Die Sicherungsmaßnahmen der deutschen Gasversorgungsunternehmen stützen sich auf einen breiten Maßnahmenkatalog. Hierzu zählen neben der Förderung von Erdgas in Deutschland insbesondere:

  • Die Diversifikation der Bezugsquellen und Transportwege,
  • Stabile Beziehungen zu Lieferländern wie Norwegen (Pipeline-Erdgas) und den USA (Flüssigerdgas),
  • Langfristige Gaslieferverträge,
  • Eine hohe Verlässlichkeit der Untergrundspeicher für Erdgas inklusive der entsprechenden Versorgungsinfrastruktur,
  • Der Ausbau der Infrastruktur für den Import Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas, LNG) und
  • Eine regelmäßige Überwachung und Koordinierung der Versorgungssicherheit mit einer Vielzahl von involvierten Akteuren.

Diversifikation der ausländischen Bezugsquellen und Transportwege

Die deutsche Gasversorgung ist breit diversifiziert. Der Import und die Verteilung von Erdgas in Deutschland erfolgen über ein weit verzweigtes Pipelinesystem. Da Deutschland 95 Prozent seines Erdgases aus Importen bezieht, ist es elementar diese Importe durch einen hohen Grad an Diversifikation abzusichern.

Die Notwendigkeit der Diversifizierung der Bezugsquellen von Erdgas wurde insbesondere im Jahr 2022 deutlich. Bis Anfang September 2022 bezog Deutschland einen großen Anteil seines Erdgases durch Über-Land-Leitungen (Jamal-Pipeline von Russland durch Polen, Transgas-Pipeline von Russland über die Ukraine und die Slowakei) sowie über eine direkte Untersee-Pipeline (Nord Stream 1) aus Russland. Aufgrund der Sabotage der Nord Stream 1-Pipeline im Kontext des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine wurde der direkte Import von russischen Erdgas nach Deutschland komplett eingestellt und auch der Transit durch die Ukraine reduziert.

In der Konsequenz stiegen die Lieferungen aus Norwegen. Aus Norwegen wird Erdgas über die Europipeline I und II mit einer Gesamtkapazität von 117 Milliarden Kubikmetern aus verschiedenen Gasfeldern nach Emden/ Dornum gebracht. Im Jahr 2022 flossen insgesamt 478 Milliarden Kilowattstunden Erdgas von Norwegen nach Deutschland (FNB Gas 2023). Damit stellt Norwegen ein Drittel des in Deutschland verbrauchten Erdgas zur Verfügung.

Hinzu kommt eine Vielzahl von Anbindungen in die Niederlande, unter anderem an das niederländische Gasfeld Groningen. Seit dem Ausbleiben der russischen Lieferungen spielen die Niederlande neben Belgien eine zentrale Rolle bei der Versorgung Deutschlands mit einer Versorgung von 253 Milliarden Kilowattstunden Erdgas im Jahr 2022. Aufgrund des Auslaufens der Produktion aus dem Gasfeld Groningen leitet die Niederlande insb. Erdgas aus importiertem Flüssigerdgas nach Deutschland weiter. Das traditionell aus den Niederlande und deutscher Erdgasproduktion stammende niederkalorische Erdgas (L-Gas) ist insbesondere zur Versorgung der nord-westlichen Bundesländer wichtig. Aufgrund der zurückgehenden bzw. eingestellten Produktion sowohl in Deutschland, als auch in den Niederlanden, wird hochkalorisches H-Gas in den Niederlanden und in Deutschland zu niederkalorischem L-Gas transformiert und kann somit weiterhin genutzt werden. Die Nutzung von L-Gas wird bis zum Jahr 2030 in Deutschland vollständig eingestellt werden – der entsprechende Prozess wird durch die deutschen Fernleitungsnetzbetreiber in Kooperation mit niederländischen, belgischen und französischen Netzbetreibern sowie den lokalen Gasfachunternehmen umgesetzt.

