ohne Sachgrund zu verhindern. Gerade dazu hatte auch der öffentliche Diskurs großen Einfluss. Gewerkschaften prangerten die Möglichkeit des Missbrauchs der Befristung von Arbeitsverträgen an und forderten die Politik auf, Missbrauch zu beseitigen und Arbeitnehmer vor jahrelangen Kettenbefristungen zu schützen. Diese Forderungen wurden auch in den vergangenen Jahren und im jüngsten Wahlkampf diskutiert.

Die „nervöse Republik“ – Die Befristung der Arbeitsverträge als Streitthema der Koalitionsverhandlungen 2017

Im Wahlkampfjahr 2017 flammte gerade vor dem Hintergrund der anhaltend stabilen Wirtschaftslage die Debatte über die Notwendigkeit der Flexibilität durch die sachgrundlose Befristung erneut auf. Die langanhaltend gute Wirtschaftslage müsse zu einem Abbau von Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt zu Gunsten der Arbeitnehmer führen, wie es umgekehrt in Krisenzeiten zu einem Ausbau zu Lasten des Arbeitnehmers kam, so die Kritiker. Außerdem ermögliche das zu liberale Gesetz Arbeitgebern immer noch einen Missbrauch durch die Kettenbefristung von Arbeitsverträgen mit Sachgrund. Befristete Verträge erschwerten die Lebensplanung der Menschen, seien oft mit schlechter Bezahlung verbunden und nicht durch die wirtschaftliche Lage zu rechtfertigen. Neben der Partei Die Linke war es auch die SPD, die sich in ihrem Wahlprogramm für die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung und die Einschränkung der Befristung mit Sachgründen sowie Kettenbefristungen stark gemacht hat. Das Wahlprogramm von CDU/CSU hingegen hob einerseits die wichtige Bedeutung eines flexiblen Arbeitsmarktes sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer hervor. Andererseits wurde aber auch die Gefahr des offenkundigen Missbrauchs bei Befristungen betont.

Der Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU/CSU zeigt einen Mittelweg auf. Arbeitgeber sollen weiterhin sachgrundlos befristen dürfen, jedoch nur noch für 18 statt für bislang 24 Monate. Bis zu dieser Gesamtdauer soll nicht mehr eine dreimalige, sondern nur noch eine einmalige Verlängerung möglich sein. Zudem sollen Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten nur noch maximal 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen dürfen. Eine erneute Befristung des Arbeitsvertrags soll generell dann nicht zulässig sein, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein unbefristetes oder ein oder mehrere befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Gesamtdauer von fünf oder mehr Jahren bestanden haben.
Diese Einschränkungen sollen die Missbrauchsmöglichkeiten so weit wie möglich eindämmen, zeigen aber zugleich, dass man auf die Grundzüge eines flexiblen Arbeitsrechts nicht verzichten möchte. Sowohl die sachgrundlose Befristung als auch eine Kettenbefristung bei befristeten Arbeitsverträgen mit Sachgrund werden im Grundsatz weiterhin möglich sein. Kettenbefristungen werden jedoch Grenzen gesetzt. Dies kann als Bekenntnis der Politik gewertet werden, die Chancen der Arbeitnehmer auf eine unbefristete Anstellung effektiv zu erhöhen. Es bleibt abzuwarten, ob die neuen Regelungen tatsächlich zu mehr unbefristeten Arbeitsverträgen führen werden und wie sich die neuen Regelungen in der Praxis sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer auswirken werden

Kontakt: Verena Hedtke
Referat: „Wirtschaftspolitische Fragen des Arbeitsmarktes und der Sozialordnung“

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5. Deutsche Wirtschaft im kräftigen Aufschwung

Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier, hat am 25. April 2018 die Frühjahrsprojektion der Bundesregierung vorgestellt. Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem kräftigen Aufschwung. Für dieses Jahr rechnet die Bundesregierung mit einem Wirtschaftswachstum von 2,3 % und für das kommende Jahr von 2,1 %. Der Aufschwung stützt sich auf eine breite binnen- und außenwirtschaftliche Basis.

