Die EU-Mitgliedstaaten haben der EU-Kommission im September 1999 das Mandat zur Verhandlung eines Assoziierungsabkommens mit dem MERCOSUR erteilt. Die Verhandlungen zum Abkommen wurden – auf Grundlage der in den EU-Verträgen festgelegten Zuständigkeiten und mit Ermächtigung der Mitgliedstaaten für Materien in ihrer Zuständigkeit – von der EU-Kommission mit den Regierungen der MERCOSUR-Staaten geführt. Die EU-Mitgliedstaaten wurden von der EU-Kommission über den Fortgang der Verhandlungen in den zuständigen Ratsgremien regelmäßig unterrichtet und hatten Gelegenheit zu kommentieren. Die EU-Kommission hat während der gesamten Verhandlungen auch das Europäische Parlament und die Zivilgesellschaft regelmäßig unterrichtet. Dokumente, die der Bundesregierung zur Verfügung gestellt wurden, wurden automatisch auch an den Deutschen Bundestag weitergeleitet. Darüber hinaus hat die EU-Kommission auf ihrer Webseite begleitend weitergehende Informationen zu den Verhandlungen veröffentlicht, die hier abrufbar sind. Hierzu gehören unter anderem Berichte über die Verhandlungsrunden.

Das Abkommen besteht aus einem Teil zu politischem Dialog und Kooperation sowie einem Handelsteil. Ziel des Handelsteils ist es, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Wirtschaftsräumen zu intensivieren. Wichtigste Vorteile sind der Abbau von Zöllen, die Vereinfachung von Zoll- und Konformitätsverfahren, Marktzugang bei Dienstleistungen, Investitionen und öffentlicher Beschaffung sowie die Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen. Gleichzeitig werden die Interessen von EU-Landwirten berücksichtigt, die strengen EU-Standards für Lebensmittelsicherheit gewahrt und Beiträge zu nachhaltiger Produktion geleistet. Am 28. Juni 2019 konnte eine Einigung über den Freihandelsteil zwischen der EU und den MERCOSUR-Staaten erzielt werden.

Bei dem EU-MERCOSUR Abkommen handelt es sich um ein gemischtes Abkommen, das Zuständigkeiten der EU-Mitgliedstaaten berührt. Sein Abschluss bedarf daher der Ratifizierung durch die EU und ihrer Mitgliedstaaten. Auf Basis der endverhandelten Vereinbarung werden die Vertragsparteien den Text einer juristischen Prüfung („legal scrubbing“) unterziehen. Anschließend wird der Text in alle EU-Amtssprachen übersetzt. Sobald die Übersetzungen vorliegen, wird das Abkommen dem Rat der EU, anschließend auch dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten vorgelegt.

Zollabbau

Durch das Handelsabkommen werden Zölle auf 91 Prozent des Warenhandels, die bislang seitens MERCOSUR mit hohen Zöllen belegt sind, abgeschafft (teilweise mit Übergangsfristen): Autos (derzeit 35 Prozent Zoll), Autoteile (derzeit 14 bis 18 Prozent), Maschinen (derzeit 14 bis 20 Prozent), Chemikalien (derzeit bis zu 18 Prozent), Kleidung (derzeit bis zu 35 Prozent), Pharmazeutika (derzeit bis zu 14 Prozent), Lederschuhe (derzeit bis zu 35 Prozent), Textilien (derzeit 35 Prozent), Wein (derzeit 27 Prozent), Schokolade (derzeit 20 Prozent), Whiskey und andere Spirituosen (derzeit 20 bis 35 Prozent), Kekse (derzeit 16 bis 18 Prozent), Pfirsichkonserven (derzeit 55 Prozent) und Softdrinks (derzeit 20 bis 35 Prozent). Das Abkommen sieht auch zollfreie Zollkontingente für EU-Milcherzeugnisse (derzeitiger 28 Prozent), insbesondere Käse, vor. Europäische Unternehmen werden dadurch Zölle im Wert von 4 Milliarden Euro pro Jahr sparen. Umgekehrt wird die EU ihre Zölle für 92 Prozent aller Importe aus dem MERCOSUR abschaffen. Die EU wird innerhalb von zehn Jahren eine Vollliberalisierung der Industriegüter vornehmen.

