Blutdetektor; Quelle: Ovesco Endoscopy AG

© Ovesco Endoscopy AG

Lange galt Stress als Hauptverursacher für Magengeschwüre. Mittlerweile weiß man: Der wahre Übeltäter ist ein Bakterium namens Helicobacter pylori, das eine Magenschleimhautentzündung auslöst - und als Folge ein Geschwür verursachen kann.

In Deutschland leiden rund 800.000 Menschen an Magengeschwüren. Jedes Jahr kommen etwa 40.000 neue Fälle hinzu. Wenn ein Geschwür rechtzeitig erkannt wird, lässt sich das Bakterium mit speziellen Antibiotika abtöten. Säurehemmer sorgen dann dafür, dass sich die Magenschleimhaut regenerieren und das Geschwür abheilen kann. Eine Operation ist in den meisten Fällen nicht nötig.

Es gibt jedoch ein Problem: Gut ein Drittel der Betroffenen hat gar keine Beschwerden. Das Geschwür wird in diesen Fällen leider erst dann entdeckt, wenn es zu Komplikationen kommt. Wächst das Geschwür beispielweise in die Magenwand und trifft dort auf eine Arterie, kann es diese beschädigen. Die Folge: Es kommt zu einer schweren und lebensbedrohlichen Blutung.

Jede Sekunde zählt

Der Betroffene ahnt nicht, dass er innerlich verblutet. Er merkt nur, dass ihm schwindelig wird und seine Kräfte schwinden - er muss sofort in die Notaufnahme. Doch bislang gibt es keinen direkten Test, um eine Blutung im Magen nachzuweisen. Um sicherzugehen, dass es tatsächlich eine Blutung ist und beispielweise kein Herzinfarkt, bleibt nur eine Möglichkeit: eine Endoskopie. Die kann aber nur ein Facharzt durchführen.

Die Ovesco Endoscopy AG aus Tübingen hat nun eine schluckbare Kapsel entwickelt, um eine Magenblutung nachzuweisen. Die Kapsel ist so groß wie ein Medikament und besteht aus einem Sensor, der Blut erkennen kann, und einem besonders kleinen und zugleich leistungsfähigen Funksender zur Datenübertragung. Auf dem Empfänger, einem Handgerät mit Bildschirm und Touchscreen, lässt sich direkt ablesen, ob der Sensor eine Blutung entdeckt hat oder nicht.

Die Handhabung ist denkbar einfach, ein Facharzt wird nicht benötigt. Die Krankenschwester kann die Kapsel verabreichen und selbst testen, ob eine Magenblutung vorliegt oder nicht. So kann die richtige Behandlung ohne Verzögerung eingeleitet werden.

Dauerüberwachung als Implantat

Die Pläne von Ovesco gehen aber noch weiter.

Liegt tatsächlich eine Magenblutung vor, wird die Wunde endoskopisch mit einem Klipp verschlossen. In einigen Fällen jedoch löst sich der Klipp und die Wunde fängt wieder an zu bluten. Besonders im Schlaf, wenn der Patient nichts davon mitbekommt, kann die erneute Blutung extrem gefährlich werden. Deshalb arbeitet Ovesco bereits an einem Verankerungssystem, mit dem sich die Kapsel mehrere Tage im Magen platzieren lässt, um im Notfall sofort Alarm zu schlagen.

In Zukunft soll die Kapsel sogar als Implantat für mehrere Monate im Magen verbleiben können. Dadurch ließen sich beispielsweise Patienten, die nach einem Herzinfarkt Blutverdünner einnehmen und deshalb ein höheres Blutungsrisiko haben, bestmöglich überwachen.

Gezielte Förderung für zielsichere Entwicklung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat das Projekt mit Fördergeldern aus dem ZIM-Projekt unterstützt. Mit dem Geld wurde die Funkschnittstelle zwischen der Kapsel und dem Empfänger entwickelt. Das System befindet sich zurzeit in der klinischen Prüfung. Die Markteinführung ist zum Jahreswechsel 2015/2016 geplant.

Faktenübersicht:

Produkt: Miniaturisierte Funkschnittstelle zur zuverlässigen drahtlosen Datenübertragung aus dem menschlichen Körper
Unternehmen: Ovesco Endoscopy AG, Tübingen
Markteinführung: Ende 2015/Anfang 2016
Förderung: ZIM-Einzelprojekte
Fördersumme: 140.000 Euro
Förderzeitraum: Juli 2012 bis Juni 2014