Artikel - Europäische und internationale Energiepolitik

Europäische Energiepolitik

Einleitung

Photovoltaik und EU-Sternenkranz zum Thema Europäische Energiepolitik; Quelle: Fotolia.com/Thomas Kleber

© Fotolia.com/Thomas Kleber

Um bei der Energiewende Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz effizient und kostengünstig zusammenzubringen, sind europäische Lösungen nötig. Mit dem Europäischen Klima- und Energierahmen 2030 und den Legislativpaketen zur Energieunion hat die Europäische Union die Weichen für die künftige Ausrichtung der europäischen und nationalen Klima- und Energiepolitiken und die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende gestellt. Mit dem europäischen Grünen Deal will Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent werden.

Der Europäische Rat hat im Dezember 2020 eine Anhebung der Klima-Ambition der EU bis zum Jahr 2030 beschlossen. Auf dem Weg zur EU-Treibhausgasneutralität bis 2050 sollen die EU-internen Treibhausgasemissionen bis 2030 netto um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Um dies zu erreichen, muss die Energieeffizienz stärker in den Mittelpunkt rücken, erneuerbare Energien müssen stärker genutzt werden und der Energieverbrauch in Haushalten und Industrie muss zunehmend mit erneuerbarem Strom gedeckt werden. Außerdem müssen die europäischen Strommärkte enger zusammenwachsen und fit gemacht werden für den europaweit ansteigenden Anteil fluktuierender erneuerbarer Energien. Auch soll eine stärkere Integration des Energiesystems erreicht und die europäische Energieinfrastruktur modernisiert werden. Dadurch soll u. a. gewährleistet werden, dass neue Energieträger – wie z. B. Wasserstoff – im europäischen Energiebinnenmarkt genutzt werden können.

„Saubere Energie für alle Europäer“-Paket

Das im Jahr 2018 bzw. 2019 in Kraft getretene EU-Legislativpaket „Saubere Energie für alle Europäer“ bildet zusammen mit Legislativakten im Klimabereich sowie im Gassektor den Rahmen für die Umsetzung der Energieunion und der europäischen Klima- und Energieziele bis 2030. Das Legislativpaket umfasst vier Richtlinien und vier Verordnungen und wird die Energiewende in Deutschland im nächsten Jahrzehnt entscheidend beeinflussen. Die EU-Kommission hat für 2021 eine Überarbeitung des Klima- und Energierahmens 2030 zur Anpassung an das neue EU-Klimaziel für 2030 angekündigt. Dies betrifft auch einige Richtlinien des Pakets.

Neufassung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie

Mit der Neufassung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie gibt sich die EU einen neuen gemeinsamen Förderrahmen für erneuerbare Energien. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch der EU soll sich bis zum Jahr 2030 auf mindestens 32 Prozent erhöhen. Die Richtlinie sieht neben gemeinsamen Förderregelungen im Strombereich insbesondere auch Maßnahmen im Wärme- und Verkehrssektor vor, die zusammen zwei Drittel des Energieverbrauchs ausmachen.

So sollen die Mitgliedstaaten den Erneuerbaren-Anteil im Wärme- und Kältesektor ab dem Jahr 2021 jährlich um 1,3 Prozentpunkte steigern. Im Verkehrssektor werden die Inverkehrbringer von Kraftstoffen verpflichtet, den Anteil erneuerbarer Kraftstoffe bis zum Jahr 2030 auf 14 Prozent zu erhöhen – vor allem durch neue Technologien und Kraftstoffe wie beispielsweise Elektromobilität und „Power to X" (strombasierte synthetische Kraftstoffe). Der Anteil der „Biokraftstoffe der ersten Generation", die aus Anbaupflanzen hergestellt werden, wird durch die neue Richtlinie begrenzt.

Energieeffizienz-Richtlinie

Die Energieeffizienz-Richtlinie sieht vor, dass der Primärenergieverbrauch innerhalb der Europäischen Union bis zum Jahr 2030 um 32,5 Prozent gegenüber einer zugrunde gelegten Referenzentwicklung reduziert wird. Mitgliedstaaten können selbst über ihren indikativen Beitrag zum EU-Energieeffizienzziel für 2030 entscheiden. Das zentrale Umsetzungsinstrument – die sogenannte „Endenergieeinsparverpflichtung" – wurde über 2020 hinaus verlängert und gestärkt. In diesem Zusammenhang wurden erstmals jährliche reale Einsparungen von 0,8 Prozent vereinbart. Zwar mussten die Mitgliedstaaten bislang Maßnahmen im Umfang von 1,5 Prozent ergreifen, diese konnten aber durch zahlreiche Ausnahmen auf ein Niveau heruntergerechnet werden, das unterhalb der jetzt vereinbarten realen Rate von 0,8 Prozent lag. Mit Blick auf das neue EU-Klimaziel für 2030, wird die EU-Kommission in 2021 eine Novellierung der Richtlinie vorschlagen.