Zum Schutz der EU-Landwirtschaft wurden bei bestimmten Agrarprodukten die Märkte nicht vollständig geöffnet. Die vereinbarten Zollsenkungen gelten dort nur für eine bestimmte Liefermenge.

Mit dem Abbau von Zöllen werden deutsche und europäische Exportgüter auf dem MERCOSUR-Markt wettbewerbsfähiger. Durch die erleichterten Exportbedingungen können besonders exportorientierte Industriebranchen neue Geschäftsfelder erschließen. Für europäische Verbraucher werden durch die Zollsenkungen MERCOSUR-Produkte erschwinglicher.

Handel mit Dienstleistungen

Das Abkommen wird den Handel mit Dienstleistungen erleichtern. Für europäische Unternehmen wird vor allem in Schlüsselbranchen wie Post- und Kurierdienstleistungen, Telekommunikation, Finanz-, Unternehmens- und Verkehrsdienstleistungen, IKT und maritime Dienstleistungen der Zugang zum MERCOSUR-Markt festgeschrieben. Nach Angaben der EU-Kommission exportierten EU-Unternehmen im Jahr 2017 Dienstleistungen im Wert von 23 Milliarden Euro in den MERCOSUR-Raum.

Das Abkommen erhält zugleich alle notwendigen Spielräume in der EU und ihren Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung und Regulierung von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, einschließlich der Bereiche Bildung, Gesundheit
und Soziales sowie Wasserwirtschaft. Das Abkommen enthält auch Vorkehrungen zur Wahrung der kulturellen Vielfalt und der Medienpluralität in der EU.

Öffentliches Auftragswesen

Im Bereich des öffentlichen Auftragswesens erhalten EU-Unternehmen in nicht unerheblichem Umfang gleichwertigen Zugang wie lokale Unternehmen zu den öffentlichen Ausschreibungen in den MERCOSUR-Ländern, soweit die
beschaffenden Behörden und zu beschaffenden Leistungen umfasst sind und der Schwellenwert erreicht ist. Bislang werden lokale Bieter und Unternehmen aus dem MERCOSUR bei Verträgen mit staatlichen Auftraggebern besser behandelt als EU-Unternehmen. Die staatlichen Infrastrukturentwicklungspläne des MERCOSUR weisen auf ein großes Potenzial bei öffentlichen Ausschreibungen hin. Konservativen Schätzungen zufolge könnte alleine der brasilianische Beschaffungsmarkt fast 150 Milliarden Euro wert sein. Das Abkommen führt aber für Vergabestellen in der EU nicht zu neuen Ausschreibungsverpflichtungen über das geltende EU-Vergaberecht hinaus.

Abbau von Handelshemmnissen

Das EU-MERCOSUR Abkommen sieht eine verstärkte Zusammenarbeit zur Beseitigung technischer Handelshemmnisse, wie zum Beispiel doppelter Zertifizierungen, vor. Hierbei handelt es sich insbesondere um zahlreiche MERCOSUR-Vorschriften und Regelungen, die von internationalen Standards und Gepflogenheiten abweichen und daher Exporte aus der EU in den MERCOSUR komplizierter und teurer machen.

Das Abkommen vereinbart umfassende Regelungen im Hinblick auf gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen. Insbesondere wird die Transparenz über Verfahren verbessert, die Verfahren werden
schneller, einfacher und vorhersehbarer. Für EU-Exporte aus allen Mitgliedstaaten gelten die gleichen Anforderungen und bei Tierseuchen können nicht betroffene Gebiete weiter exportieren, so dass Deutschland zum Beispiel auch bei Schweinepestfällen im benachbarten EU-Ausland weiter liefern kann.

Verbesserter Schutz des geistigen Eigentums

Das Abkommen enthält auch Vereinbarungen zum Schutz geistigen Eigentums. Insbesondere werden europäische Landwirte und Unternehmen im Bereich der Nahrungsmittelproduktion von dem neuen Schutz geographischer
Herkunftsangaben, zu dem sich MERCOSUR verpflichtet, profitieren.

