Anders als im Luftfahrtbereich, in dem der kommerzielle Markt stark ausgeprägt ist, wird die internationale Raumfahrt trotz des weltweit zu beobachtenden Kommerzialisierungstrends nach wie vor stark durch die staatlichen Raumfahrtstrategien und die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bestimmt. Für die deutsche Raumfahrt haben daher die Raumfahrtpolitik der Bundesregierung und deren Beitrag zu europäischen Raumfahrtstrukturen zentrale Bedeutung.

In der Hightech-Strategie 2020 hat die Bundesregierung der Raumfahrt einen besonderen Stellenwert eingeräumt: Raumfahrt ist dort eine wichtige Schlüsseltechnologie. Denn Raumfahrttechnologien und deren Anwendungen sind wichtige Instrumente der modernen Informations- und Industriegesellschaft. So sind etwa Kommunikation und Fernsehberichterstattung oder präzise Klima- und Wetteranalysen von Raumfahrttechnologien abhängig. Darüber hinaus sind Satelliten für Erdbeobachtung, Navigation und Kommunikation zentrale Säulen der modernen Mobilität und der Energiewende Die Bundesregierung verfolgt deshalb das Ziel, deutsche Spitzenpositionen in den Raumfahrtanwendungen sowie in der Weltraumforschung und -technologie auszubauen und den deutschen Unternehmen im europäischen und globalen Wettbewerb gute Chancen in den entstehenden Märkten zu bieten.

Hier hat die Bundesregierung in den letzten Jahren klare Akzente gesetzt. Sie hat ihre finanziellen Aufwendungen für die Raumfahrt deutlich gesteigert und konsequent in die Bereiche investiert, in denen die Raumfahrt als Werkzeug zum Erreichen wirtschaftlicher, wissenschaftlicher, strategischer und gesellschaftlicher Ziele beiträgt. Deutschland verfügt heute in der Raumfahrt über leistungsfähige Industrie- und Forschungsstrukturen. Mit den eingesetzten Mitteln wurde Deutschland als wichtiger Raumfahrtstandort gestärkt und die deutsche Position in europäischen und internationalen Programmen gefestigt. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert auch den branchenübergreifenden Wissens- und Technologietransfer, um Synergieeffekte etwa mit anderen Wirtschaftsbereichen zu stärken und Innovationen schneller umzusetzen.

Deutschland ist nach Frankreich die zweitgrößte europäische Raumfahrtnation. Allein das Bundeswirtschaftsministerium fördert die Raumfahrtanwendung und -forschung mit mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr.

Die Bundesregierung stärkt die Raumfahrt als Schlüsseltechnologie im Dienste der Menschen. Sie unterstützt daher unter anderem konkrete Projekte in den Bereichen Erdbeobachtung, Satellitenkommunikation und Satellitennavigation. Das dadurch gewonnene wissenschaftliche und technische Know-how trägt zur Stärkung des Industrie- und Technologiestandortes Deutschland bei.

Die Umsetzung der deutschen Raumfahrtpolitik ruht auf vier Säulen:

  • Beteiligung an europäischen Programmen, insbesondere an der Europäischen Weltraumorganisation ESA und an EUMETSAT
  • Nationales Weltraumprogramm
  • Raumfahrtforschung im DLR
  • Beteiligung an EU-Programmen wie Galileo und Copernicus

Deutschland nimmt an Vorhaben der ESA in allen wichtigen Sektoren der Raumfahrt teil. Auf der ESA-Ministerratskonferenz 2019 in Sevilla (Space19+) hat die Bundesregierung die Position Deutschlands in der europäischen Raumfahrt unter anderem durch folgende Beiträge weiter gestärkt:

  • Durch seine führende Rolle in der wissenschaftlichen und operativen Erdbeobachtung leistet Deutschland einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Erhebung von Erdbeobachtungsdaten, die auch für Landwirtschaft, Mobilität, Sicherheit und Katastrophenvorsorge genutzt werden.
  • Deutschland beteiligt sich in großem Umfang in anwendungsnahen Programmen, insbesondere in der Telekommunikation und der Technologieentwicklung – mit großem Fokus auf innovative Technologien und Produkte sowie übergreifend über alle Programmbereiche: die Stärkung des Mittelstands.
  • Deutschland beteiligt sich an einer europäischen Mondmission und trägt zum Bau des European Service Modul der bemannten US-amerikanischen Mondmission Artemis bei. Auch die Aufrechterhaltung der starken deutschen Beteiligung am Betrieb der Internationalen Raumstation (International Space Station, ISS) bis zum Jahr 2024 sichert Deutschlands Position in der Raumfahrt.
  • Deutschland verfolgt das Ziel, privatwirtschaftliches Engagement junger aufstrebender Raumfahrt-Firmen zu fördern (insbesondere Start-ups) und veranstaltet in diesem Zusammenhang einen deutschen Wettbewerb zur Entwicklung eigener Startmöglichkeiten mittels Microlaunchern.
  • Im Schulterschluss mit Frankreich unterstützt Deutschland den Abschluss der 2014 in Luxemburg beschlossenen Entwicklung der Ariane 6 und deren wettbewerbsfähigen Markteinführung.
  • Deutschland engagiert sich in den Themenfeldern Weltraumwetter und Beobachtung von erdnahen Objekten und Weltraummüll, die auch immer mehr in den Fokus der Aktivitäten bei der ESA treten.

Mit seiner Zeichnung von rund 3,3 Mrd. Euro bei der ESA-Ministerratskonferenz Space 19+ ist Deutschland vor Frankreich beitragsstärkstes Mitgliedsland der ESA.

Zusätzlich zur deutschen ESA-Beteiligung soll das Nationale Programm für Weltraum und Innovation die Verfolgung von eigenständigen, besonders auch den Standort Deutschland betreffenden Zielen ermöglichen. Außerdem soll es die gestaltende Beteiligung an ESA- und EU-Programmen vorbereiten und dazu komplementäre nationale und bilaterale Arbeiten durchführen. Einen Schwerpunkt setzt die Bundesregierung hier in Automation und Robotik. Denn die Raumfahrtrobotik ist unverzichtbar für zahlreiche Raumfahrtanwendungen und darüber hinaus eine Sprungbretttechnologie für Anwendungen auf der Erde. Weiterhin fördert die Bundesregierung zum Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie die Kommerzialisierung und den Technologietransfer in und aus der Raumfahrt. Öffentlich-private Partnerschaften finden auch in der Raumfahrt Eingang und werden bei dafür geeigneten Vorhaben eingesetzt. Entsprechende Regelungen bieten den Beteiligten Rechtssicherheit zum Beispiel für die Vermarktung von Erdbeobachtungsprodukten (Satellitendatensicherheitsgesetz, SatDSiG). Damit ist die Voraussetzung geschaffen worden, innovative Technologieentwicklungen wie die Erhebung von Erdfernerkundungsdaten privatwirtschaftlich zu nutzen und daraus ein tragfähiges Geschäftsfeld zu entwickeln.

Die Anzahl hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Aktivitäten im Erdorbit nimmt stetig zu. Das Weltraumlagezentrum in Uedem, welches konkret in der Raumfahrt-Strategie benannt ist, hat nach einer dreijährigen Pilotphase2014 seinen Betrieb aufgenommen. Es leistet mit seinen Kollisionswarnungen und Wiedereintrittsanalysen einen wesentlichen Beitrag zum Schutz von Raumfahrzeugen und zur nachhaltigen Nutzung des Weltraums. Das Zentrum wird in Zusammenarbeit vom BMWK, mit Mitteln aus dem Nationalen Programm für Weltraum und Innovation, und dem BMVg betrieben und überwacht im Schwerpunkt Objekte im erdnahen Orbit, insbesondere so genannten Weltraumschrott. Mit Mitteln des Nationalen Programms für Weltraum und Innovation (NPWI) wurde das experimentelle Weltraumüberwachungs- und Bahnverfolgungsradar GESTRA entwickelt, das vom WRLageZ aus betrieben wird. Die Fähigkeiten des Weltraumlagezentrums gehen auch in das Unterstützungsprogramm der EU zur Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum (EU-SST – European Space Surveillance and Tracking System) ein.

Raumfahrt ist ein wesentlicher Bestandteil der Infrastruktur einer vernetzen Wirtschaft und Gesellschaft – ohne Satellitenkommunikation und -navigation ist diese Vernetzung nicht denkbar. Auch Cybersecurity stützt sich auf die Raumfahrt-Infrastruktur. Zudem wird der Raumfahrtsektor von neuen Methoden der Industrie 4.0 erfasst: So werden Produktionsketten vernetzt und neue Produktionstechniken, wie etwa der 3D-Druck, etabliert – welcher beispielsweise die Kleinserienproduktion im Satellitenbau ermöglicht. Dies alles bedeutet ein Mehr an Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz; für beides nimmt die Raumfahrt eine Multiplikatorwirkung ein.