Weitere verlässliche Lieferanten für Deutschland waren im Jahr 2022 Belgien mit 258 Milliarden Kilowattstunden und auch Tschechien mit 117 Milliarden Kilowattstunden, insb. aus dem Transgas-Transit, sowie Österreich und die Schweiz mit 21 Milliarden Kilowattstunden, insb. aus Italien. Ab Oktober 2022 erhielt Deutschland das erste Mal direkt über einen französischen Grenzübergangspunkt Erdgas bis zum Jahresende 2022 in Höhe von vier Milliarden Kilowattstunden (BDEW 2023).


Am 21. Dezember 2022 wurde über das schwimmende LNG-Terminal in Wilhelmshaven erstmalig Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas, LNG) ins deutsche Gasnetz eingespeist. Dies stellt den ersten direkten Import von Flüssigerdgas nach Deutschland dar. Im ersten Quartal 2023 gingen zudem zwei schwimmende LNG-Terminals, sog. Floating Storage Regasification Units (FSRU), in Lubmin und Brunsbüttel in den Regelbetrieb. Die Verfügbarkeit der neuen LNG-Infrastruktur spielt eine entscheidende Rolle in der Diversifizierung der deutschen Erdgasimporte, da Flüssigerdgas flexibel und per Schiff, unabhängig von bestehenden Leitungssystemen, nach Deutschland importiert werden kann.

Kapazitäten für Erdgas in Untergrundspeichern in Deutschland

Daten: Jahresbericht "Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland" (LBEG), Grafik: BMWi

© LBEG, Grafik: BMWi

Erdgasspeicher spielen eine wichtige Rolle beim saisonalen Ausgleich von Produktions- und Verbrauchsschwankungen und für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit.
Deutschland verfügt aufgrund günstiger geologischer Gegebenheiten über gute Bedingungen für die Einrichtung von Erdgasspeichern. Nach den USA, Russland und der Ukraine, zählen die deutschen Speicherkapazitäten zu den größten der Welt. Insgesamt verfügen die deutschen Untergrundspeicher über ein maximal nutzbares Arbeitsgasvolumen von insgesamt bis zu 280 Terrawattstunden. Davon entfallen 137 Terrawattstunden auf Kavernenspeicher-, 120 Terrawattstunden auf Porenspeicheranlagen und 22 Terrawattstunden auf sonstige Speicheranlagen für Erdgas (BNetzA 2022). Die vorhandenen Gasspeicher sind ausreichend dimensioniert, um die Versorgung auch während intensiver Winterphasen oder bei Lieferausfällen zu gewährleisten (die maximale Speicherkapazität reicht gegenwärtig statistisch gesehen im Durchschnitt für eine Vollversorgung von 80 Tagen). Voraussetzung hierfür ist ein adäquater Füllstand der Erdgasspeicher.

Zur Gewährleistung eines adäquaten Füllstands der Erdgasspeicher ist am 30. April 2022 das Gasspeichergesetz in Kraft getreten, das die Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben für Füllstände der Gasspeicher sicherstellt. Am 29. Juli 2022 wurden per Ministerverordnung die festgelegten Füllstände noch einmal erhöht. Zum 01. Oktober eines Jahres müssen die Speicher nun zu 85 Prozent, zum 01. November zu 95 Prozent und am 01. Februar immer noch zu 40 Prozent gefüllt sein (BNetzA 2022).
Der Markt für den Betrieb von Untergrundspeichern für Erdgas ist nach wie vor hoch konzentriert. Der aggregierte Marktanteil der drei Unternehmen mit den größten Speicherkapazitäten betrug Ende des Jahres 2021 ca. 67 Prozent. Insgesamt werden die 40 Gasspeicherstandorte von 24 Speicherbetreibern betrieben.