Die Bundesregierung hat während der Verhandlungen auf ein ausgewogenes Abkommen gedrängt, in dem die Interessen der Landwirtschaft angemessen berücksichtigt sind. Dieses Ziel konnte erreicht werden.

Zwar sind die MERCOSUR-Staaten bei Rindfleisch, Zucker, Ethanol und Geflügel sehr wettbewerbsfähig, was die EU-Landwirtschaft auch vor Herausforderungen stellt. Andererseits ist die EU nunmehr der erste Handelspartner, mit dem der MERCOSUR ein Abkommen abschließt und mit seinen 260 Millionen Konsumenten einen starken Markt öffnet. Dies wird der EU und Deutschland auf Jahre hinaus einen privilegierten Marktzugang verschaffen, auch für die deutsche Agrar- und Lebensmittelindustrie. Europäische Lebensmittelexporte erhalten weitgehende Zollfreiheit, so dass z.B. verarbeitete Lebensmittel wie Süßwaren nun auch exportiert werden können. Durch den Export verarbeiteter Erzeugnisse wird in Europa eine hohe Wertschöpfung generiert. Der Tierhaltungssektor kann von neuen Chancen bei Milchprodukten und verarbeiteten Fleischwaren profitieren. Zudem gibt es für hochwertige Lebensmittel einen umfassenden Schutz ihrer geographischen Herkunftsangaben, und europäische Exporte von Weinen und Spirituosen werden vereinfacht.

Das Abkommen wird der deutschen Agrar- und Lebensmittelindustrie, v. a. bei Milchprodukten, verarbeiteten Lebensmitteln, z.B. Süßwaren, sowie Wein und Spirituosen einen privilegierten Zugang auf den bisher stark abgeschotteten MERCOSUR-Markt ermöglichen. Das Abkommen sieht eine Liberalisierung für folgende Warenbereiche mit großem deutschen Exportinteresse vor: Milch und Milchprodukte werden im Rahmen von zollfreien Quoten liberalisiert. Für Wein und Spirituosen, Malz, Kartoffeln (gefroren), frisches Obst (u. a. Äpfel und Birnen) und Schokolade erhält die EU einen zoll- und quotenfreien Marktzugang.

Die Vereinbarung zum Schutz geographischer Herkunftsangaben (Geographical Indications, GI) ist zu begrüßen. Mit 357 geschützten europäischen Bezeichnungen beinhaltet das Abkommen die umfassendste Vereinbarung zu geographischen Herkunftsangaben von allen bisherigen EU-Freihandelsabkommen. Positiv zu bewerten ist zudem der vereinbarte Anhang über Wein und Spirituosen. Bestimmungen, die über Zollliberalisierungen hinausgehen, u. a. die Anerkennung von önologischen Verfahren, Zertifizierungs- und Etikettierungsvorschriften, werden den Handel maßgeblich erleichtern.

Im Bereich der sanitären und phytosanitären Maßnahmen (SPS) ist zu begrüßen, dass MERCOSUR die EU als „Single Entity" anerkennt und damit die gleichen Importbedingungen für das gesamte Gebiet der EU gelten. Europäische Exporteure profitieren zudem zukünftig von der Anerkennung des Regionalisierungsprinzips und vereinfachten Verfahrensregelungen.

Der EU-Marktzugang für Agrarprodukte wird nicht vollständig liberalisiert. Für sensible Agrarprodukte, wie Rindfleisch, Geflügel, Zucker und Ethanol, sieht das Abkommen Quoten vor. Durch diese werden sensible Agrarbereiche in einem insoweit geschützt, als dass nur eine limitierte Menge von diesen Produkten zollermäßigt in die EU eingeführt werden kann. Für Mengen, die über die Quote hinausgehen, findet der Zollsatz gemäß WTO-Meistbegünstigungsprinzip Anwendung, der für alle WTO-Mitglieder gleichermaßen gilt. Dieser Zollsatz wird auch heute schon angewandt. Sollte es zu Importsteigerungen kommen, die die EU-Erzeugung gefährden, sieht das Abkommen Schutzmechanismen vor, die eine Anhebung der Zölle möglich machen

