Artikel - Energiewende

Dialog „Klimaneutrale Wärme“

Einleitung

Haus mit solar und Windkraft-Nutzturbine im Hintergrund Ladestation für Elektroautos

© iStock.com/Sven Loeffler

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) setzt mit dem Dialog „Klimaneutrale Wärme“ einen Beschluss des Klimaschutzprogramms 2030 um. Ziel des Dialogs ist es, sich mit den zentralen Akteuren über Zielbilder für eine klimaneutrale Wärmeversorgung und die Wege dorthin auszutauschen. Damit unterstützt der Dialog das Bundeswirtschaftsministerium und die Bundesregierung bei ihren Entscheidungen zur Wärmewende. Der Dialog startet am 26. Februar 2021 mit seiner ersten Sitzung und präsentiert Zwischenergebnisse vor der parlamentarischen Sommerpause 2021.

Wärmewende als zentraler Baustein der Energiewende

Die Wärmewende – die Energiewende im Wärmebereich – ist Voraussetzung dafür, dass die Energiewende als Ganzes gelingt. Der Grund: über die Hälfte der Energie in Deutschland nutzen wir, um unsere Häuser, Büros und Geschäfte zu heizen und um Wärme für Gewerbe und Industrie bereitzustellen. Wärmewende heißt, den Wärmebedarf erheblich zu senken und die Wärmeversorgung schrittweise auf erneuerbare Wärme und unvermeidbare Abwärme umzustellen.

Die Bundesregierung hat in dieser Legislatur viele wichtige Entscheidungen getroffen, um die Wärmewende voranzubringen und die klima- und energiepolitischen Ziele bis 2030 zu erreichen. Dazu gehören der Kohleausstieg, die Einführung eines CO2-Preises für Wärme und Verkehr, die Einführung verbindlicher Jahresemissionsmengen bis 2030 für die einzelnen Sektoren, die Nationale Wasserstoffstrategie und eine weitere Verbesserung der Förderlandschaft für Energieeffizienz, erneuerbare Wärme sowie unvermeidbare Abwärme.

Die Bundesregierung hat die Wärmewende damit entscheidend vorangebracht. Es gibt jedoch weiteren Handlungsbedarf. Auch wenn Deutschland mit Blick auf 2030 auf Kurs ist, erfordert das Ziel Klimaneutralität 2050 in der Wärmewende aufgrund der langen Investitionszyklen jetzt politische Entscheidungen, um die grundlegende Transformation in der Wärmeversorgung über 2030 hinaus in Richtung Klimaneutralität zu ermöglichen. Auch das verschärfte EU-Klimaziel erfordert weiteres Handeln.

Der Wärmemarkt und die dazugehörigen Infrastrukturen sind im Begriff einer grundlegenden Transformation. Während der Großteil der Wärme insbesondere in Bestandsgebäuden und in Prozessanlagen heute noch durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe mit entsprechenden CO2-Emissionen erzeugt wird, darf im Jahr 2050 die Wärmeerzeugung nur noch CO2-frei erfolgen. Der Übergang hin zu erneuerbarer Wärme, unvermeidbarer Abwärme und CO2-freien Brennstoffen muss organisiert werden. Die Erzeuger, Abnehmer und Infrastrukturen verändern sich, neue Geschäftsmodelle entstehen, Gebäude können und müssen stärker als „Kraftwerk“ genutzt werden.

Das Ziel ist gesetzt: Den Weg hin zu einer klimaneutralen Zukunft gestalten. Dafür müssen Investitionen in eine klimaneutrale Wärmeversorgung zum Standard werden. Das heißt, es müssen Business Cases entstehen, die zu Investitionen in klimaneutrale Lösungen führen. Ziel ist, dabei soweit wie möglich technologieoffen vorzugehen. Politische Instrumente sollen Sackgassen (Lock-Ins) vermeiden helfen und gleichzeitig künftigen Innovationen Entwicklungsspielraum lassen. Begrenzt vorhandene staatliche Mittel sollten prioritär dort eingesetzt werden, wo sie die Ziele am besten und effektivsten unterstützen.

Die Wärmewende bietet große Herausforderungen aber auch große Chancen für die Wirtschaft. Die Wärmewende angehen heißt, technologische Vorsprünge auszubauen oder zu erhalten und Zukunftsmärkte zu erschließen – national und international. Die Wirtschaft drängt deshalb mit Recht auf Planungssicherheit, damit sie notwendige Investitionsentscheidungen in klimaneutrale Produkte, Anlagen oder Dienstleistungen treffen kann.

