Deutschland profitiert vom sichersten Stromversorgungssystem der Welt. Auch die deutschen Stromausfallzeiten sind im internationalen Vergleich sehr gering (circa 15 Minuten im Jahr). Die Bundesregierung legt größten Wert darauf, dass dies auch unter den Bedingungen des gleichzeitigen Ausstiegs aus Kernenergie und Kohle so bleibt.

Aus Klimaschutzgründen steigen Deutschland und die Europäische Union schrittweise aus der Kohleverstromung aus. Gleichzeitig wird die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien weiter ausgebaut. Hinzu kommt der Ausbau hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die sowohl Strom als auch Wärme liefern. Um die Auswirkungen dieser Transformation auf die Sicherheit der Stromversorgung stets genau im Blick zu haben, führt das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) ein kontinuierliches Monitoring der Versorgungssicherheit durch.

In diesem Monitoringprozess bezieht das Bundeswirtschaftsministerium die Nachbarländer als auch die wichtigsten nationalen Akteure mit ein. Dazu zählen insbesondere die Bundesnetzagentur, die Übertragungsnetzbetreiber und die relevanten Interessenverbände. So soll auch auf unvorhergesehene Entwicklungen und Handlungsbedarfe frühzeitig hingewiesen werden.

Das Monitoring soll zudem durch eine Neuregelung im Kohleausstiegsgesetz künftig weiter gestärkt werden. Diese Regelung sieht vor, dass das Monitoring für die Versorgungssicherheit sowohl im Strom- als auch Gasbereich zum 1.Januar 2021 auf die Bundesnetzagentur übergeht. Ziel ist eine integrierte Untersuchung der Versorgungssicherheit in allen relevanten Bereichen. Deswegen wird der Kohleausstieg so gestaltet, dass die Bundesnetzagentur bei jeder Kraftwerksstilllegung eine Versorgungssicherheitsprüfung vorschaltet.

Der Monitoringbericht des Bundeswirtschaftsministeriums hat auch Szenarien mit geringer Einspeisung aus Wind- und Solaranlagen sehr genau untersucht. Er kommt zu dem Ergebnis, dass in solchen Situationen Gaskraftwerke und Speicher zum Einsatz kommen. Zusätzlich können Lastmanagement und Importe genutzt werden.

Deutschland ist voll in die europäische Stromversorgung integriert. Alle Stromnetze in Europa sind miteinander verbunden. Der grenzüberschreitende Stromhandel führt täglich zu einer effizienteren und kostengünstigeren Nutzung des europäischen Kraftwerkparks. Zudem ermöglicht er die Nutzung von großräumigen Ausgleichseffekten bei der schwankenden Erzeugung aus Wind und Sonne.

Als zusätzliche Absicherung gibt es in Deutschland verschiedene Reserven von zukünftig in Summe rund 10 Gigawatt Leistung oder umgerechnet rund 20 großen Kraftwerken. Das ist mehr als der gesamte österreichische Kraftwerkspark und bereits heute einmalig in Europa.

Das Monitoring des Bundeswirtschaftsministeriums zur Versorgungssicherheit analysiert auch Situationen in Deutschland und unseren europäischen Nachbarländern mit hohem Strom- und Gasverbrauch, wie sie typischerweise bei sehr kalten Temperaturen auftreten können. Für solche Situationen sind wir gut gerüstet.

Mit der Energiewende steigt die Bedeutung von Stromerzeugungsanlagen, die flexibel und schnell auf die wetterabhängige Stromerzeugung von erneuerbaren Energien reagieren können. Auchsich ändernde Verbrauchssituationen werden berücksichtigt. So fördert die Bundesregierung zum Beispiel flexible, gasbetriebene Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und hat zeitgleich mit dem Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes auch eine Novelle des KWK-Gesetzes vorgelegt. Damit wird unter anderem gezielt ein Brennstoffwechsel von Kohle auf Gas gefördert.

Einmal gebaut, verursachen vorhandene Wind- und Photovoltaik-Anlagen im Betrieb praktisch keine Kosten. Der Strom aus diesen Anlagen sollte also zuerst genutzt werden. Für eine kostengünstige Versorgung ist es daher sinnvoll, dass Erzeuger und Verbraucher zunehmend flexibel auf das fluktuierende Angebot von Strom aus Wind und Sonne reagieren. „Grundlastkraftwerke“ sind dagegen Kraftwerke, die fast rund um die Uhr in Betrieb sind, im Sommer wie im Winter. Grundlastkraftwerke passen immer weniger zur Energiewende, da sie nur begrenzt flexibel auf eine mehr und mehr schwankende Einspeisung aus volatilen Erzeugern wie erneuerbare Energien und eine schwankende Nachfrage nach Strom reagieren können.