In dem Abkommen wird auf die handelspolitischen Schutzinstrumente der WTO bzgl. Antidumping, Antisubvention und globale Schutzmaßnahmen verwiesen. Zusätzlich gibt es eine bilaterale Schutzklausel. Von diesen Maßnahmen kann auch der Agrarsektor Gebrauch machen. Die bilaterale Schutzklausel bietet die Möglichkeit, wirtschaftliche Schäden zu beheben, die durch unerwartete oder erhebliche Erhöhungen der Präferenzeinfuhren aufgrund des Abkommens entstehen. Sie ermöglicht die Aussetzung der Präferenzen für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren, mit einer möglichen Verlängerung um weitere zwei Jahre.

Für die Importe von Fleisch aus dem MERCOSUR wurden Quoten vereinbart. Das Abkommen erlaubt den Import von 99.000 t Rindfleisch, mit einem Zoll von 7,5%. Dies sind nur 1,2% der gesamten EU-Rindfleischproduktion. Die Quote wird über einen Zeitraum von 5 Jahren ab Inkrafttreten des Abkommens langsam ansteigen. In nicht unerheblichem Umfang wird bereits heute sehr hochwertiges Rindfleisch von den in Rede stehenden Ländern zum vollen Zollsatz, also außerhalb der derzeit bestehenden Quoten, in die EU eingeführt (z.B. 35% des 2018 von den MERCOSUR-Staaten eingeführten frischen Rindfleischs). Hingegen werden bestehende Einfuhrkontingente, wie beispielsweise für Rindergefrierfleisch, wegen relativ hoher präferenzieller Zollsätze (z.B. 20%) nur teilweise ausgenutzt. Es ist davon auszugehen, dass diese Mengen künftig im Rahmen der neuen Quote eingeführt werden. Insgesamt gesehen wird erwartet, dass die zusätzlichen Einfuhren tatsächlich sehr viel geringer ausfallen, da es vor allem zu einer Umschichtung zwischen alten und neuen Quoten kommt. Zu beachten ist auch, dass die EU bei Rindfleisch Nettoexporteur ist, also deutlich mehr exportiert als importiert. Mit Blick auf den durch das EU-MERCOSUR Abkommen eröffneten Marktzugang ist zu berücksichtigen, dass der Selbstversorgungsgrad in Deutschland bei 98% liegt. Deshalb spielen Importe für den Ausgleich von Angebot und Nachfrage eine Rolle.

Zusätzlich kann bei unerwarteten oder erheblichen Erhöhungen der Präferenzeinfuhr aufgrund des Abkommens von der bilateralen Schutzklausel Gebrauch gemacht werden.

Für Geflügel beträgt die zollfreie Quote im Abkommen 180.000 t. Diese Quote wird ebenfalls schrittweise über 5 Jahre langsam gesteigert. Die Quote umfasst hier 1,2% des derzeitigen Verbrauchs. Der Geflügelverbrauch in der EU wuchs in den letzten Jahren um über 230.000 t jährlich und betrug 2018 mehr als 14 Mio. t. Derzeit importiert die EU bereits 800.000 t, exportiert aber zugleich 1,6 Mio. t, so dass es einen Handelsbilanzüberschuss bei Geflügel gibt.

Für Schweinefleisch wurde eine Quote von 25.000 t mit einem Zollsatz von 83 €/t vereinbart, die ebenfalls über fünf Jahre eingeführt wird. Diese Quote wird keinen Einfluss auf die EU-Schweinefleischproduktion haben.

Für die Milchproduktion ergeben sich sogar neue Exportchancen: MERCOSUR war bereit, zollfreie Quoten von 30.000 t Käse, 10.000 t Milchpulver und 5.000 t Säuglingsnahrung einzurichten. Allerdings wird es auch hier Übergangsfristen geben.

In der Summe ist die Tierhaltung in Europa keinesfalls gefährdet.