Das Wichtigste in Kürze

Der Aufschwung der deutschen Wirtschaft hält nunmehr seit neun Jahren an und dürfte sich in den nächsten beiden Jahren kräftig fortsetzen. Damit wäre der aktuelle Aufschwung der zweitlängste seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Dabei wird die Konjunktur im Projektionszeitraum sowohl durch binnen- als auch außenwirtschaftliche Kräfte getragen.
Die konjunkturelle Entwicklung der Weltwirtschaft hat sich beschleunigt und verbreitert. Sie sorgt im gesamten Projektionszeitraum für eine lebhafte globale Nachfrage nach deutschen Waren und Dienstleistungen. Darüber hinaus wirkt das Zinsumfeld weiterhin anregend für die deutsche Wirtschaft.

Auf der binnenwirtschaftlichen Seite entwickelt sich insbesondere der Arbeitsmarkt nach wie vor gut. Die Erwerbstätigkeit wird in diesem und in den kommenden Jahren weitere Beschäftigungsrekorde erzielen. Allerdings wird der Beschäftigungsaufbau durch das knapper werdende Arbeitskräfteangebot etwas gedämpft. Die weiterhin hohe Nachfrage nach Arbeitskräften führt daher tendenziell zu höheren Lohnsteigerungen. Einige Maßnahmen des Koalitionsvertrages wirken sich zusätzlich positiv auf die Einkommen und Nettolöhne der privaten Haushalte aus. Im Ergebnis wird der private Konsum weiterhin deutlich zunehmen, auch wenn sich der Preisauftrieb im Projektionszeitraum beschleunigt. Damit bleibt er eine zentrale Stütze der Konjunktur. Die gute Arbeitsmarktlage, die zunehmenden Einkommen sowie das geringe Zinsniveau regen weiterhin die Investitionen der privaten Haushalte in Wohnbauten an.

Von staatlicher Seite gehen vor allem ab dem kommenden Jahr deutlich expansive Impulse auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage aus. Diese zeigen sich in vielen Bereichen. Die Arbeitnehmer werden bei den Sozialversicherungsbeiträgen entlastet und die monetären Sozialleistungen ausgeweitet. Zudem steigen die staatlichen Konsumausgaben und Investitionen.

Die konjunkturelle Dynamik auf den deutschen Absatzmärkten wird sich im kommenden Jahr nur geringfügig verlangsamen. Nach einem deutlichen Anstieg in diesem Jahr nehmen die Exporte im kommenden Jahr daher etwas weniger dynamisch zu. Dennoch leisten die Exporte für sich betrachtet einen wichtigen Wachstumsbeitrag. Angesichts der starken Binnennachfrage und der hohen Auslastung der Kapazitäten steigen die Importe kräftiger als die Exporte. Per saldo ergibt sich in diesem Jahr ein leicht positiver Wachstumsbeitrag des Außenhandels. Im kommenden Jahr dürfte der Wachstumsbeitrag neutral sein.

Angesichts der steigenden Nachfrage nach industriellen Produkten aus dem In- und Ausland bei bereits hoher Kapazitätsauslastung werden die Unternehmen ihre Investitionen in Ausrüstungen deutlich ausweiten.

Im Ergebnis rechnet die Bundesregierung mit einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr um preisbereinigt 2,3 %. Im kommenden Jahr werden neben der leicht nachlassenden konjunkturellen Dynamik der deutschen Absatzmärkte auch die angebotsseitigen Knappheiten bei der Beschäftigung stärker hervortreten. Dem stehen positive Impulse durch die Umsetzung des Koalitionsvertrags gegenüber. Zusammengenommen wird daher im kommenden Jahr mit einem nur wenig geringeren Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts von 2,1 % gerechnet.

Die Bundesregierung liegt mit ihrer Projektion damit etwas über der Prognose der Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrer Gemeinschaftsdiagnose vom 19. April, aber innerhalb des Prognosespektrums der internationalen Organisationen und der nationalen Wirtschaftsforschungsinstitute. Es gibt Risiken und Chancen für die konjunkturelle Entwicklung. Die Risiken ergeben sich vor allem aus dem außenwirtschaftlichen Umfeld, etwa aus der Gefahr eines internationalen Handelskrieges.

