Nach seiner dynamischen Entwicklung während der letzten Jahre steht das Internet heute vor seinen nächsten Evolutionsschritten. Neue Anwendungsfelder wie das Internet der Dinge, das Internet der Dienste oder Smart Home und Smart Metering enthalten enorme Potenziale für Wirtschaft und Verbraucher, die es für mehr Wachstum und Beschäftigung in Deutschland zu heben gilt. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist insbesondere eine quasi unbegrenzte Anzahl von Adressen des Internetprotokolls. Das gegenwärtig noch überwiegend eingesetzte Internetprotokoll Version 4 (IPv4) genügt dieser Anforderung nicht mehr, da die dort originär vorhandenen Adressvorräte - vor allem mit Blick auf die neuen Anwendungsfelder - nur noch sehr begrenzt verfügbar sind.

Mit der Einführung des Nachfolgeprotokolls IPv6 kann diese Problematik gelöst werden, indem für jede Anwendung und jedes Gerät im Internet eine Internetadresse eindeutig zugeordnet werden kann. Gleichzeitig wird es damit möglich, das dem Internet ursprünglich zugedachte Ende-zu-Ende-Paradigma wiederherzustellen. Dies eröffnet Chancen für neue Geschäftsmodelle, insbesondere für eine übergreifende Vernetzung von Produzenten, Prozessen und Produkten, den cyber-physischen Systemen (CPS) oder für die Industrie 4.0. Denn IPv6 erlaubt es, jedes CPS weltweit eindeutig anzusprechen. Gleichzeitig darf jedoch der Blick auf die Datensicherheit nicht verloren gehen; IPv6 bedarf hier entsprechender Sicherungsmechanismen.

Gegenwärtiger Stand der Umstellung auf IPv6

Weltweit hat die Umstellung auf den neuen Internetstandard IPv6 längst begonnen. Vorreiter waren Asien und die USA, inzwischen ist die Umstellung auch in Europa angelaufen. IPv6-Tage in den Jahren 2011 und 2012 haben Verfügbarkeit und Stabilität des neuen Internetprotokolls demonstriert. Die Ergebnisse zeigen, dass Deutschland hier gute Fortschritte bei der Nutzung des IPv6-Protokollstandards erreicht hat und stabile, technische Lösungen inzwischen verfügbar sind. Jedoch stehen offenbar die Unternehmen in Deutschland dem Thema IPv6 noch zurückhaltend gegenüber, dies gilt insbesondere für kleine und mittlere Firmen. Die insgesamt noch unüberschaubare Lage in Deutschland kann auf vielfältige Einflussfaktoren und unterschiedliche Interessenlagen der mit dem Internet und seinen Anwendungen befassten Akteure zurückgeführt werden.

Zum aktuellen Stand der Einführung des Internetprotokollstandards IPv6 in der deutschen Wirtschaft hat die Unternehmensberatung Cassini Consulting Frankfurt GmbH eine Befragung unter deutschen Unternehmen mit insgesamt 834 Teilnehmern aus allen Branchen durchgeführt. Wesentliches Ergebnis der Umfrage ist, dass bereits ein Drittel der befragten Unternehmen Erfahrungen mit der Einführung von IPv6 hat und davon die Hälfte IPv6 flächendeckend einsetzt. Weitere Einzelheiten sind in der Studie "IPv6-Strategien in deutschen Unternehmen (PDF 808)", die von Cassini am 24. Oktober 2014 in Frankfurt/Main der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, verfügbar.

Ausblick und weiteres Vorgehen zu IPv6 in Deutschland

Angesichts dieser noch heterogenen Lage beim Übergang auf den neuen IPv6-Standard hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Januar 2012 den Workshop "Das Internetprotokoll Version 6 (IPv6) - Chancen und Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland" veranstaltet. Ziel des IPv6-Workshops war es, einen Beitrag zur Identifizierung und Klärung zentraler Fragestellungen beim Übergang auf den IPv6-Standard zu leisten, insbesondere

  • einen Überblick über alle Aktivitäten - einschließlich des aktuellen Umstellungsstandes - im Bereich IPv6 in Deutschland zu geben,
  • die Auswirkungen der IPv6-Umstellung auf die künftigen technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen für den IKT-Standort Deutschland auszuloten und
  • eine Plattform zum Austausch wichtiger Akteure im Bereich IPv6 in Deutschland zu bilden.

Die Ergebnisse dieses Workshops sind in einem Abschlussbericht des Bundeswirtschaftsministeriums zusammengefasst und mit den Diskussionsthesen verfügbar. An der Umsetzung der auf dem Workshop identifizierten und unverändert aktuellen Handlungsempfehlungen wird von den Akteuren in Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung sowie Forschung weiter gearbeitet.

Unterstützung für Unternehmen

Das Bundeswirtschaftsministerium hat mit dem Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) am Fraunhofer-Institut FOKUS gemeinsam einen Workshop "IPv6 - Chancen und Herausforderungen für Unternehmen (KMU)" am 27. Mai 2014 im BMWK durchgeführt. Unternehmen, IT-Dienstleistern und ihren Verbänden wurde öffentlich verfügbares Informationsmaterial zur IPv6-Einführung vorgestellt, wie die Informationen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) oder Materialien zur Einführung von IPv6 in der öffentlichen Verwaltung. In Arbeitsgruppen wurden die spezifischen Bedürfnisse von Unternehmen bei einem Umstieg auf den Internetprotokollstandard IPv6 diskutiert und analysiert, um darauf aufbauend zielgruppenspezifische Informationsmaterialien zu IPv6 für kleine und mittlere Unternehmen weiterzuentwickeln. Die Materialien des Workshops und eine umfangreiche Linkliste zu IPv6-Informationen finden sich hier.