Wie alle Freihandelsabkommen der EU wirkt sich auch das EU-MERCOSUR Abkommen nicht auf die europäischen Produktstandards aus. Dies gilt auch für Lebensmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse: Nur Produkte, die den umfangreichen europäischen Vorschriften entsprechen, dürfen in die EU eingeführt werden.

Alle Produkte aus dem MERCOSUR müssen auch unter Freihandelsbedingungen die hohen europäischen Standards zum Verbraucherschutz einhalten. Die EU importiert bereits jetzt Lebensmittel aus Lateinamerika. Das Freihandelsabkommen wird die Zölle hier senken, die Anforderung an die Sicherheit aber nicht. Denn das EU-MERCOSUR Assoziierungsabkommen ändert den Rechtsrahmen in der EU nicht. Der geltende Rechtsrahmen wird weiter angewandt.

Gleiches gilt auch für das Vorsorgeprinzip, das im EU-Primärrecht verankert ist. Das bedeutet, dass Regierungen einen rechtlichen Anspruch haben, zum Schutz von Menschen, Tieren, Pflanzen und der Umwelt im Lichte eines wahrgenommenen Risikos zu agieren, auch wenn wissenschaftliche Evidenz nicht gesichert ist. Es kann von völkerrechtlichen Verträgen, wie z.B. von Freihandelsabkommen, nicht außer Kraft gesetzt werden. Hinsichtlich Lebensmittelsicherheit ist das Vorsorgeprinzip über den Verweis auf das WTO-Abkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen (SPS-Abkommen) aufgenommen, das seinerseits in Art. 3.3 und 5.7 das Vorsorgeprinzip beinhaltet. Das Vorsorgeprinzip wird darüber hinaus durch Artikel XX GATT geschützt, welcher im Abkommen verankert werden soll. Schließlich wird das Vorsorgeprinzip ausdrücklich mit Blick auf Arbeit und Umwelt im Nachhaltigkeitskapitel verankert. Durch das EU-MERCOSUR Abkommen wird die Regelungshoheit („right to regulate“) der Parteien mit Blick auf Politikziele wie Gesundheit, Sicherheit und Umwelt beibehalten.

Vereinbarungen in Freihandelsabkommen konkretisieren die Verpflichtungen aus den völkerrechtlichen Bestimmungen. Sie setzen sie nicht außer Kraft. Im Gegenteil: Oberstes Ziel der Bundesregierung bei allen Freihandelsabkommen ist es, das bestehende hohe Schutzniveau zu erhalten und die Freiheit, zum Schutz der Verbraucher notwendige Regelungen zu treffen, nicht einzuschränken. Dies gilt auch für die Vereinbarungen mit MERCOSUR.

Auch mit Blick auf Pestizideinsatz gilt wie bei allen Produkten der Grundsatz, dass alle Importe die gesetzlichen Anforderungen der EU einhalten müssen. Das bedeutet, dass die Rückstandshöchstgehalte der EU nicht überschritten werden dürfen. Das Recht der EU, Rückstandshöchstgehalte nach den dafür geltenden Regeln zu setzen, wird durch das Abkommen nicht eingeschränkt.

Auch zukünftig wird es ganz wesentlich darauf ankommen, dass die Einhaltung der EU-Vorschriften bei Importen von Drittländern in die EU streng kontrolliert wird. Es werden allerdings bereits heute schon viele landwirtschaftliche Erzeugnisse, auch aus den MERCOSUR-Staaten, in die EU importiert. Darunter fallen auch solche, die ggf. mit anderen Pflanzenschutzmitteln als den in der EU gängigen behandelt wurden, im Ergebnis jedoch als sicher eingestuft werden und daher in die EU importiert werden dürfen. Der Lebensmittelüberwachung der EU-Mitgliedstaaten kommt hier die Aufgabe zu, zu überprüfen, dass die EU-Vorgaben eingehalten werden. Dabei wird wie bisher risikoorientiert vorgegangen.

Glyphosat ist in der EU nicht verboten. Die Rückstandhöchstmengen sind so festgelegt, dass keine Gefahr für die Gesundheit der Verbraucher besteht. Für Importprodukte gelten dieselben strengen Anforderungen.

