Dr. Marco Maier

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Sie beschäftigen sich bei HYVE als Head of AI mit dem Zukunftsthema künstliche Intelligenz. Wo stehen wir aktuell in Deutschland?

Etablierte Unternehmen und vor allem Start-Ups entdecken die Möglichkeiten der KI mehr und mehr für sich. Das technologische Potential ist in Deutschland vorhanden, entwickelt sich stetig weiter und dringt in neue gesellschaftliche und unternehmerische Bereiche vor.
Trotz der guten Ausgangslage kann Deutschland heute allerdings nicht als KI-Vorreiter bezeichnet werden. In den USA ist man da schon weiter. Dies ist vor allem durch die Risikobereitschaft der dortigen Entwickler begründet. Deutschland hängt sich eher an Bestehendes dran und entwickelt es weiter, anstatt komplett neue Bereiche zu erschließen. Bei der Weiterentwicklung sind wir allerdings sehr erfolgreich.

KI ist durch den technischen Fortschritt stets in Bewegung. Vor welchen Herausforderungen stehen wir in den kommenden Jahren?

Die Herausforderungen sind weniger technisch als fachlich bedingt. In der Technik sind wir auf einem guten Weg: Es wird viel geforscht und es gibt internationale Kooperationen. Wichtiger wird es, das Thema auch zu vermitteln. KI ist erst einmal eine universale Technologie ohne spezielles Einsatzfeld. Es geht um selbstlernende Systeme und um maschinelles Lernen. Das muss man nicht technisch beschreiben, sondern man muss es am konkreten Gegenstand aufzeigen, greifbar machen und vermitteln. Nur so können wir aus der Technik-Nische hinausfinden.

Wie kann es gelingen, KI einer breiten Öffentlichkeit näher zu bringen?

Vielleicht muss der KI zunächst der Hauch des Spektakulären genommen werden. Künstliche Intelligenz ist einer von vielen Schritten in Richtung Automatisierung. Neu – und ungewohnt – ist die Herangehensweise. Statt Maschinen im Detail zu programmieren kann man sie nun trainieren, indem man ihnen vormacht, wie eine Aufgabe zu lösen ist, bzw. ihnen eine Rückmeldung gibt, wenn sie selbst etwas ausprobiert haben. Dieses „Trainieren statt Programmieren“ ermöglicht viele neue Einsatzgebiete, muss aber auch erst in den Köpfen ankommen, damit konkrete Anwendungsfälle erkannt und umgesetzt werden können. Da ist es auch die Aufgabe der Entwickler, technisches und fachliches Verständnis zu verknüpfen. Insofern können von Angeboten wie der Open-Innovation-Plattform sowohl die Technik als auch die breite Öffentlichkeit profitieren: Techniker sind gezwungen, ihr Wirken anschaulich zu erklären; interessierte Laien können im Gegenzug erkennen, dass künstliche Intelligenz keine Magie ist, sondern einfach eine neue Herangehensweise an technische und gesellschaftliche Herausforderungen.