Governance-Verordnung

Die Verordnung über das Governance-System für die Energieunion und den Klimaschutz stellt ein Planungs- und Monitoringsystem für die Umsetzung der Ziele der Energieunion, insbesondere der EU-2030-Ziele für Energie und Klima dar. Sie sieht vor, dass Mitgliedstaaten einen integrierten Nationalen Energie- und Klimaplan (National Energy and Climate Plan – NECP) bis zum Jahr 2030 erstellen und zudem Langfriststrategien für die Minderung von Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 erarbeiten. Die finalen NECP mussten bis Ende Dezember 2019 an die EU-Kommission übermittelt werden. Ab 2023 berichten die EU-Mitgliedstaaten alle zwei Jahre über den Fortschritt bei der Umsetzung ihrer NECP. 2024 kann jeder Mitgliedstaat seinen Plan einmalig für die Dekade aktualisieren.

Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD)

Die Neufassung der Gebäuderichtlinie sieht eine Weiterentwicklung der bisher in der Energieeffizienzrichtlinie geregelten langfristigen Renovierungsstrategien vor. Darüber hinaus enthält die Novelle Vorgaben, mit denen neue Gebäude besser auf die künftigen Notwendigkeiten und Möglichkeiten der Energie- und Verkehrsinfrastruktur ausgerichtet werden. In der Richtlinie wird ein Impuls für die Errichtung der erforderlichen Infrastruktur für die Elektromobilität verankert, indem insbesondere bei Neubauten mit mehr als 10 Stellplätzen zukünftig Schutzrohre zur Vorbereitung der Ladeinfrastruktur verlegt werden müssen. Zu Inspektionen von Heizungs- und Klimaanlagen wird es künftig neben der fortbestehenden Möglichkeit der sogenannten alternativen Maßnahmen explizit eine weitere Alternative geben: den Einbau von Systemen zur Gebäudeautomatisierung und -steuerung. Die EU-Kommission wird zudem einen Intelligenzfähigkeitsindikator entwickeln, mit dem die technologische Fähigkeit eines Gebäudes zur Selbstregelung und die Kommunikation mit Bewohnern und Stromnetz bewertet wird.

Neufassung Strombinnenmarkt-Richtlinie

Die Neufassung der Strombinnenmarkt-Richtlinie stärkt die Rechte für Verbraucherinnen und Verbraucher und deren Teilnahme am Strommarkt in Europa. So müssen Stromversorger mit mehr als 200.000 Kundinnen und Kunden künftig flexible Stromtarife anbieten. Das ist vor allem für die Verbraucherinnen und Verbraucher interessant, die einen intelligenten Stromzähler ("Smart Meter") nutzen. Sie können einen Tarif wählen, mit dem sie zu bestimmten Zeiten günstigeren Strom beziehen, und ihr Verbrauchsverhalten daran ausrichten, zum Beispiel das Elektroauto dann laden, wenn der Strom am wenigsten kostet. Weitere Regelungen zur Stärkung von Verbraucherrechten sind u.a. die Vorgabe, dass Stromlieferverträge um eine leicht verständliche Zusammenfassung ergänzt und unabhängige Vergleichsportale eingerichtet werden sollen. Die neue Strommarkt-Richtlinie enthält darüber hinaus erstmals auch grundlegende Regeln, die die Arbeit von unabhängigen Aggregatoren erleichtern. Das sind Anbieter, die kleinteilige Kapazitäten mehrerer Verbraucher bündeln und am Markt anbieten.

Neufassung Strombinnenmarkt-Verordnung

Die Neufassung der Strombinnenmarkt-Verordnung sieht unter anderem vor, dass die sogenannten Interkonnektoren stärker für den grenzüberschreitenden Stromhandel geöffnet werden. Laut der neuen Verordnung werden die dem Handel zur Verfügung gestellten Kapazitäten künftig schrittweise bis auf 70 Prozent steigen. Damit soll der EU-weite Stromhandel erhöht und somit unter anderem die Stromversorgung vergünstigt werden. Damit verbunden ist auch die Frage, wie Mitgliedstaaten mit internen Netzengpässen umgehen. Denn durch vermehrten grenzüberschreitenden Handel steigt der Druck auf die Netze. Mitgliedstaaten mit internen Engpässen dürfen zukünftig entscheiden, ob sie ihren Strommarkt in mehrere Gebotszonen aufteilen oder einen Aktionsplan zum Abbau der Netzengpässe vorlegen.

Die Versorgungssicherheit am Strommarkt soll an die sich wandelnde Realität angepasst werden. So sollen zukünftig nicht nur die (tendenziell europaweit abnehmende) koventionelle Stromerzeugung berücksichtigt, sondern auch die (tendenziell steigenden) Beiträge u.a. von Speichern und flexiblen Lasten realistisch bewertet werden. Darüber hinaus ist zukünftig auch der grenzüberschreitende Stromaustausch angemessen zu berücksichtigen. Denn auch Kraftwerkskapazitäten in Nachbarstaaten tragen zur Versorgungssicherheit in den Mitgliedstaaten bei. Die Folge: Durch den europaweiten Stromaustausch lässt sich Versorgungssicherheit verlässlicher erreichen und die damit verbundenen Kosten sinken, da insgesamt weniger Kraftwerksleistung benötigt wird. Ein europäischer Versorgungssicherheitsbericht schafft die Grundlage dafür.

