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Das Funktionieren des Binnenmarktes hängt maßgeblich von gleichen Wettbewerbsbedingungen für die Wirtschaftsakteure ab. Staatliche Beihilfen (Subventionen), die ein Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) einzelnen Unternehmen gewährt, können den freien Wettbewerb im besonderen Maße verfälschen. Unter staatlichen Beihilfen sind dabei nicht nur direkte finanzielle Zuwendungen an Unternehmen, Schuldenerlasse oder verbilligte Darlehen zu verstehen, sondern es können auch Bürgschaften, Steuervergünstigungen oder die Bereitstellung von Grundstücken, Waren und Dienstleistungen zu Sonderkonditionen betroffen sein. Um einen fairen Wettbewerb in Europa zu garantieren, haben sich die Mitgliedstaaten der EU strenge Regeln gegeben, unter welchen Voraussetzungen solche Beihilfen zulässig sind und wann nicht.

Staatliche Beihilfen

Grundsätzlich sieht der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag) ein Verbot staatlicher Beihilfen vor. Allerdings gilt dieses Beihilfeverbot nicht ausnahmslos. Beihilfen, die mit dem Binnenmarkt vereinbar sind, kann die Europäische Kommission genehmigen. So können beispielsweise Unterstützungsmaßnahmen im Bereich der Regionalförderung, der Energie- und Umweltpolitik oder im Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsbereich unter bestimmten Voraussetzungen als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden.

Die Mitgliedstaaten haben entschieden, dass die Kontrolle über staatliche Beihilfen in der ausschließlichen Zuständigkeit der Europäischen Kommission liegt ("Hüterin der Verträge"), was dieser grundsätzlich das Recht gibt, auch in Politikbereichen, in denen sie keine sachliche Zuständigkeit hat (zum Beispiel in der Steuer- oder der Beschäftigungspolitik), die Wettbewerbsaufsicht auszuüben. Daher müssen alle geplanten beihilferelevanten Maßnahmen bei der Europäischen Kommission angezeigt oder sogar förmlich angemeldet ("notifiziert") und von ihr genehmigt werden.

Für Grundsatzfragen der europäischen Beihilfenkontrollpolitik ist auf nationaler Ebene das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) federführend. Auch vertritt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Bundesrepublik Deutschland in den meisten beihilferechtlichen Verfahren bei der Europäischen Kommission. Nur in den Spezialbereichen Landwirtschaft und Verkehr wird diese Aufgabe vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bzw. vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) wahrgenommen.

Die Zuständigkeit des BMWK umfasst insbesondere die Erstanmeldung von Einzelbeihilfen oder Beihilferegelungen bei der Europäischen Kommission, die Begleitung der Notifizierungsverfahren, sowie - nach Genehmigung der Europäischen Kommission von Beihilfemaßnahmen - die Vermittlung zwischen der Europäischen Kommission und den verschiedenen nationalen Beihilfegebern (wie Bundes- und Landesministerien, Kommunen und Förderbanken) bei der Durchführung der Beihilfemaßnahmen (beispielsweise in Form von Jahresberichten) einschließlich etwaiger Rückforderungsverfahren (bei negativer Entscheidung der Europäischen Kommission).

Politisch befürwortet das BMWK eine kohärente Beihilfepolitik und eine stringente Wettbewerbsaufsicht in der EU, die einen chancengleichen und fairen Wettbewerb sicherstellt. Zugleich müssen jedoch auch ausreichende Spielräume zur Förderung von wichtigen Zielen in Deutschland erhalten werden, beispielsweise im Rahmen der nationalen und europäischen Regional- und Strukturpolitik, der Forschungs- und Technologiepolitik oder der KMU-Förderung.

Rechtsgrundlage/Verfahren

Ein generelles Verbot von staatlichen Beihilfen wird durch Artikel 107 Absatz 1 AEU-Vertrag aufgestellt. Ausnahmen hiervon sind in Artikel 107 Abs. 2 und 3 geregelt.

Absatz 2 besagt, dass bestimmte Beihilfen auf jeden Fall mit dem Binnenmarkt vereinbar sind, so dass die Europäische Kommission nicht befugt ist, sich zur Zweckmäßigkeit der Anwendung der darin enthaltenen Ausnahmen zu äußern. Die Europäische Kommission prüft allein, ob die in Absatz 2 enthaltenen rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, und ist gegebenenfalls zur Genehmigung der Beihilfen verpflichtet. Hinsichtlich der in Absatz 3 genannten Arten von Beihilfen verfügt die Europäische Kommission hingegen über einen weiten Ermessensspielraum. Sofern die Europäische Kommission also das Vorliegen einer Beihilfe bejaht, kann sie feststellen, dass eine der in Absatz 3 genannten Ausnahmen gegeben ist. Sie ist anders als bei Absatz 2 in diesem Falle aber zur Genehmigung nicht verpflichtet.

Die Mitgliedstaaten, die eine Beihilfe zu gewähren beabsichtigen, sind verpflichtet, der Europäischen Kommission ihr Vorhaben anzuzeigen oder zu notifizieren, bevor sie diese Maßnahme durchführen ("Anmelde- und Stillhalteerfordernis"). Die betreffende staatliche Beihilfe kann also erst nach Abschluss bzw. Entscheidung eines Verfahrens gewährt werden, in dessen Verlauf die Europäische Kommission prüft, ob die Voraussetzungen des Artikel 107 Absatz 2 oder 3 AEU-Vertrag erfüllt sind.

Im Rahmen der Ausübung ihrer Befugnisse hat die Europäische Kommission sekundär- und tertiärrechtliche Vorschriften entwickelt (Verordnungen, Richtlinien, Mitteilungen, Unionsrahmen, Leitlinien), die sie bei der Ausübung ihrer Entscheidungsbefugnisse aufgrund des Artikel 107 Absatz 3 AEU-Vertrag zugrunde legt. Diese Regelungen werden seit 2019 im Zuge des sog. „Fitness Check“ durch die Europäische Kommission und in Konsultation der Mitgliedstaaten evaluiert und überarbeitet, um beispielsweise den technologischen Entwicklungen sowie den Herausforderungen des Klimwandels Rechnung tragen zu können. Davon betroffen sind insbesondere

  • die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung,
  • die De-minimis-Verordnungen,
  • die Leitlinien für Klima-, Umweltschutz und Energiebeihilfen,
  • der Unionsrahmen für Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen,
  • die Mitteilung zu „Wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse“ (Important Projects of Common European Interest, IPCEI),
  • die Regionalbeihilfeleitlinien
  • die Risikofinanzierungsleitlinien sowie
  • die Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien.

Für weiterführende Informationen wird auf die folgenden links verwiesen:

1) Allgemeines EU-Beihilferecht

2) Bundesrahmenregelungen

3) Webseiten der Europäischen Kommission und der Länder zur Beihilfenkontrollpolitik

a) Webseiten der Europäischen Kommission

Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission (nur in Englisch verfügbar)
Beihilfentransparenzdatenbank der Europäischen Kommission
Übersicht über Europäische Rechtsakte im Bereich der Beihilfenkontrollpolitik

b) Webseiten der Länder