Die sichere Erdgasversorgung in der Europäischen Union liegt im Rahmen ihrer jeweiligen Tätigkeiten und Zuständigkeiten in der gemeinsamen Verantwortung der Erdgasunternehmen, der Mitgliedstaaten und insbesondere ihrer zuständigen Behörden sowie der Europäischen Kommission (EU-KOM). Diese gemeinsame Verantwortung erfordert ein gut abgestimmtes Maß an Informationsaustausch und Kooperation zwischen den Akteuren.

Die Verordnung (EU) 2017/1938 des europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung (sog. Security-of-Supply-Verordnung, SoS-VO) hat das Ziel, die europäische Versorgungssicherheit mit Erdgas zu erhöhen. Hierzu müssen die EU-Mitgliedstaaten adäquate Präventions- und Maßnahmen zum Krisenmanagement umsetzen. Unter anderem führen die Mitgliedstaaten Risikobewertungen durch und erstellen Notfallpläne, um im Fall von Störungen oder Engpässen im Gasmarkt schnell und koordiniert beheben zu können. Die Pläne werden regelmäßig auf Aktualität und Relevanz überprüft und aktualisiert.

Grundsätzlich unterscheidet die SoS-VO im Verlauf einer Versorgungskrise zwischen drei Krisenstufen (Frühwarnstufe, Alarmstufe und Notfallstufe). Sie sieht marktbasierte Maßnahmen der Gasversorgungsunternehmen in den ersten beiden Stufen sowie ergänzend und nur im Notfall umzusetzende hoheitliche Eingriffsmöglichkeiten vor. Sie definiert dabei Zuständigkeiten sowie Pflichten von Unternehmen, nationalen Behörden und der EU-KOM. Darüber hinaus legt die SoS-VO Prozesse eines adäquaten Krisenmanagement nebst präventiven Maßnahmen im Rahmen von Präventions- und Notfallplänen fest. Die zuständige Behörde für die Sicherstellung der Umsetzung der o. g. Maßnahmen ist das BMWK. Die BNetzA wurde die Zuständigkeit für die regelmäßige Erstellung und Aktualisierung der Risikobewertung bezüglich der Sicherheit der Erdgasversorgung in Deutschland übertragen.

Die Rahmenbedingungen und Gestaltungsrechte für Unternehmen und Behörden sind in dem in Deutschland geltenden Rechtsrahmen insbesondere im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), dem Gesetz zur Sicherung der Energieversorgung (Energiesicherungsgesetz 1975, EnSiG) und der Verordnung zur Sicherung der Gasversorgung in einer Versorgungskrise (GasSV) verankert.

Bis Februar 2022 wurde die Erdgasversorgungslage in Deutschland in hohem Maße als zuverlässig und stabil eingestuft, obwohl Deutschland zu 95 Prozent von Erdgasimporten abhängig war und immer noch ist. Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit und zur Vorbeugung einer sich verschlimmernden Versorgungslage rief Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am 30. März 2023 die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas aus. Die hohe Abhängigkeit von russischen Erdgaslieferungen entwickelte sich im Verlauf des Jahres 2022 zu einer erheblichen Herausforderung. Da sich die Versorgungslage weiter zuspitze wurde am 23. Juni 2022 die Alarmstufe gemäß Notfallplan Gas ausgerufen. Als im September 2022 die russischen Erdgaslieferungen in Folge der Sabotage an der Nord Stream 1-Pipeline gänzlich unmöglich wurden, konnte der Ausfall der Lieferungen durch umfassende Vorbereitungen auf Grundlage des Notfallplans Gas aufgefangen werden. Die Versorgungssituation hat sich durch milde Temperaturen im Winter 2022/23 sowie erheblichen Einsparbemühungen durch Industrie und Haushalte im Frühjahr 2023 erheblich verbessert. Dennoch gilt die Situation im Vergleich zum Jahr 2021 weiterhin als angespannt. Eine erneute Zuspitzung der Lage, insb. durch Versorgungsausfälle in deutschen Nachbarstaaten oder erneute Sabotage an kritischer Infrastruktur oder auch ein erheblich erhöhter Gasverbrauch, kann weiterhin nicht ausgeschlossen werden. Die Alarmstufe bleibt deshalb bis auf Weiteres in Kraft.

Über die bereits beschriebenen Maßnahmen zur Gewährleistung der Vollversorgung mit Erdgas im Jahr 2022 hinaus, wurden die folgenden Instrumente eingesetzt. Diese Instrumente werden sich auch langfristig positiv auf die Versorgungssicherheit mit Erdgas in Deutschland auswirken und somit auch einen positiven Effekt auf die Versorgungssicherheit mit Erdgas in der gesamten Europäischen Union haben:

  1. Bau einer Infrastruktur für den Import von Flüssigerdgas,
  2. Sicherstellung der Befüllung der Untergrundspeicher mit Erdgas sowie Beschaffung von Erdgas durch die Bundesregierung im Verlauf der Energiekrise im Jahr 2022;
  3. Absicherung der Funktionsfähigkeit des Gasmarktes, z.B. durch die Stabilisierung der Gasunternehmen Uniper und Securing Energy for Europe GmbH (SEfE, früher Gazprom Germania GmbH), Finanzierungsprogramme z.B. für die Gewährleistung von Zahlungen für Sicherheitsanforderungen im Gashandel, sog. Margining, Einführung einer Gaspreisbremse zur Entlastung von Industrie und Haushalten im Jahr 2022/23,
  4. Maßnahmen zur Einsparung von Erdgas durch Industrie und Haushalte.

Auf die Einsparung von Gas hatten sich auch die EU-Mitgliedstaaten mit dem Ziel verständigt, den Gasverbrauch um 15 Prozent zu senken. Diese zunächst freiwillige Reduzierung des Gasverbrauchs ist bis zum 31. März 2024 verlängert worden.

Eine Zusammenstellung der für die Durchführung der Notfallplanung relevanten Rechtsgrundlagen finden Sie hier.
Der nationale Notfallplan Gas ist hier abrufbar.

Den nationalen Präventionsplan Gas finden Sie hier.