Neu sind europaweit verbindliche Anforderungen für Kapazitätsreserven und Kapazitätsmärkte. So wird etwa die Teilnahme von CO2-intensiven Kraftwerken an Kapazitätsmechanismen ausgeschlossen.

Neufassung ACER-Verordnung

Die nationalen Regulierungsagenturen im Energiebereich (in Deutschland: die Bundesnetzagentur) werden künftig besser an internen Entscheidungsprozessen der europäischen Agentur für die Kooperation der Regulierungsbehörden im Energiebereich (ACER, Agency for the Cooperation of Energy Regulators) beteiligt. Zudem können die Kompetenzen von ACER künftig ausgeweitet werden.

Verordnung zur Risikovorsorge im Stromsektor

Die neue Verordnung zur Risikovorsorge schreibt vor, dass die Mitgliedstaaten zunächst nationale Krisenszenarien erarbeiten sollen, die die wesentlichen Risiken für ihre nationale Stromversorgung darstellen. Auf der Basis müssen die Mitgliedstaaten dann Risikovorsorgepläne erstellen, die sowohl nationale als auch grenzüberschreitende Maßnahmen zur Krisenprävention und -bewältigung enthalten.

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Energiepolitische Maßnahmen des EU Green Deals und „Fit für 55“-Paket

Der Europäische Grüne Deal kündigt eine Vielzahl von Maßnahmen an, die Europa auf den Weg bringen sollen, um bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu werden. Ein zentraler Meilenstein des Grünen Deals ist die Anhebung des EU-Klimaziels für 2030. Für den Energiebereich hat die EU-Kommission im Jahr 2020 bereits wichtige Strategien zur Vorbereitung weiterer legislativer und nichtlegislativer Maßnahmen zur Umsetzung des Grünen Deals vorgelegt. Hierzu gehören insbesondere die Strategie zur Integration des Energiesystems, die EU-Wasserstoffstrategie, die Renovierungswelle für den Gebäudebereich und die Strategie für Erneuerbare Energien auf See. Für das Jahr 2021 hat die EU-Kommission im Rahmen ihres Legislativpakets „Fit für 55“ unter anderem die Novellierung einiger Rechtsakte des Pakets „Saubere Energie für alle Europäer“ sowie des Dritten Binnenmarktpaketes für Gas angekündigt.

Am 15. Dezember 2020 hat die Kommission bereits ihren Vorschlag für eine Novellierung der Verordnung über Leitlinien für die transeuropäische Infrastruktur (TEN-E) vorgelegt, der nun zwischen den Mitgliedstaaten verhandelt wird.

Deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020

Am 1. Juli 2020 übernahm Deutschland für sechs Monate den Vorsitz im Rat der Europäischen Union (EU). Damit hatte Deutschland eine Schlüsselposition in der europäischen Energiepolitik inne und konnte wichtige politische Impulse setzen.

Die Bundesregierung fühlt sich dem gemeinsamen Ziel verpflichtet, die EU bis zum Jahr 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Wir wollen eine ambitionierte Energie- und Klimapolitik mit neuen Impulsen für Wachstum und Innovation verbinden.

Der Wandel hin zu einer sicheren, bezahlbaren und umweltverträglichen Energieversorgung eröffnet wirtschaftliche Potenziale, die einen wichtigen Beitrag dazu leisten können, die europäische Wirtschaft aus der durch die Covid-19-Pandemie bedingten Krise zu führen und neue, zukunftsträchtige Wachstumsfelder zu erschließen.

Während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft fanden wichtige Konferenzen und Veranstaltungen zu Energiethemen statt. Neben den Videokonferenzen der EU-Energieministerinnen und -minister am 14. Dezember 2020 und am 5./6. Oktober 2020 fand am 5. Oktober 2020 eine hochrangige Konferenz zu Wasserstoff sowie am 23./24. November 2020 eine Konferenz zum Europäischen Strategieplan für Energietechnologie statt.

Informationen über die wirtschafts- und energiepolitischen Schwerpunkte sowie die Bilanz des BMWi für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft sind hier abrufbar. Weitere Informationen, darunter das Präsidentschaftsprogramm der Bundesregierung und ein Überblick über alle Präsidentschaftstermine sind auf der Website der Bundesregierung zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu finden.

Pressemitteilungen

  • 30.11.2022 - Gemeinsame Pressemitteilung - Klimaschutz

    Pressemitteilung: Habeck: „Bundeskabinett fasst wichtige Zukunftsbeschlüsse“

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Weiterführende Informationen

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    Artikel: Die Nordsee-Energiekooperation

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