Icon smart experience

Praxisbeispiel und aktuelle Herausforderungen

  • Eine Herausforderung für Maschinen- und Anlagenbauer ist der oft fehlende Informationsfluss aus den ausgelieferten Maschinen und Anlagen zurück in das digitale Abbild. Der Betreiber der Maschine hat meist ein geringes Interesse, dem Maschinen- und Anlagenbauer Einblicke in seine Maschinennutzung und damit in die laufende Produktion und die Prozesstechnologie zu geben. Neben dem fehlenden Nutzen stehen starke Bedenken bezüglich des Schutzes des unternehmensspezifischen Wissens (Technologiewissen) im Vordergrund.
  • Eine weitere Herausforderung ist der fehlende Informationsaustausch über einzelne Produktionsstandorte eines Betreibers hinweg, an denen ähnliche oder gleichartige Maschinen betrieben werden. Dies führt dazu, dass Maschinen, wenn überhaupt, nur für sich allein oder am Standort optimiert werden können. Rückschlüsse aus ähnlichen Maschinen können aber nicht gezogen werden. So versuchen die Maschinenbetreiber, anhand kleiner Datensätze Optimierungen durchzuführen. Eine Länder- und unternehmensübergreifende Optimierung findet derzeit nur selten statt.
  • Die Herausforderung lässt sich auch auf die Lieferbeziehung zwischen Maschinen-/ Anlagenbauer und Komponentenhersteller übertragen. Der Informationsfluss findet auch in diesem Fall nur in eine Richtung statt: Vom Komponentenhersteller zum Maschinen-/ Anlagenbauer. Der Hersteller hat oftmals aufgrund fehlender Informationen zum konkreten Einsatz in der Maschine keine Möglichkeit hinsichtlich Komponentenauswahl zu beraten und sieht auch keine Notwendigkeit ggf. Schwachstellen der Komponente preiszugeben. Durch eine tiefere Integration und verstärkten Informationsaustausch könnten Synergieeffekte auf beiden Seiten erzielt werden.
  • Um die Probleme zu lösen, müssen aus Daten abstrahierte Informationen in einer geeigneten Plattform abgelegt werden, welche den Informationsaustausch herstellerunabhängig und lieferkettenübergreifend ermöglicht ohne technologisches Knowhow freigeben zu müssen. Fragen zum Daten- und IP-Schutz und dem Vertrauen der Partner untereinander sind zu klären. Auch müssen die konkrete Gestaltung, Nutzung und Abrechnung der angebotenen Zusatzservices je nach Verwendung und erzieltem Nutzen definiert werden.
  • Der Use Case sieht die Integration von aus Daten abstrahierten Informationen verschiedener Produktionsstandorte, der Lieferkette (Komponentenhersteller, Maschinen-/ Anlagenbauer, Maschinen-/ Anlagenbetreiber, Wartungsdienstleister) und des Lebenszyklus von Maschinen und Anlagen (Engineering, Betrieb, Retrofitting) vor. Dadurch können neuartige flotten- und standortübergreifende Smart Services auf Basis eines größeren Datenpools ermöglicht werden. Hierbei profitieren alle Parteien von einem sicheren, spezifisch regulierbaren Informationsaustausch sowie von einer gemeinsamen Cloudumgebung. Mögliche Anwendungen sind vielfältig und umfassen z.B. die Optimierung der Produktqualität, die Vorhersage von Ausfällen oder der RUL (Remaining Useful Life) inkl. der Nutzungsanpassung von Komponenten und Maschinen/Anlagen zur Verlängerung der Lebenszeit sowie Predictive Maintenance Anwendungen. 

Integration von Daten entlang des Lebenszyklus von Produktionsmaschinen

Welchen Mehrwert bietet das „Projekt GAIA-X“?

  • Gaia-X ermöglicht als offene, europäische Infrastruktur, eine hohe Akzeptanz der Lösung und ein großes Vertrauen der beteiligten Partner in das System. Unternehmen meiden einen Vendor-Lock-In. Dieser bedeutet, dass sich Services oder Produkte eines Anbieters nicht ohne Weiters durch eine gleichwertige Lösung eines anderen Anbieters austauschen lassen. Eine breite Akzeptanz der Lösung und niedrige Einstiegsbarrieren sind essenziell, um den beschriebenen Anwendungsfall im notwendigen Maßstab umzusetzen.
  • Durch Gaia-X ist eine Vernetzung der Komponenten und Maschinendaten innerhalb sicherer Datenräume in internationalen Lieferketten und -abhängigkeiten sichergestellt. Durch eine gemeinsam genutzte Lösung müssen die beteiligten Parteien nicht ihre eigene Infrastruktur betreiben. Neben verringerten Kosten kann so eine hohe Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Lösung erwartet werden.
  • Die Bereitstellung der grundlegenden Standards und Regeln für eine solche Plattform durch Gaia-X als unabhängige Partei stärkt das Vertrauen in die Datensicherheit: Über geschützte Bereiche kann die Vertraulichkeit der Daten sichergestellt, so kann der Zugriff auf Datensätze spezifisch gewährt werden.
  • Eine Erweiterung des Ökosystems um die Edge-Ebene kann die Durchführung von Echtzeitanforderungen im Prozess erleichtern oder erst ermöglichen. Durch ein hybrides System können die Vorteile einer geteilten Cloud-Lösung und einer on-premise Edge-Lösung durch Datendurchgängigkeit, vereinfachtes Deployment und zentrale Verwaltung realisiert werden.

Paten

  • Prof. Dr. Birgit Vogel-Heuser – Technische Universität München, Automatisierung und Informationssysteme