Das EU-Gentechnikrecht bleibt durch das Abkommen unberührt. Genetisch veränderte Organismen (GVO) dürfen nur in die EU importiert werden, wenn sie zum Inverkehrbringen in der EU zugelassen und entsprechend dem EU-Gentechnikrecht gekennzeichnet sind. Diese Voraussetzungen gelten nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vom 25.07.2018 auch für mittels neuer molekularbiologischer Techniken (z.B. CRISPR/Cas9) erzeugte Organismen. Die Parteien haben zudem vereinbart, Informationen über ihre Regelungen, Richtlinien und Aktivitäten in diesem Bereich auszutauschen.

Die MERCOSUR-Länder dürfen nur Fleisch nach Europa exportieren, das aus Betrieben stammt, die kontrolliert auf Hormoneinsatz verzichten.

Durch das Abkommen soll im Bereich des Tierschutzes ein strukturierter Dialog und Informationsaustausch zwischen der EU und den MERCOSUR-Staaten eingerichtet werden. Durch den Austausch von Expertise und Erfahrungen sollen die regulatorischen Standards bzgl. Zucht, Haltung/Nutzung, Transport und Schlachtung verbessert werden. Ebenso ist eine Stärkung der Zusammenarbeit in Wissenschaft und bei der Entwicklung von verbesserten Tierschutzstandards im Rahmen der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) vorgesehen. Dadurch sollen wichtige Anliegen des Tierschutzes vorangetrieben werden, ohne die Regelungshoheit der Vertragsstaaten einzuschränken.

Das Abkommen sieht einen speziellen Ausschuss vor, in dem sich die Parteien über jeweilige Maßnahmen zur Bekämpfung von AMR austauschen und die Zusammenarbeit in internationalen Organisationen und bei der Umsetzung internationaler Empfehlungen der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE), Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Codex Alimentarius gestärkt werden soll. Der strukturierte Dialog wird dazu beitragen, diese Herausforderung gemeinsam anzugehen.

Die Bundesregierung unterstützt die Europäischen Kommission darin, Handelsabkommen und Handelspräferenzsysteme der Europäischen Union auch als Hebel einzusetzen, um weltweit Werte wie nachhaltige Entwicklung, Menschenrechte, fairen und ethischen Handel und die Bekämpfung der Korruption zu fördern sowie Lieferketten verantwortungsvoller zu gestalten.

Der Freihandelsteil des Abkommens beinhaltet ein ambitioniertes Nachhaltigkeitskapitel mit verbindlichen Regelungen zu Arbeit, Umwelt und Klima. Dies betrifft etwa:

  • die Verpflichtung, Arbeits- und Umweltstandards nicht zur Förderung von Handel oder Investitionen zu senken,
  • dauerhafte und nachhaltige Anstrengungen zur Ratifizierung von ausstehenden grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation,
  • die effektive Umsetzung von multilateralen Umweltübereinkommen.

Im Nachhaltigkeitskapitel wird explizit die effektive Umsetzung des Pariser Klimaschutzübereinkommens verankert. Somit besteht ein zusätzlicher Hebel, um die Partnerländer an das Pariser Klimaschutzübereinkommen zu binden. Für die MERCOSUR-Staaten gehören zu den diesbezüglichen Verpflichtungen auch Bestimmungen gegen Entwaldung. Vorgesehen ist auch die Zusammenarbeit in bilateralen, regionalen und internationalen Foren. Über die 2030-Agenda für nachhaltige Entwicklung, zu deren Zielen sich auch die MERCOSUR-Staaten verpflichtet haben, sollen mit Blick auf Handel, Schutz der Waldbedeckung und Förderung von nachhaltiger Forstwirtschaft, Mechanismen erarbeitet werden, die dem Klimawandel entgegenwirken.

Das hohe Umweltschutzniveau der EU ist durch das Abkommen nicht betroffen. Das Vorsorgeprinzip und die Regelungshoheit sind vollständig gewahrt (s.o.).