Aktuelle Entwicklungen seit der Jahresprojektion

Im Januar war die Bundesregierung in ihrer Jahresprojektion von einem Wachstum von 2,4 % für dieses Jahr ausgegangen. Insgesamt ist die Ausgangssituation für die Frühjahrsprojektion aufgrund der aktuellen Datenlage etwas weniger günstig als noch im Januar. Die Daten zur inländischen Industrieproduktion und der Auslandsnachfrage waren zu Jahresbeginn schwächer als seinerzeit angenommen. Dies dürfte jedoch nur ein temporäres Phänomen bleiben. Daher bleibt das Konjunkturbild insgesamt unverändert positiv. Der Arbeitsmarkt wird sich im Projektionszeitraum noch besser entwickeln als im Januar erwartet und somit die binnenwirtschaftliche Entwicklung noch stärker stützen. Die jüngsten Prognosen des Internationalen Währungsfonds zeigen eine Fortsetzung des hohen weltwirtschaftlichen Wachstums in diesem und im kommenden Jahr an.

Annahmen der Frühjahrsprojektion 2018

In den außenwirtschaftlichen Annahmen orientiert sich die Bundesregierung an den Einschätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Darüber hinaus wird angenommen, dass der Finanzsektor stabil bleibt und es zu keiner weiteren Eskalation der geopolitischen Risiken oder handelsprotektionistischen Maßnahmen kommt. Alle bereits beschlossenen wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen sind in der Projektion berücksichtigt. Darüber sind die wesentlichen fiskalisch wirksamen Maßnahmen des Koalitionsvertrages in die Projektion eingeflossen.

Der Ölpreis wird als technische Annahme für den Projektionszeitraum aus den Terminnotierungen abgeleitet. Diese sind im weiteren Verlauf leicht aufwärtsgerichtet. Im Jahresdurchschnitt beläuft sich der Ölpreis der Sorte Brent damit auf rund 70 US-Dollar im Jahr 2018 und auf 66 US-Dollar im Jahr 2019. Die Wechselkurse werden im Projektionszeitraum mit ihren jeweiligen Durchschnitten der letzten sechs Wochen vor der Prognoseerstellung als konstant unterstellt. Für den Wechselkurs ergibt sich damit für den gesamten Projektionszeitraum ein Wert von 1,23 US-Dollar je Euro. Darüber hinaus wird angenommen, dass der Zinssatz der Europäischen Zentralbank für Hauptrefinanzierungsgeschäfte bis zum Ende des Projektionszeitraums konstant bei 0,00 % bleibt. Für die Frühjahrsprojektion wurde zudem unterstellt, dass sich die Zuwanderung von Flüchtlingen in etwa auf dem Niveau der letzten Monate fortsetzt.

Belebung der Weltwirtschaft – Unwägbarkeiten bleiben

Im Projektionszeitraum wird das Wachstum der Weltwirtschaft mit 3,9 % in diesem und dem kommenden Jahr etwas höher ausfallen als im Jahr 2017 mit 3,8 % und deutlich höher als im Jahr 2016 mit 3,1 %. Die Einschätzung der weltwirtschaftlichen Entwicklung ist allerdings mit einer Reihe von Unwägbarkeiten verbunden, wie etwa ein möglicher Handelskrieg oder geopolitische Konflikte.

In der Eurozone sind die Wachstumsaussichten weiter gut. Der Arbeitsmarkt hat sich deutlich erholt und auch die Industrieproduktion ist tendenziell aufwärtsgerichtet. Die Kapazitätsauslastung in der Industrie hat das sehr hohe Vorkrisenniveau fast erreicht. Dies dürfte Erweiterungsinvestitionen auslösen und die Nachfrage nach Fachkräften erhöhen. Allerdings wird die konjunkturelle Dynamik im Euroraum im laufenden Jahr spürbar oberhalb des nachhaltigen Wachstumstrends liegen. Die hohe Auslastung der Produktionsfaktoren wird daher im kommenden Jahr leicht dämpfende Wirkungen entfalten. Im Jahr 2019 wird die etwas schwächere Dynamik der Absatzmärkte, aber auch die bereits realisierte Aufwertung des Euro die Nachfrage nach europäischen Exportgütern dämpfen. Insgesamt wird daher für das Jahr 2019 mit einer etwas schwächeren konjunkturellen Entwicklung im Euroraum gerechnet.