Vor dem Hintergrund der genannten übergeordneten Ziele, Chancen und Herausforderungen stellt der Dialog Klimaneutrale Wärme vier zentrale Fragen:

  1. Wie kann eine klimaneutrale Wärmeversorgung 2050 und der Weg dahin aussehen? Welche Bausteine für Technologien und Infrastrukturen stehen zur Verfügung? Wie sieht die Zeitachse und der Planungshorizont aus? Welchen Forschungsbedarf gibt es?
  2. Was kann die Bundesregierung in den nächsten Jahren tun, um über die mit dem Klimaschutzprogramm 2030 bereits beschlossenen Maßnahmen hinaus Investitionen im Wärmebereich in Richtung Klimaneutralität zu lenken? Wie kann sie offen hinsichtlich innovativer Technologien sein? Wo sollte sie klare Leitplanken setzen? Wie kann sie innovative Geschäftsmodelle anreizen? Wie kann der Industriestandort Deutschland gestärkt werden? Wie können soziale Härten abgefedert werden?
  3. Wie können Planungsprozesse für eine klimaneutrale Wärmeversorgung und die dazugehörigen Infrastrukturen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene aussehen? Was muss vor Ort durchdacht und entschieden und was muss national angelegt werden? Wie können Lösungen über Sektoren-, Prozess- und Gebäudegrenzen hinweg aussehen?
  4. Wie können verschiedene Player aus verschiedenen Sektoren zusammengebracht werden und welche Aggregatoren sind notwendig? Welche regulatorischen Rahmenbedingungen sind notwendig, um neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen?

Ergebnisse des Dialogs

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie führte im ersten Halbjahr 2021 den Dialog „Klimaneutrale Wärme“ durch, der zum Ziel hatte, sich mit den zentralen Akteuren über Zielbilder für eine klimaneutrale Wärmeversorgung und die Wege dorthin auszutauschen.

Auf Basis eines Impulspapiers diskutierten die Stakeholder in vier Plenarsitzungen sowie drei begleitenden Workshops Zielbilder, Wege und Instrumente für eine klimaneutrale Wärmeversorgung. Die Teilnehmenden kamen aus der gesamten Wärmebranche (u.a. Heizungsbauer, Wärmeversorger, Stadtwerke, Handwerksverbände, Verbraucherschützer, Umweltverbände).

Das vorliegende Ergebnispapier gibt einen Überblick über die im Dialog identifizierten Bausteine und Handlungsfelder, die notwendig sind, um eine klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2045 zu erreichen. Dabei wird deutlich, welche Instrumente und Maßnahmen von den Teilnehmern übereinstimmend als notwendig erachtet werden, aber auch, wo noch unterschiedliche Positionen bestehen.

Das Papier geht von den zentralen Entscheidungen für die Wärmewende dieser Legislatur aus, darunter die Einführung des CO2-Preises für Wärme und Verkehr, den Kohleausstieg, die Einführung der steuerlichen Abschreibung energetischer Sanierungen, die Aufstockung der Förderung für die energetische Sanierung und erneuerbare Energien im Wärmebereich sowie die Senkung der EEG-Umlage. Es stellt aber auch klar, dass weitere Maßnahmen erforderlich sind, um das ambitionierte Ziel einer klimaneutralen Wärmeversorgung bis 2045 zu erreichen.

Im Dialog bestand bei den Stakeholdern bei vielen Themen Einigkeit bzw. weitgehender Konsens:

  • Um eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu erreichen, ist ein Mix aus unterschiedlichen erneuerbaren Energien, Abwärme sowie unterschiedlichen Umwandlungstechnologien notwendig.
  • Die signifikante Reduzierung des Energieeinsatzes zur Wärmeproduktion ist die Voraussetzung dafür, den verbleibenden Energiebedarf durch eigene und importierte erneuerbare Energien – gleich, in welcher Form – und unvermeidbare Abwärme decken zu können.
  • Für eine effizientere Sektorkopplung und insb. den Einsatz von Strom im Wärmebereich bedarf es einer grundlegenden Reform der Abgaben und Umlagen.
  • Biomasse wird zukünftig verstärkt in Wärmenetzen und für industrielle Prozesswärme genutzt.
  • Der Anteil strombasierter Wärmeerzeugung, insbesondere durch Wärmepumpen, wird erheblich anwachsen und im Bereich der Prozessindustrie werden in großem Umfang strombasierte Brennstoffe wie grüner Wasserstoff benötigt.
  • Die Infrastrukturen – bisher insbesondere auf fossile Energieträger zugeschnitten - müssen Infrastrukturen für die klimaneutralen Energieträger werden. Die Wärmenetze müssen zügig ausgebaut und dekarbonisiert werden und auch die Rolle der Stromnetze wird immer wichtiger für die Wärmewende. Der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur ist insb. für die Industrie notwendig.

Unterschiedlich bewerten die Akteure hingegen:

  • Inwieweit Wasserstoff in Gebäuden zum Einsatz kommen kann. Manche wollen hier auf Wasserstoff weitgehend zugunsten des Einsatzes in anderen Sektoren verzichten, andere sehen für Wasserstoff durchaus eine wichtige Rolle zur Erreichung der Klimaneutralität im Wärmemarkt.
  • Welche Rolle die Gasverteilnetze zukünftig spielen werden. Bei Verteilnetzen, an die nur Privat- und Gewerbekunden angeschlossen sind, ist die Sinnhaftigkeit der Umrüstung im Dialog strittig diskutiert worden. Letztlich hängt dies stark davon ab, in welchem Umfang und zu welchen Kosten Wasserstoff mittel- bis langfristig am Markt zur Verfügung stehen wird.

Das Ergebnispapier identifiziert den Handlungsbedarf für eine klimaneutrale Wärmeversorgung 2045 und gibt wichtige Impulse für den künftigen Instrumentenmix. Deutlich wird auch: Die Transformation der Wärmeversorgung muss nochmals deutlich beschleunigt werden, um das neue Ziel der Bundesregierung, Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen, zu erreichen.

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