Die Bundesregierung verfolgt Entwaldungsentwicklungen im Amazonaswald sehr aufmerksam. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass die Vereinbarungen des Nachhaltigkeitskapitels des Abkommens umfassend und wirksam umgesetzt werden. Dazu zählen die oben genannte Bindung an das Übereinkommen von Paris sowie die Regelungen zu Biodiversität und nachhaltiger Waldwirtschaft sowie zur Bekämpfung des illegalen Holzeinschlags. Vorgesehen ist u.a. die Zusammenarbeit in bilateralen, regionalen und internationalen Foren mit Blick auf Handel, Schutz der Waldbedeckung und Förderung von Reduktion der Entwaldung und nachhaltiger Waldbewirtschaftung im Einklang mit der 2030-Agenda für nachhaltige Entwicklung. Zudem verpflichten sich die Parteien, die Einbeziehung der lokalen und indigenen Bevölkerung in nachhaltige Lieferketten bzgl. Holz und Nichtholz-Produkten zu fördern, um ihre Lebensbedingungen und die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder zu verbessern. Die Zivilgesellschaft soll beim Monitoring der Umsetzung dieser Vereinbarungen (so wie aller anderen Regelungen des Abkommens auch) eng eingebunden werden. Flankierend unterstützt die Bundesregierung innerhalb der EU und v. a. in der sog. Amsterdam-Gruppe (Deutschland, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande und Norwegen) Bestrebungen der Wirtschaft mit dem Ziel, nachhaltige, entwaldungsfreie Lieferketten, u.a. für Soja, zu etablieren. Die Europäische Kommission hat hierzu im Juni 2019 konkrete Vorschläge vorgelegt, auf deren rasche und stringente Umsetzung die Bundesregierung drängen wird.

Zudem unterstützt die Bundesregierung im Rahmen der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit ihre Partnerländer bei deren Anstrengungen zum Schutz des Amazonasregenwaldes.

Die rechtlich verbindlichen Bestimmungen des Nachhaltigkeitskapitels unterliegen einem dialogorientierten Durchsetzungsmechanismus. Die Europäische Kommission tritt nach einem umfassenden Konsultationsverfahren für die Beibehaltung und bessere Nutzung der dialogorientierten Durchsetzungsmechanismen in Nachhaltigkeitskapiteln von Freihandelsabkommen ein. Sie will zur Verbesserung der Durchsetzung von Nachhaltigkeitsbestimmungen einen 15-Punkte-Aktionsplan umsetzen (u.a. Stärkung der zivilgesellschaftlichen Mitwirkungsrechte und verbesserte Transparenz des Beschwerde-/Streitschlichtungsmechanismus). Der 15-Punkte-Plan findet bei den EU-Mitgliedstaaten sehr breite Unterstützung. Auch die Bundesregierung unterstützt den 15-Punkte-Aktionsplan. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, die zusätzlichen Instrumente, die durch das Nachhaltigkeitskapitel zur Verfügung stehen, umfassend und energisch zu nutzen.

EU und MERCOSUR haben strenge Vorschriften zum Schutz der Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Die Parteien haben vereinbart, dass das Abkommen bestehende Rechte fördern muss und diese weder lockern noch verwässern darf. Im Nachhaltigkeitskapitel des Handelsteils des Abkommens sind Vereinbarungen verankert, die es beiden Seiten verbieten, Handel und Investitionen auf ungebührliche Art und Weise durch Abweichungen oder Nichtdurchsetzung von Arbeitsrecht zu fördern.

Die beiden Seiten haben sich darauf verständigt, die von der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) definierten grundlegenden Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu respektieren, zu fördern und wirksam umzusetzen. Diese betreffen die Nichtdiskriminierung am Arbeitsplatz, die Abschaffung von Kinder- und Zwangsarbeit, die Koalitionsfreiheit und das Recht auf Tarifverhandlungen. Darüber hinaus wurden kontinuierliche und nachhaltige Anstrengungen zur Ratifizierung von ausstehenden grundlegenden IAO-Übereinkommen vereinbart.

Investitionsschutz war nicht Bestandteil der Verhandlungen. Deutschland hat bilaterale Investitionsförderungs- und -schutzverträge (IFV) mit Argentinien, Paraguay und Uruguay. Ein IFV mit Brasilien ist unterzeichnet, aber noch nicht in Kraft.