Infrastruktur für Flüssigerdgas (LNG) in Deutschland

Von zunehmender Bedeutung für Deutschland ist auch der Zugang zu Terminals für den Import von Flüssigerdgas. Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas, LNG) ist mittels Abkühlung verflüssigtes Erdgas, das aufgrund seines geringen Volumens besonders im Transport und in der Lagerung große Vorteile besitzt. Flüssigerdgas spielt weltweit eine immer größere Rolle und ist als Kraftstoff für die Schifffahrt und den Schwerlastverkehr außerdem enorm wichtig für die Senkung von Schadstoffemissionen und die Einhaltung der Klimaschutzziele.
Über die benachbarten Staaten Belgien (Zeebrügge), Niederlande (Rotterdam) oder andere europäische Staaten kann der Zugang zu Flüssigerdgas für den deutschen Markt sichergestellt werden. Deutsche Gasversorgungsunternehmen sind ebenfalls an LNG-Terminals im Ausland beteiligt (Belgien, Frankreich, Niederlande).

Am 21. Dezember 2022 wurde über das schwimmende LNG-Terminal in Wilhelmshaven, sog. Floating Storage and Regasification Unit (FSRU), erstmalig Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas, LNG) ins deutsche Gasnetz eingespeist. Dies stellt den ersten direkten Import von Flüssigerdgas nach Deutschland dar. Es gibt aktuell Planungen für insgesamt vier staatlich angemietete schwimmende Flüssigerdgasterminals (FSRU) sowie zwei private Projekte an der Ostsee (Lubmin/Mukran). Für die staatlich gemieteten FSRU sind Brunsbüttel, Stade sowie zwei Standorte in Wilhelmshaven vorgesehen. Die Terminals in Wilhelmshaven I und Brunsbüttel sind bereits seit Winter 2022/2023 in Betrieb, die Inbetriebnahme für Stade und Wilhelmshaven II ist für den kommenden Winter geplant. Neben den durch den Bund betriebenen FSRU ist seit Dezember 2022 eine privat betriebene FSRU in Lubmin im Einsatz, die im Winter 2023/2024 an den Standort Mukran verlegt werden soll. Am Standort Mukran soll gleichfalls ab dem Winter 2023/24 eine zweite private FSRU in dem dort bestehenden Projekt den Betrieb aufnehmen.

Im Folgenden finden Sie weitere Informationen zum FSRU Standort Mukran:

FAQs zum FSRU-Standort Mukran (PDF, 421 KB)

Neben den FSRU entstehen drei landseitige LNG-Terminals in Brunsbüttel (hier 50 % Beteiligung des Bundes über die KfW), Stade (FID noch nicht getroffen) und Wilhelmshaven.

Monitoring der Versorgungssicherheit

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) führt gem. § 51 Absatz 1 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz, EnWG) ein Monitoring der Versorgungssicherheit im Bereich der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Erdgas durch.
Darüber hinaus legt der Notfallplan Gas in der Situation einer akuten Krise die Koordination durch ein fachlich übergreifendes Krisenteam fest, das im Vorfeld und im Verlauf einer Krise das BMWK beratend unterstützt. Das Krisenteam besteht grundsätzlich aus Vertretenden von Bund und Ländern, der Fernleitungsnetzbetreiber Gas (FNB) sowie des Marktgebietsverantwortlichen (MGV). Als nichtständige Mitglieder können ebenfalls Übertragungsnetzbetreiber, Untergrundspeicherbetreiber oder ggf. auch Verbände hinzugebeten werden.

Die aktuelle Lagebewertung der Gasversorgung in Deutschland erfolgt durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) anhand eines Indikatorsets. Die Indikatoren lassen eine Einschätzung und eine Prognose zur aktuellen Versorgungslage zu und erzeugen Transparenz hinsichtlich des Risikos einer akuten Gasmangellage. Die Bewertung durch die Indikatoren bieten grundlegende Anhaltspunkte für die Lagebewertung und stützen die Entscheidungsfindung des BMWK und der Bundesregierung bezüglich der Reduzierung des Risikos für einen Versorgungsengpass. Sie definieren jedoch nicht den Zeitpunkt, wann eine Krisenstufe bzw. insbesondere die Notfallstufe durch die Bundesregierung ausgerufen werden sollte. Parallel zu den Indikatoren werden regelmäßige Lageberichte veröffentlicht.
Weitere Informationen zur Lage der Gasversorgung in Deutschland finden sie hier.