Der dynamische Aufschwung in den Vereinigten Staaten wird sich fortsetzen. In den beiden kommenden Jahren bringen die Senkung der Unternehmenssteuern und die Erhöhung der Infrastrukturinvestitionen deutlich positive Impulse für die US-Wirtschaft. Die Schwellenländer profitieren von der Erholung des Welthandels. Die Konjunktur in den rohstoffexportierenden Schwellenländern wird zusätzlich durch die wieder etwas höheren Rohstoffpreise gestärkt. Es ist davon auszugehen, dass sich das Wachstum in China im Prognosezeitraum allmählich verringert, aber weiterhin bei über 6 % liegen wird. Insgesamt werden die Nicht-OECD-Länder spürbar stärker wachsen als die OECD-Länder.

Expansion des deutschen Außenhandels

Die deutschen Absatzmärkte expandieren im kommenden Jahr etwas schwächer als in diesem Jahr. Dies liegt vor allem an dem etwas geringeren Wachstum im Euroraum. Für die Jahre 2018 und 2019 wird mit einer Steigerung der Exporte von Waren und Dienstleistungen von preisbereinigt 5,0 % bzw. 4,4 % gerechnet. Aufgrund der kräftigen deutschen Inlandsnachfrage dürften die Importe stärker zunehmen als die Exporte. Die preisbereinigten Importe ziehen in diesem Jahr um 5,8 % und im Jahr 2019 um 5,1 % an. Dies bedeutet auch zusätzlich Nachfrage bei unseren Handelspartnern und könnte die wirtschaftliche Erholung in Europa weiter voranbringen. Insgesamt gehen vom Außenhandel für die deutsche Volkswirtschaft per saldo in diesem Jahr leicht positive und im kommenden Jahr neutrale Impulse aus.

Aufgrund der guten Exportentwicklung im laufenden Jahr dürfte der Saldo der Leistungsbilanz trotz kräftiger Importentwicklung bei 8,0 % in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt verharren. Für das kommende Jahr ist davon auszugehen, dass bei gleichmäßiger Entwicklung der Im- und Exportpreise und annähernd neutralem Wachstumsbeitrag des Außenhandels der Leistungsbilanzüberschuss auf 7,5 % zurückgeht.

Lebhafte Unternehmensinvestitionen

Die Industrieproduktion ist trotz des zögerlichen Jahresbeginns tendenziell weiter aufwärtsgerichtet. Der Auftragsbestand ist hoch, und die Kapazitätsauslastung im Verarbeitenden Gewerbe lag im ersten Quartal dieses Jahres knapp fünf Prozent über dem langjährigen Durchschnitt. Daher bestehen starke Anreize für Erweiterungsinvestitionen der Unternehmen. Die Investitionen in Ausrüstungen werden in diesem Jahr um 5,5 % und im kommenden Jahr um 4,8 % expandieren.

Im Baugewerbe bleibt die Nachfrage nach zusätzlichen Wohn- und Gewerbebauten weiter hoch. Hinzu kommen Maßnahmen des Koalitionsvertrags wie der Ausbau der Breitbandinfrastruktur. Allerdings zeigen sich zunehmende Engpässe bei den frei verfügbaren Arbeitskräften in Bauberufen. Die Erfüllung der Aufträge verlangsamt sich daher. Nach Abzug der Preissteigerungen nehmen die Bauinvestitionen mit 2,6 % im Jahr 2018 und 2,7 % im Jahr 2019 in ähnlichem Umfang wie den beiden Vorjahren zu. Alles in allem werden die Investitionen in diesem Jahr um 3,7 % und im kommenden Jahr um 3,6 % gesteigert. Die Investitionsquote steigt bis zum Jahr 2019 auf 21,1 %.