Der Begriff Residuallast (lat. Residuum „Rest“) hingegen bezeichnet die nachgefragte elektrische Leistung abzüglich der Einspeisung von volatilen Erzeugern wie z.B. Windkraft- oder Photovoltaikanlagen. Die Residuallast muss von konventionellen Kraftwerken, insbesondere gasbefeuerte Kraftwerke, in Deutschland und in unseren europäischen Nachbarländern gedeckt werden.

Gaskraftwerke leisten einen zentralen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Deutschland. Mit dem Kohleausstiegsgesetz wird deshalb zum Beispiel die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) bis 2030 verlängert und weiterentwickelt. Mehr Anreize für den Brennstoffwechsel von Kohle auf Gas, für die Flexibilisierung der KWK sowie für mehr Integration von Erneuerbaren in Wärmenetze sind dabei zentrale Maßnahmen. KWK-Anlagen werden so schrittweise flexibler und CO2-ärmer und ergänzen die erneuerbaren Energien im Strom- und Wärmemarkt.

In Zukunft werden immer mehr neue Stromverbraucher über sogenannte Technologien zur Sektorkopplung hinzukommen. Zu diesen Technologien gehören beispielsweise die Elektromobilität, elektrische Wärmepumpen und Heizer, als auch Elektrolyseure zur Wasserstofferzeugung. Auf der anderen Seite ist auch einen Rückgang des Stromverbrauchs zu beobachten. Dieser basiert auf Effizienzfortschritten wie beispielsweise der Sanierung von Gebäuden oder hocheffizienter Beleuchtung. Das Monitoring des Bundeswirtschaftsministeriums zur Versorgungssicherheit beobachtet und berücksichtigt diese Entwicklungen genau. Es wurde insbesondere eine mögliche künftig beschleunigte Sektorkopplung untersucht. Die vorliegenden Analysen kommen zu dem Schluss, dass die Versorgungssicherheit in Deutschland auch mit diesen neuen Verbrauchern auf dem heutigen hohen Niveau gewährleistet bleibt.

Über den europäischen Binnenmarkt für Strom sind alle Stromnetze in Europa miteinander verbunden. Länderübergreifende Ausgleichseffekte bei Stromverbrauch, bei der Einspeisung erneuerbarer Energien und bei Verfügbarkeiten von Kraftwerken helfen, die Versorgung zu geringeren Kosten zu sichern. Wenn jedes Land für sich alleine sein Stromsystem planen würde, müssten viel mehr konventionelle Kraftwerke zusätzlich errichtet werden. In bestimmten Situationen exportiert Deutschland Strom, zum Beispiel bei hoher Einspeisung aus erneuerbaren Energien und geringer Stromnachfrage, in anderen Fällen importiert Deutschland Strom aus dem Ausland. Wegen des europäischen Binnenmarktes für Strom kommt es dann auch vor, dass Deutschland Strom aus denjenigen Nachbarländern bezieht, die weiterhin Kohle und Kernenergie nutzen. Letztlich entscheiden die Mitgliedstaaten in Europa selbst über ihren Strommix, auch wenn es durch die europäische Gesetzgebung eine zunehmende Harmonisierung mit einem klaren Ausbauziel für erneuerbare Energien gibt.

Das Bundeswirtschaftsministerium analysiert fortwährend die Sicherheit der Stromversorgung insgesamt, und zwar mit einem Blick von fünf bis zehn Jahren in die Zukunft. Das geschieht auf Basis der verschiedenen, möglichen Entwicklungen der Stromerzeugung und -nachfrage. Bei Bedarf könnten somit frühzeitig ergänzende Maßnahmen zur Absicherung der Stromversorgung getroffen werden. Das Monitoring geht zukünftig auf die Bundesnetzagentur über und soll weiter gestärkt werden (siehe Antwort auf Frage 1).

Für den sicheren Netzbetrieb sind die Netzbetreiber zuständig. Die Netzbetreiber führen kontinuierlich entsprechende Netzsicherheitsanalysen durch. Dabei werten sie auch die sich ändernden Rahmenbedingungen durch die Energiewende regelmäßig aus und ergreifen – in Abstimmung mit der Bundesnetzagentur – gegebenenfalls erforderliche Zusatzmaßnahmen.