Integrale Motorhaubensysteme für den Fußgängeraufprallschutz; Quelle: S. George

© S. George

Wenn zwei moderne Autos zusammenstoßen, sind die Insassen meist gut geschützt: Optimierte Knautschzonen, Gurtstraffer, Airbags und andere innovative Sicherheitsmaßnahmen sorgen dafür, dass bei immer mehr Unfällen glücklicherweise nur Sachschaden entsteht. Was aber, wenn ein Auto mit einem Fußgänger zusammenstößt?

Fußgänger haben keine "Knautschzone"

2011 sind im Straßenverkehr hierzulande über 30.000 Fußgänger verunglückt, mehr als 600 von ihnen tödlich. In den meisten Fällen starben die Unfallopfer an schweren Kopf- und Halsverletzungen. Diese entstehen beispielsweise, wenn ein Fußgänger mit dem Kopf auf die Motorhaube eines Autos prallt und diese dabei so stark verformt, dass sie sich bis zum unnachgiebigen und oft scharfkantigen Motor durch beult.

Da Fußgänger keine Knautschzone haben, können die Folgen einer Kollision nur durch Schutzmaßnahmen am Auto gemindert werden. Damit diese Maßnahmen eine Chance haben, in Serie produziert zu werden, müssen sie zugleich wirksam und kostengünstig sein. 

Besser geschützt dank weichem Stoff

Die TU Dresden und die RWTH Aachen haben nun ein System entwickelt, das genau diese beiden Kriterien erfüllt. Im Rahmen des Projekts "Integraler Fußgängeraufprallschutz" ist die Idee zu einem Motorhaubensystem vorangetrieben worden, bei dem unter der Motorhaube eines PKW spezielle Textilstrukturen angebracht werden. Bei diesen Strukturen handelt es sich um etwa fingerdicke Platten, die an der Ober- und Unterseite aus jeweils einer Stofflage und in der Mitte aus einem Netz aus Monofilamentfäden ähnlich einer Angelschnur bestehen. 

Prallt ein Fußgänger mit dem Kopf auf die Motorhaube, bewirken die Textilplatten Folgendes: Die Haube verformt sich an der Aufprallstelle nicht so stark wie üblich, sondern verteilt die Energie besser auf die umliegende Fläche. Dadurch wird die Gefahr geringer, dass sich die Motorhaube bis zum Motorblock einbeult und der Fußgänger sich zusätzlich zum Aufprall an harten und scharfkantigen Motorteilen verletzt. Aber auch an den Fall, dass die Motorhaube auf den Motorblock trifft, ist gedacht: Die Textilstrukturen dienen dann als zusätzliche Schutzschicht zwischen Fußgänger und Motor. 

Sicherheit und Wirtschaftlichkeit fördern

Das Motorhaubensystem könnte einen wichtigen Beitrag für die Verkehrssicherheit von Fußgängern liefern. Deshalb hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie das Projekt unterstützt - mit dem Förderprogramm "Industrielle Gemeinschaftsforschung" (IGF), das eine Brücke zwischen Grundlagenforschung und wirtschaftlicher Anwendung schlägt. Wann das System tatsächlich in PKW eingesetzt wird, ist derzeit noch unklar. Die Forschungsergebnisse haben aber zu einem weiteren Anwendungsfeld geführt, in dem die Textilstrukturen schon in naher Zukunft zum Einsatz kommen könnten: Helme und Protektoren zum Schutz von Motorrad- und Fahrradfahrern.

Faktenübersicht

Produkt: Motorhaube, die Fußgänger bei einem Aufprall schützt
Unternehmen: Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik, TU Dresden; Institut für Textiltechnik, RWTH Aachen; Institut für Kraftfahrzeuge, RWTH Aachen
Markteinführung: noch unklar
Förderung: Programm zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung IGF (314 ZBG)
Fördersumme: 612.700 Euro
Förderzeitraum: April 2009 bis Dezember 2011