Beschäftigungsaufbau bleibt dynamisch

Der Arbeitsmarkt zeigt sich in anhaltend guter Verfassung. Im zweiten Halbjahr des Vorjahres sind pro Monat knapp 55 Tsd. Beschäftigungsverhältnisse hinzugekommen. Zudem senden auch die gängigen Arbeitsmarktindikatoren positive Signale. Für das Jahr 2018 rechnet die Bundesregierung daher mit einem weiteren Beschäftigungszuwachs von 575 Tsd. Personen. Allerdings dürfte sich ein enger werdendes Angebot an Fachkräften allmählich auf die Dynamik des Beschäftigungsaufbaus auswirken. Im nächsten Jahr fällt der Zuwachs mit 400 Tsd. Erwerbstätigen daher etwas schwächer aus. Insgesamt wird die Zahl der Erwerbstätigen bis 2019 auf ein Rekordniveau von 45,1 Mio. Personen steigen. Dabei wird in fast allen Wirtschaftsbereichen Beschäftigung aufgebaut. Die absolut stärksten Zuwächse ergeben sich bei den unternehmensnahen Dienstleistungen sowie im Gesundheits- und Sozialwesen. Hinter dem Beschäftigungsaufbau steht, wie auch in den vorhergehenden Jahren, eine Zunahme von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, wohingegen die Zahl der Selbständigen und ausschließlich geringfügig Beschäftigten rückläufig bleiben wird.
Die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt spiegelt sich zudem in einem deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit wider. Für dieses Jahr ist mit einem Rückgang der registrierten Arbeitslosigkeit um 200 Tsd. Personen zu rechnen. Die Zahl der Arbeitslosen fällt damit auf 2,33 Mio. und somit auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung. Da zunehmend Flüchtlinge auf den deutschen Arbeitsmarkt drängen, dürfte die Arbeitslosigkeit mit 90 Tsd. Personen im Jahr 2019 etwas weniger stark zurückgehen.

Verbraucherpreise beschleunigen sich

In den letzten Monaten sind die Preise für Rohöl deutlich angestiegen. Zieht man Terminnotierungen von Mitte April an den Rohstoffbörsen heran, so dürfte der Ölpreis im Durchschnitt des Jahres 2018 mit 70 US-Dollar merklich über dem Niveau des Vorjahres liegen. Im kommenden Jahr wird an den Märkten ein leichter Rückgang des Ölpreises auf 66 US-Dollar erwartet, sodass dieser der Inflation im kommenden Jahr keinen Auftrieb mehr geben sollte.

Damit dürften im Jahr 2018 die binnenwirtschaftlichen Determinanten die Preisentwicklung wieder stärker bestimmen. Die gute Lage am Arbeitsmarkt geht mit deutlichen gesamtwirtschaftlichen Lohnsteigerungen einher. Da der Lohnkostenanteil bei den Dienstleistern vergleichsweise hoch ist, werden die Preise für Dienstleistungen stärker anziehen. Auch die Preissteigerung bei den Mieten wird im Projektionszeitraum weiter an Fahrt aufnehmen. Im Ergebnis führen diese Entwicklungen dazu, dass die Dienstleistungspreise dynamischer steigen als im Vorjahr.

Insgesamt dürften die Verbraucherpreise in diesem Jahr um 1,8 % und im Jahr 2018 um 2,0 % steigen. Hinsichtlich der Kerninflationsrate wird erwartet, dass sie 2018 um 1,8 % und im Jahr 2019 um 2,1 % steigt.

Deutliche Einkommenszuwächse speisen den privaten Konsum

Angesichts der weiterhin guten Lage auf dem Arbeitsmarkt dürften sich die Tarifvertragsparteien weiter auf ordentliche Lohnzuwächse einigen. Die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer steigen in diesem Jahr um 2,9 % und im kommenden Jahr um 3,1 % an. Im Jahr 2018 nehmen die Nettolöhne in ähnlichem Umfang zu. Für 2019 werden die Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags sowie die paritätische Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung erwartet, sodass die Nettolöhne um etwa 0,6 Prozentpunkte stärker zunehmen als die Bruttolöhne. Die realen Nettoeinkommen je Arbeitnehmer steigen somit mit 1,0 % in diesem Jahr und 1,7 % im kommenden Jahr äußerst kräftig an. Die Rentenanpassungen und Ausweitung der Leistungen der Rentenversicherung sowie die Erhöhung des Kindergeldes lassen die monetären Sozialleistungen im Projektionszeitraum dynamisch steigen. Die Gewinn- und Vermögenseinkommen entwickeln sich im Jahr 2018 moderat. Im Jahr 2019 führt die Einführung der paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung zu einer gedämpften Entwicklung der Gewinneinkommen. Insgesamt steigen die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte in diesem Jahr um 3,6 % und im kommenden Jahr noch kräftiger um 3,8 %.

Die Expansion der privaten Konsumausgaben wird getragen von der guten Beschäftigung und der steigenden realen Kaufkraft der Konsumenten. Mit der etwas anziehenden Teuerung nimmt der private Konsum im Jahr 2018 um 1,7 % und im Jahr 2019 um 1,8 % zu. Er liefert weiterhin über den gesamten Prognosezeitraum wesentliche Wachstumsimpulse.

Deutsche Wirtschaft auch mittelfristig in guter Verfassung

Für die Jahre 2018 bis 2022 ergibt die Mittelfristprojektion ein Potenzialwachstum von durchschnittlich 1 ¾ % pro Jahr. Dazu trägt auch die zuletzt hohe Nettozuwanderung bei, die sich positiv auf das Arbeitskräftepotenzial auswirkt. Die Produktionslücke, als Differenz zwischen Bruttoinlandsprodukt und Produktionspotenzial, steigt bis zum Jahr 2019 auf 0,9 Prozent. Die deutsche Wirtschaft befindet sich somit in einer Hochkonjunktur. Zum Ende des Projektionszeitraums schließt sich die Produktionslücke annahmegemäß.

Insbesondere vor dem Hintergrund des absehbaren demografischen Wandels kommt es darauf an, die Wachstumskräfte der deutschen Wirtschaft und somit das Potenzialwachstum zu stärken. Gerade gute wirtschaftliche Zeiten sollten für Strukturreformen genutzt werden. Wesentlich ist es, die Standort- und Rahmenbedingungen für Investitionen zu verbessern, das Arbeitskräftepotenzial quantitativ und qualitativ zu stärken sowie Forschung und Entwicklung zu unterstützen und somit den technischen Fortschritt zu beschleunigen. Im Rahmen des Koalitionsvertrags wurden hierzu wichtige Weichenstellungen vereinbart.

Risiken im außenwirtschaftlichen Umfeld

Die dargestellte Basislinie der Frühjahrsprojektion stellt aus heutiger Sicht den wahrscheinlichsten Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung für Deutschland dar. Diese Einschätzung ist naturgemäß mit Unsicherheit behaftet. Es gibt Chancen und Risiken.

Das augenscheinlichste Risiko ist gegenwärtig das eines Handelskrieges und einer damit einhergehende spürbaren Verlangsamung des Welthandels. Auch eine Verschärfung der geopolitischen Konflikte, eine Wachstumsverlangsamung in den Schwellenländern sowie Risiken für die Finanzmarktstabilität – z. B. durch eine schneller als erwartete Straffung der Geldpolitik etwa in Verbindung mit Korrekturen an den Kapitalmärkten – zählen aus heutiger Sicht zu den Risikofaktoren für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland.

Allerdings birgt das außenwirtschaftliche Umfeld auch Chancen für eine günstigere Entwicklung. Die Auflösung des aktuellen Handelskonflikts oder die Verringerung protektionistischer Maßnahmen könnten den internationalen Handel und die deutschen Exporte stärker erhöhen als angenommen.

Kontakt: Mathias Kesting (Referat Beobachtung, Analyse und Projektion der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung)

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